Energiewende

Energiewende: Ohne Digitalisierung geht es nicht

Nicht erst seit der COP26 ist klar: Für die Klimawende brauchen wir die Energiewende. Doch nur mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien ist es nicht getan. Die Digitalisierung spielt hierbei eine zentrale Rolle. Aber warum ist das so und was heißt das eigentlich?

06.12.2021

Energiewende: Ohne Digitalisierung geht es nicht
Für die Energiewende brauchen wir smarte Netze.

Für Heizung und Strom müssen Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit tief in die Taschen greifen, denn die Energiepreise sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Alleine der Strompreis hat hierzulande im November 2021 bereits zum siebten Mal hintereinander einen Rekordwert erreicht, berichtet die Tagesschau. Das liegt zum einen daran, dass sich die Staaten nach der Corona-Krise wirtschaftlich erholt haben, weiß man beim Deutschlandfunk. Die erhöhte Nachfrage nach den fossilen Rohstoffen Gas und Rohöl sorge für gestiegene Rohstoffpreise. Gleichzeitig habe der vorige kalte Winter zu leereren Lagerbeständen geführt. Zudem gilt in Deutschland seit Januar 2021 die CO2-Bepreisung, die ebenfalls für höhere Kosten bei Rohöl, Erdgas, aber auch Diesel und Benzin sorgt.

Um die Bürgerinnen und Bürger finanziell zu entlasten, hat die Bundesregierung bereits einige Maßnahmen beschlossen. So sollen unter anderem das Wohngeld erhöht und die Pendlerpauschale für Fernpendler angepasst werden. Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Steigerung der Energieeffizienz können dabei helfen, dass Energie bezahlbar bleibt, heißt es von der Bundesregierung: „Je rascher die Erneuerbaren wie Wind- und Sonnenenergie ihren Anteil am Strommix erhöhen, desto schneller gelingt auch die Unabhängigkeit von fossilen Kraftstoffen wie Öl und Gas.“

Stromerzeugung und -verteilung werden dezentral

Windräder stehen offshore in einer Reihe.

Doch die Energiewende erfordert mehr als die Umstellung auf Erneuerbare, auch das Energienetz muss sich verändern. Dieses ist „das Rückgrat einer gelungenen Energiewende“, erklärt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Längst gibt es nicht mehr nur einen großen Versorger für eine bestimmte Region. Stattdessen sind Erzeuger und Nutzer in ganz Deutschland verteilt – die Stromgewinnung und -verteilung aus Erneuerbaren erfolgt dezentral. So wird zum Beispiel Energie aus Windkraft zum Großteil im Norden und Osten sowie auf dem Meer erzeugt, während sich die größten Stromverbraucher wie Industriebetriebe eher im Süden und Westen befinden, sagt das BMWi. Gleichzeitig speisen auch die Konsumenten – unter anderem Privathaushalte, Unternehmen oder Bürgerenergieprojekte – überschüssigen Strom, der beispielsweise über hauseigene Solaranlagen erzeugt wird, in das öffentliche Stromnetz ein. Darüber hinaus ist Strom aus Wind- und Solarenergie naturgemäß Schwankungen unterlegen.

Erzeugung und Verbrauch müssen also „bedarfs- und verbrauchsorientiert“ aufeinander abgestimmt werden, weiß das BMWi. Und das erfordere ein intelligentes Stromnetz. „Energieunternehmen müssen zu echten Datenspezialisten werden“, meint der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und bezeichnet die Energiewende als „das größte nationale IT-Projekt aller Zeiten“. Die Energiewirtschaft beschäftige sich intensiv damit, wie man große Datenströme, beispielsweise aus Stromeinspeisung oder dem Netzbetrieb, managen kann. Das Ziel seien schnelle, effiziente und automatisierte Lösungen.

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Wie funktioniert eine intelligente Verteilung?

Intelligente Stromnetze werden auch als Smart Grids bezeichnet. Sie transportieren laut dem Magazin BigData-Insider nicht nur Energie, sondern auch Daten. Denn Stromerzeuger, -verbraucher und auch Stromspeicher kommunizieren in diesem Netz mithilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnik miteinander. Weil sich die verschiedenen Systeme beispielsweise über ihren derzeitigen Betriebszustand oder auch den aktuellen Strombedarf austauschen, können Stromerzeugung, -verbrauch und -speicherung in Echtzeit aufeinander abgestimmt werden. Das reduziert auch Leistungsschwankungen: „Ein intelligentes Lastmanagement im Stromnetz vermindert das Risiko von instabilen Netzzuständen und führt zu einer effizienteren Nutzung der Infrastruktur.“

