Plastik & Müll

Plastikmüll: Problemregion Asien

Die Schwellenländer Südasiens gelten als Müllsünder: Von ihnen gelangt die größte Menge Plastikabfall in die Meere. Das Problem ist dort vor allem die schlechte bis kaum vorhandene Infrastruktur für Recycling und Abfallmanagement. Müllexporte unter anderem von Europa erschweren die Situation. Unternehmen wie Nestlé wollen mit Initiativen und Projekten die Situation vor Ort verbessern.

04.05.2021

Plastikmüll: Problemregion Asien

Müllkippe Meer: Jedes Jahr landen rund zehn Millionen Tonnen Plastik in den Ozeanen. Die größte Menge sammelt sich dabei in fünf Strudeln im Atlantik, im Pazifik und im indischen Ozean. „Kleiner“ Größenvergleich: Der größte Müllstrudel, der „Great Pacific Garbage Patch“ im Nordpazifik, ist etwa viereinhalbmal so groß wie Deutschland. Mehr als die Hälfte des Plastikmülls wird dabei über Flüsse vor allem aus China, Thailand, Indonesien, Vietnam und den Philippinen in die Meere gespült, wie der Polyproblem-Report „Der Abfall der Anderen“, der 2020 von der Röchling Stiftung und dem Beratungsunternehmen Wider Sense veröffentlicht wurde, aufzeigt. Sind also die südostasiatischen Länder schuld an dem Plastikproblem?

Mehr Müll, schlechtes Abfallmanagement

Ein Affe knabbert an einer Plastiktüte.

„Unzweifelhaft belegt ist, dass in dieser Weltregion die größte Menge an Kunststoffabfall in die Gewässer gelangt“, heißt es in dem Report. „Nicht weniger relevant ist aber der Befund, dass die Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern deutlich weniger Plastik pro Kopf verbrauchen als die Bevölkerung in den reichen Industrieländern.“ Der Konsum von Kunststoff steige nämlich mit dem Wohlstand einer Region. Aber auch in den Schwellenländern Südasiens entwickele sich Wohlstand. „Der Konsum wächst rasch. Die notwendige Infrastruktur zur Erfassung und Verwertung von Abfällen wächst aber bei Weitem nicht im gleichen Tempo mit.“ Sogenannter „mismanaged waste“ – also Müll, der schlecht oder falsch gehandelt und zum Beispiel nicht richtig deponiert wurde – landet dann unter Umständen in der Umwelt. Zudem wird in vielen Ländern der Kunststoff nicht recycelt, sondern verbrannt, wie der Plastikatlas 2019 von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem NABU informiert: „Passiert dies außerhalb geeigneter Anlagen und ohne dass die Abgase gefiltert werden, gelangen zum Teil hochgiftige Substanzen in die Umwelt: krebserregende Dioxine und Furane genauso wie Quecksilber, Cadmium oder Blei.“

Müllexporte, legale wie auch illegale, verschärfen das Problem. Laut (dem) NABU exportiert alleine Deutschland jedes Jahr etwa eine Million Tonnen Plastikabfall in andere Länder. Am meisten davon geht nach Malaysia: Im Jahr 2020 waren es rund 170.000 Tonnen Plastikmüll. Weitere Abfälle werden vor allem in die Türkei und – wenn auch mittlerweile weniger – nach Indien, Indonesien und Vietnam exportiert. Untersuchungen von Greenpeace in Malaysia zufolge ist dieser exportierte Müll aber nicht immer recycelbar und landet auch auf illegalen Mülldeponien. „Länder wie Deutschland müssen die Verantwortung für ihren Müll selbst tragen, anstatt sie abzuschieben“, fordert daher Heng Kiah Chun von Greenpeace Malaysia.

Was macht die Politik vor Ort?

Viele süd- und südostasiatische Länder handhaben ihre Müllimporte mittlerweile restriktiver, informiert der NABU. China – lange Zeit Hauptexportland für unseren Müll – machte seine Grenzen für unsortierte Plastikabfälle aus dem Ausland sogar komplett dicht. Zudem arbeiten viele Regierungen Südasiens daran, ihr Abfallmanagement zu verbessern und Kreislaufwirtschaftssysteme einzuführen, berichtet der Polyproblem-Report 2020. Indonesien will zum Beispiel bis 2025 den Eintrag von Plastikmüll in die Umwelt um 70 Prozent reduzieren und bis 2040 gar keine Plastikabfälle mehr in die Umwelt emittieren. Dazu verdoppelt das Land unter anderem die Recycling-Kapazitäten, investiert in den Aufbau einer funktionierenden und flächendeckenden Müllabfuhr und baut sichere Mülldeponien aus. Außerdem schloss sich Indonesien als erstes Land der „Global Plastic Action Partnership“ (GPAP), einer Public-Private-Partnership Plattform rund um das World Economic Forum, an. Auch Ghana ist – ¬ als erstes afrikanisches Land – Teil der Plattform und will dafür sorgen, dass bis 2025 kein Plastikmüll aus dem Land mehr ins Meer gelangt.

