Messen & Konferenzen

Ressourceneffizienz-Treff 2018: Best Practices für Nachhaltigkeit

Material- und Energieeffizienz, Digitalisierung und Materialflusskostenrechnungen: Maßnahmen und Instrumente zum Ressourcen Sparen sind ein wichtiger Teil der Nachhaltigkeitsstrategien produzierender Unternehmen. Einen Überblick über aktuelle Ansätze verschiedener Branchen haben die Teilnehmer des diesjährigen Ressourceneffizienz-Treffs des ifu Hamburg erhalten. Die Idee: Durch Wissensaustausch das Thema Ressourceneffizienz in Unternehmen weiter voranbringen.

22.01.2019

Ressourceneffizienz-Treff 2018: Best Practices für Nachhaltigkeit zoom
Der Ressourceneffizienz-Treff der ifu Hamburg war gut besucht.

„Der Ressourceneffizienz-Treff ist für mich eine hervorragende Plattform zum Austausch mit anderen Gleichgesinnten. Hier erfahre ich, wie das Thema in anderen Branchen angegangen wird und lerne neue Ideen und Methodiken kennen“, sagte Benjamin Flaig, Energiemanager, Alfred Ritter GmbH & Co. KG. „Jeder einzelne von uns Teilnehmern ist kompetent, aber nur im Austausch mit anderen wird man besser und findet heraus, ob man auf dem richtigen Weg ist.“ Flaig war einer der rund 80 Teilnehmer der Veranstaltung, die Ende Oktober 2018 im Ingenieurwerk Hamburg stattgefunden hat. Als Experte im Bereich Energiemanagement stellte er den übrigen Gästen die wichtigsten Maßnahmen von Ritter Sport auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Schokoladenproduktion vor.

Alfred Ritter GmbH: Für Energieeffizienz ziehen alle an einem Strang

„Nachhaltigkeit muss von oben gelebt werden“ lautet die Devise des Unternehmens. Aus diesem Grund hat Ritter Sport Energieeffizienz 2013 in das Unternehmensleitbild integriert und damit zu den Grundprinzipien der Geschäftstätigkeit erklärt. Dass es sich dabei nicht nur um ein Lippenbekenntnis handelt, sondern in die Tat umgesetzt wird, zeigt folgende Praxis: So dürfen Projektleiter des Unternehmens ihr Projektbudget um zehn Prozent übersteigen, wenn Maßnahmen nachweislich die Energieeffizienz des Vorhabens steigern. Ein wichtiger Meilenstein innerhalb des Energiemanagements erfolgte für Ritter Sport dann 2016, als ein Monitoring den Energieverbrauch des Unternehmens und seiner Prozesse mittels einer umfangreichen Datenerhebung gemessen und transparent gemacht hat.

Erfolgreiches Energiemanagement und weitere Effizienzsteigerungen sind aber von dem Einsatz aller Mitarbeiter abhängig; davon ist man bei Ritter Sport überzeugt. Aus diesem Grund hat das Unternehmen diesbezüglich seine Mitarbeiterkommunikation intensiviert. So nehmen beispielsweise alle Angestellten an individuellen, für ihre Position bzw. Abteilung entwickelten Energiemanagementschulungen teil. Ein besonderes Highlight 2018: Am sogenannten „Energie-Dienstag“ bekamen die Mitarbeiter wöchentlich über eine unternehmenseigene App wichtige Informationen zum Energieverbrauch und hilfreiche Tipps zum Energiesparen gepostet.

Das waren alle Teilnehmer des Ressourceneffizienz-Treffs der ifu.
Das waren alle Teilnehmer des Ressourceneffizienz-Treffs der ifu.