Eine wichtige Voraussetzung für ein smartes Netz sind intelligente Messsysteme – sogenannte Smart Meter – auf der Verbrauchsseite. Ein solches System besteht aus einem digitalen Stromzähler, der die aktuellen analogen Ferraris-Stromzähler ablöst, und einem Kommunikationsmodul (Smart-Meter-Gateway), erläutert das BMWi. An dem digitalen Stromzähler könne man nicht nur den Zählerstand ablesen, sondern auch den tatsächlichen Verbrauch zu einer bestimmten (Tages-)Zeit. Das Kommunikationsmodul wiederum übermittelt die Daten an Netzbetreiber und Stromerzeuger. „Die intelligenten Messsysteme ermöglichen, die Erzeugung und den Verbrauch aufeinander abzustimmen. Mit ihnen kann der Netzbetreiber sein Stromnetz besser auslasten“. Das sei günstiger und schneller, als neue Stromleitungen zu verlegen. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten damit außerdem ihren Stromverbrauch und auch die Einspeisung des eigenen Stroms, zum Beispiel aus Photovoltaik-Anlagen, besser nachvollziehen und managen.

Smart-Meter-Pflicht

Für Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr ab 6.000 Kilowattstunden sind diese Smart Meter verpflichtend. Der Rollout begann Anfang 2020. Für Haushalte, die im Jahr weniger als 6.000 Kilowatt verbrauchen (laut BMWi liegt der Durchschnittsverbrauch eines Privathaushaltes bei etwa 3.500 Kilowattstunden), reicht hingegen eine moderne Messeinrichtung, also ein digitaler Zähler ohne Kommunikationsmodul. Mit der Pflicht will die Bundesregierung die Digitalisierung der Energiewende voranbringen.

E.ON: Lastenmanagement in der Zentrale

Tankstutzen Elektroauto

Übrigens spielen auch Elektroautos in intelligenten Netzen als Energiespeicher eine Rolle (generell ist die Sektorkopplung ohnehin ein wichtiges Element der Energiewende). E-Autos, die eine längere Zeit an der Steckdose angeschlossen sind, könnten zum Beispiel etwa dann aufgeladen werden, wenn im Netz ein Angebotsüberschuss herrscht, informiert E.ON. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt der Energiekonzern an der eigenen Unternehmenszentrale in Essen. Dort hat E.ON gemeinsam mit dem Start-up gridX, das digitale Plattformlösungen für die Steuerung von dezentralen Energieressourcen entwickelt, ein intelligentes Lastmanagementsystem installiert. Mit dem System lassen sich Elektrofahrzeuge dynamisch aufladen, denn die verfügbare Energie ist an den Ladepunkten variabel. Bei sinkendem Verbrauch im Gebäude, können mehrere Autos gleichzeitig geladen werden oder aber mit höherer Ladeleistung. So wird die Energie an dem Standort effizient genutzt. Erst vor Kurzem hat E.ON außerdem die Mehrheitsbeteiligung am Start-up gridX übernommen. „Durch unser Engagement bei gridX werden wir unseren Kunden innovative digitale Energiemanagementlösungen anbieten können, sowohl für das intelligente Laden von E-Autos, das Energiemanagement des gesamten Zuhauses als auch für komplette smarte Quartiere“, sagt Thomas Birr, Chief Strategy & Innovation Officer bei E.ON. „So ermöglichen wir auch unseren Kunden, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und zum Gelingen der Energiewende beizutragen.“

Die Rolle der Stadtwerke

Die Veränderungen in der Energiebranche merken auch die Stadtwerke. Laut der Stadtwerkestudie 2021 des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens EY sehen 86 Prozent der Stadtwerke in der Digitalisierung ein bestimmendes Thema in den nächsten zwei Jahren – sowohl für interne Prozesse als auch bei der Schnittstelle zum Verbraucher. „Dezentrale, nachhaltige Energielösungen werden immer wichtiger. Die Stadtwerke tragen es in ihrer DNA, diese Lösungen zu erarbeiten. Produkte und Angebote für die Kommunen entstehen zu lassen, führt zu neuen Geschäftsfeldern für die Stadtwerke, mehr Wertschöpfung in der Region und im Ergebnis zu der politisch und gesellschaftlich gewollten Dekarbonisierung“, kommentiert Metin Fidan, EY-Partner und Leiter Energiesektor für Deutschland die Studie.

Laut der Studie ist außerdem absehbar, dass sich auch die Stadtwerke vom reinen Erzeuger zunehmend hin zu einem zentralen Infrastrukturdienstleister der Kommunen entwickeln. Fast zwei Drittel der Befragten erwarten, in Zukunft mehr Dienstleistungen für Kommunen zu entwickeln. „Stadtwerke sind für viele Kommunen der Generaldienstleister, um innovative Projekte erfolgreich umzusetzen. Sie sind der Garant für die Daseinsvorsorge in sämtlichen Bereichen des kommunalen Lebens. Damit kommt ihnen eine ganz wichtige Rolle in den Gemeinden zu“, meint Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Quelle: UmweltDialog
 

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