Nestlé: Engagement für eine bessere Abfallinfrastruktur

Was ist also zu tun? Seit Anfang dieses Jahres gelten in der EU zum Beispiel verschärfte Regelungen für den Export von Plastikmüll. So dürfen verschmutzte, unsortierte und damit nicht recycelbare Plastikgemische nicht mehr exportiert werden. Gut sortierter, sauberer und recycelfähiger Kunststoffmüll darf hingegen – unter strenger Kontrolle – weiterhin gehandelt werden. Neben der Politik sind aber auch die Unternehmen und Produzenten gefordert, die mit ihren Produkten und Verpackungen Plastik in den Umlauf bringen. „Das globale Problem mit Kunststoffabfällen liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung. Unternehmen, gesellschaftliche Organisationen, Regierungen und jeder Einzelne – alle spielen eine wichtige Rolle“, erklärt Nora Bartha-Hecking, Corporate Communications bei Nestlé Deutschland, gegenüber UmweltDialog. Das Unternehmen hat sich daher das Ziel gesetzt, bis 2025 nur noch recycelbare oder wiederverwendbare Verpackungen einzusetzen und ein Drittel weniger Neuplastik zu verwenden.

Ein Anhänger voller Müll.

Darüber hinaus macht sich Nestlé in zahlreichen Initiativen und Projekten dafür stark, das Abfall- und Recyclingmanagement in Schwellen- und Entwicklungsländern zu verbessern. „Eine gut funktionierende Recycling-Infrastruktur ist ein wichtiger Pfeiler. Nur damit lässt sich vermeiden, dass Verpackungen in der Umwelt landen“, informiert Bartha-Hecking. In insgesamt 20 Ländern engagiert sich das Unternehmen derzeit, darunter zum Beispiel Indonesien. In der Region Ost-Java ist Nestlé Teil des Projektes „Stop Ocean Plastics“, das von den Unternehmen Borealis und Systemiq ins Leben gerufen wurde. Laut Nestlé haben heute nur etwa neun Prozent der Bewohner Ost-Javas Zugang zur Abfallmanagement-Infrastruktur. Daher will die Initiative „Stop Ocean Plastics“ dort ein nachhaltiges und kosteneffizientes Kreislaufsystem für Abfallmanagement schaffen. So will man erreichen, dass Plastik nicht im Meer und in der Umwelt landet, sondern stattdessen recycelt wird. Um das zu erreichen, arbeitet das Projekt mit Städteverwaltungen und lokalen Regierungen in Südostasien zusammen und unterstützt auch bereits bestehende lokale Aktionen und Menschen, die vor Ort selbst Abfall informell sammeln: „Wir planen, das Projekt auch auf andere Länder auszuweiten“, so Bartha-Hecking. Ähnliche Projekte unterstützt der Konzern zudem in Vietnam mit „PRO Vietnam“ und in Subsahara-Afrika im Rahmen der „Africa Plastics Recycling Alliance“.

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Plus-Minus-Null Plastik: wie geht das?

In weiteren zwölf Ländern will Nestlé sogar Kunststoffneutralität erreichen – und genauso viel Plastik wieder einsammeln, wie das Unternehmen vor Ort in den Umlauf gebracht hat. Auf den Philippinen, wo der Konzern ein System zur Sammlung von Abfällen unterstützt, ist das seit August 2020 schon geschafft, informiert Bartha-Hecking: „Nestlé hat hier gemeinsam mit den Partnern Republic Cement, CEMEX Holdings Philippines, Plastic Credit Exchange und Pure Oceans so viel Plastik aus der Umwelt gesammelt und einer sachgemäßen Entsorgung zugeführt, wie in den von Nestlé Philippines verkauften Produkten enthalten ist.“ Noch nicht ganz so weit ist man derweil in Ägypten. Hier hat sich Nestlé ebenfalls zur Plastikneutralität verpflichtet und gemeinsam mit dem dortigen Umweltministerium und weiteren Partnern ein passendes Neutralitäts-Konzept aufgebaut: Die Auszahlung von Prämien – genannt „Reverse Credits“ – soll Anreize für die lokale Bevölkerung schaffen, hochwertige Plastikabfälle einzusammeln. Ein digitales System erfasst die gesammelten Abfälle, die danach von einem Team vor Ort überprüft werden, erklärt Barzha-Hecking. Die Prämien zahle man dann über ein „E-Wallet“ aus. „Auf diese Weise lassen sich soziale und ökologische Vorteile miteinander verknüpfen.“

Quelle: UmweltDialog
 

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