Altbewährtes Hinterfragen

Darüber hinaus gab Ritter Sport seinen Angestellten die Möglichkeit, selbst Vorschläge einzubringen, wie sie mehr Strom an ihren Arbeitsplätzen einsparen können. „Unsere Kollegen hatten wirklich tolle Ideen“, sagte Flaig. „Ich bin seit meiner Ausbildung bei Ritter Sport, und die Prozesse sind mir vertraut. Aber ich kenne sie lange nicht so gut wie jeder einzelne Mitarbeiter, der schon lange an seiner Anlage arbeitet und genau weiß, wie sie funktioniert. Wenn es uns gelingt, dieses Wissen mit der Einsicht zu koppeln, wie wichtig energieeffizientes Handeln ist, können wir den Energieverbrauch weiter reduzieren.“

Wie viel Energieeffizienz-Potenzial in den Prozessen steckt, zeigte ein Beispiel aus der Fertigung im Jahr 2016. Hier wird unter anderem die Schokoladenmasse in großen Behältern gelagert. Das Rühren der Masse gewährleistet dabei ihre Viskosität und Fließgrenze. Insgesamt hat das Unternehmen 140 Behälter für Schokolade und Füllungen. Nachdem eines der Rührwerke ausgefallen war stellten die Mitarbeiter fest, dass auch geringere Rührzeiten ausreichen, um die Viskosität und Qualität der Schokolade zu gewährleisten. Bis dato wurde jeweils zehn bis 20 Minuten pro Stunde gerührt, ohne zu wissen, wie lange eigentlich pro Stunde gerührt werden muss, damit die Schokolade die erforderliche Viskosität behält. Dabei betrug der Energieverbrauch 1.100 MWh im Jahr, was Ritter Sport 150.000 Euro kostete.

Das Ergebnis der Prozessoptimierung: An allen Behältern gibt es nun einheitliche Rührintervalle von zwei Minuten in der Stunde. Der Energieverbrauch (jetzt: 200 MWh/a) und die Energiekosten (jetzt: 30.000 €/a) konnten dadurch erheblich gesenkt werden. „Warum machen wir das so? Gibt es keine Alternative, die weniger Energie verbraucht? Um alle Energieeffizienz-Potenziale im Unternehmen zu ermitteln, müssen wir altbewährte, eingefahrene Prozesse immer wieder in Frage stellen“, schloss Flaig seinen Beitrag für den Ressourceneffizienz-Treff des ifu Hamburg (Member of iPoint Group).

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Das ifu Hamburg: Dienstleister für mehr Ressourceneffizienz

Produkte und Fertigungsprozesse nachhaltig zu optimieren, ist das Spezialgebiet des ifu Institut für Umweltinformatik Hamburg. Das Unternehmen bietet hierzu betriebliche Beratungen und Softwarelösungen an. Neben Ressourcen- und Energieeffizienz fokussiert sich das ifu dabei auf Themen wie Ökobilanzierungen, CO2-Bilanzierungen oder nachhaltige Wertschöpfungsketten. Seit Ende 2017 gehört das ifu zur iPoint Gruppe: „Aktuell werden weltweit Projekte initiiert, um bekannte und vermutete Effizienzpotenziale zu analysieren. Typische strategische Ziele sind dabei u.a. das Senken der Energie- und Materialverbräuche und damit einhergehende Kosteneinsparungen, sowie die Reduktion des CO2-Fußabdrucks“, so das ifu Hamburg. „Ein minimierter Ressourcenverbrauch ist dabei oft nur erreichbar, durch eine vollständige Transparenz aller Energie- und Materialflüsse in der Produktion und das konsequente Hinterfragen der aktuellen Praktiken, die sich vermeintlich bewährt haben.

Den Ressourceneffizienz-Treff führt das ifu Hamburg alle zwei Jahre durch. Das diesjährige Motto der Veranstaltung lautete: „Miteinander für mehr Effizienz“. „Die Konferenz gibt uns mit einem spannenden Format die Möglichkeit, ein wichtiges Thema in die öffentliche Diskussion hineinzutragen: Wir zeigen auf, wie nachhaltiges Wirtschaften im Kontext des Klimaschutzes mit der erfolgreichen Positionierung von Hamburger Unternehmen im nationalen und internationalen Marktumfeld vereinbar ist“, sagte Dr. Björn Dietrich, Leitung Energieabteilung, Behörde für Umwelt und Energie Hamburg.

Umweltpartnerschaft in Hamburg

Dazu stellte der Leiter der hamburgischen Umwelt- und Energiebehörde die Kooperation zwischen Verwaltung, Politik und Wirtschaft zur zweistufigen Umsetzung der hanseatischen Klimaschutzziele vor. Demnach sollen bis 2030 zirka 50 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 emittiert und 2050 gar 80 Prozent weniger CO2 ausgestoßen werden. Diese sogenannte Umweltpartnerschaft besteht bereits seit 2002 und initiiert unter wechselnden Regierungskoalitionen den umweltpolitischen Dialog der unterschiedlichen Stakeholder. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie lokale Förderprogramme Unternehmen dabei unterstützen, ressourcenschonende Maßnahmen praktisch umzusetzen.

Viele Hamburger Unternehmen beteiligen sich bereits an der Umweltpartnerschaft. Dabei werden branchenübergreifend Maßnahmen in den Feldern Digitalisierung, Energie- und Wärmewende, „Green Port“ oder Umweltmanagement gefördert: „Betrieblicher Klimaschutz muss zum Mainstreamthema werden“, so Dietrich weiter. Das will man in Hamburg auch durch das „MFCA HH“ Projekt erreichen, das der Wirtschaft den Einstieg in die Materialflusskostenrechnung (MFCA) erleichtern soll.

Im Rahmen eines breit angelegten Wissenschafts-Praxis-Transfers, in dem sich auch die ifu Hamburg engagiert, werden die teilnehmenden Betriebe durch Förder- und Beratungsangebote dabei unterstützt, Analysen und Maßnahmen für die Steigerung ihrer Material- und Energieeffizienz umzusetzen. „Zusammen mit Studierenden der Universität Hamburg stellen wir hierfür unsere Expertise und unsere Software „Umberto“ bereit. Schulungen und Workshops runden unser Angebot ab“, erklärt Jan Hedemann, Geschäftsführer des ifu.

Jan Hedemann, Geschäftsführer der ifu.
Jan Hedemann, Geschäftsführer der ifu.

Junker-Filter: Materialflusskostenrechnung

Dass es bei der MFCA um mehr als nur Kostensenkung geht, hat Julian Nuss, Leiter Einkauf und Materialwirtschaft bei der Junker Filter GmbH, erläutert: „Die MFCA bietet Vorteile, die für strategische Unternehmensentscheidungen relevant sind und Mittelständlern einen Wettbewerbsvorsprung ermöglichen.“ Die MFCA ist eine Kostenrechnungsmethode, die alle im Unternehmen anfallenden Materialverluste identifiziert, und die darin enthaltenen versteckten Kosten aufzeigt. Sie kann auf die gesamte betriebliche Wertschöpfungskette angewendet werden. Ziel ist es, ineffiziente Praktiken in Unternehmensprozessen zu ermitteln, um daraus Effizienzpotenziale abzuleiten, Ressourcen zu sparen und damit die Umweltperformance zu verbessern.

Junker identifizierte so beispielsweise zwei Fertigungsschritte – das Endfetten von Endscheiben und symmetrische Lochbohrungen an Filterpatronen – die Lieferanten viel effizienter ausführen können. Dank der Materialflusskostenrechnung hat Junker nicht nur eine beachtliche Kosteneinsparung erzielt, sondern auch ein besseres Verständnis unterschiedlicher Prozesse erhalten. Auf diese Weise nutzt der Hersteller für industrielle Filter die Ergebnisse der MFCA als Entscheidungsgrundlage für Investitionen, die damit gleichzeitig als Instrument der Produktivitätssteigerung dienen. Die in der MFCA inkludierte CO2-Bilanzierung kann darüber hinaus als Alleinstellungsmerkmal für Kunden genutzt werden.

Erfahren Sie in unserem ersten Teil über die Veranstaltung u.a., welche Potenziale die Digitalisierung für Ressourceneffizienz in produzierenden Unternehmen bietet.

Quelle: UmweltDialog
 

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