Soziales Engagement

Lauter als der Hass

Viele Menschen haben schon einmal Hass im Netz erlebt – unter den Jugendlichen kennen fast alle dieses Phänomen. Anti-Hate-Speech-Initiativen wollen die Gesellschaft dazu bewegen, etwas dagegen zu tun. Auch die Politik greift jetzt härter durch. Große Aufmerksamkeit erhält das Thema zurzeit durch die Kampagne „Gemeinsam gegen Hass im Netz“ der Deutschen Telekom. Die Botschaft lautet: Zeigen wir Zivilcourage und erheben wir unsere Stimme! Damit knüpft der Konzern an sein langjähriges Engagement gegen Hass im Netz an.

24.08.2022

Lauter als der Hass

Eine kleine Gruppe von Menschen steht auf offener Straße und beginnt zu singen. Die Melodie ist vertraut: Es handelt sich um den unzählige Male gecoverten Song „You’re the Voice“. Doch anstatt des englischen Originaltextes erklingen Hassbotschaften. Nach und nach kommen mehr Menschen dazu, stimmen in das Lied ein, singen aber die richtigen Lyrics: „You’re the voice, try and understand it. Make a noise and make it clear. We’re not gonna sit in silence. We’re not gonna live with fear”. Der Chor wird immer größer, bald sind es 95 Menschen, die die Hassbotschaften der kleinen Gruppe von fünf Menschen lautstark übertönen. Eine klare Aufforderung, nicht still zu sein, sondern seine Stimme gegen HateSpeech zu erheben.

Die Szene stammt aus einem aktuellen TV-Spot, mit dem die Deutsche Telekom nach eigenen Angaben Menschen dazu motivieren möchte, sich gegen Hass zu positionieren und für einen konstruktiven Dialog im Netz sorgen will. Der TV-Spot ist Teil der Anti-Hate-Speech-Kampagne „Gemeinsam gegen Hass im Netz“ und zurzeit auf verschiedenen medialen Kanälen zu sehen und zu hören. „Wir möchten die Menschen mit unserer Kampagne dazu ermutigen, aktiv zu werden und Haltung zu zeigen. Denn nur gemeinsam sind wir stark“, erklärt Christian Hahn, Leiter Strategie Marketing Kommunikation und Media.

Neben den TV-Spots bietet die Telekom mit Partnern Workshops an, die zeigen sollen, dass jede und jeder ihre beziehungsweise seine Stimme erheben und so gegen Hass im Netz vorgehen kann. Darüber hinaus stehen weitere Informationen und Materialien zur Verfügung, die sich an alle Zielgruppen von 9 – 99 Jahren wenden.

„Medien- und Demokratiekompetenz sind eine wichtige Basis, damit Hass nicht zur Norm wird. Digitale Zivilcourage ist nicht schwer und lernbar“, sagt Marike Mehlmann-Tripp, Cluster Lead Social Engagement der Deutschen Telekom und bietet hierzu, gemeinsam mit Partnern, Workshops an. Nähere Informationen inklusive aller Workshop-Termine unter: www.telekom.com/gegen-hass-im-netz


Standen bislang die Betroffenen selbst im Mittelpunkt der Kampagne (UmweltDialog berichtete), liegt der Fokus nun auf der Aktivierung und Befähigung der Gesellschaft. Die Bereitschaft dazu ist da. Das geht aus einer forsa-Umfrage hervor, die die Wahrnehmung von und den Umgang mit Hate Speech untersucht hat. Demnach kennen wenige Nutzerinnen und Nutzer ein Netz ohne Hass. Gleichzeitig wollen mehr Menschen als in den Jahren zuvor Hate Speech nicht länger einfach so hinnehmen, sondern aktiv werden, indem sie den Verbreiter*innen von Hass antworten und die Hasspostings zur Anzeige bringen.

Was ist Hassrede beziehungsweise Hate Speech?

Für die Deutsche Telekom ist mit Hassrede „jede diskriminierende, bedrohende, ausgrenzende, herabwürdigende, hetzerische Aussage“ gemeint, „die sich gegen Einzelne oder ganze Gruppen richtet“. Ähnlich lautet die Definition des Ministerkomitees des Europarates aus dem Jahr 1997, an dem sich viele Anti-Hate-Speech-Kampagnen orientieren.

Hassrede ist kein neues Phänomen, hat aber im Netz neue Ausmaße angenommen. Gewalt im Netz sei schwieriger vermeidbar als etwa Gewalt am Arbeitsplatz, erklärt dazu Diplompsychologin Dorothee Scholz in einem Interview. Zudem herrsche im Netz eine „stärkere – zumindest gefühlte – Anonymität und Straffreiheit als in direkten Begegnungen.“ Dies führe zu einer Enthemmung des Verhaltens.

Sei es die politische Ansicht, das Aussehen, die Herkunft oder die Religion: Betroffene werden wegen ganz unterschiedlicher Merkmale verbal angegriffen. Das muss nicht immer direkt durch herabwürdigende Ausdrücke geschehen. Eine Äußerung kann „eine Bevölkerungsgruppe auch herabwürdigen und/oder verunglimpfen, ohne solche Ausdrücke zu enthalten. Auch dann fällt sie unter die Definition von Hassrede“, erklärt Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft an der Freien Universität Berlin, in einer Publikation der Amadeu Antonio Stiftung.

Jede und jeder geht anders mit Hassrede um. Zwei Drittel der zumeist jungen Menschen, die laut einer Studie selbst Erfahrungen mit Hass im Netz gemacht haben, berichteten jedoch von emotionalem Stress, Angst und Unruhe bis hin zu Depressionen.

Was unternimmt die Politik?

Das neue Gesetzespaket soll dazu beitragen, dass Hass im Netz jetzt leichter strafrechtlich verfolgt und strenger bestraft werden kann. In Deutschland gab es zuvor etwa schon den Paragrafen 130 im Strafgesetzbuch, der Volksverhetzung unter Strafe stellt, oder den Paragrafen 185, der Beleidigung mit Freiheitsstrafe und beziehungsweise oder Geldstrafe bestraft. Zudem verpflichtet das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) Betreiber Sozialer Netzwerke seit 2017 dazu, „offensichtlich strafbare Inhalte“ innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu löschen. Bei Nichtbeachtung droht den Betreibern eine Geldstrafe von bis zu 50 Millionen Euro. Auch auf Europäischer Ebene tut sich etwas. Der Digital Services Act soll Anfang 2024 voll wirksam werden.

Die Deutsche Telekom kämpft gegen Hate Speech im Netz
Die Deutsche Telekom kämpft gegen Hate Speech im Netz

„Hassrede schränkt die Meinungsvielfalt in unserer Demokratie ein“

Die Herausforderung liegt in der Praxis: Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt Hass? Als führendes Telekommunikations- und Informationsunternehmen ist sich die Deutsche Telekom ihrer Verantwortung für einen angemessen Umgang mit ihren Produkten und Dienstleistungen bewusst. Deshalb setzt sie sich für Medien- und Demokratiekompetenz – als Basis für einen respektvollen Umgang ohne Hate Speech und für digitale Zivilcourage – ein.

Das ist umso wichtiger, da Hate Speech oft mit Desinformation und falschen oder verzerrten Tatsachenbehauptungen einhergeht. Die Telekom sieht darin auch den Versuch, andere zu beeinflussen, Meinungen zu manipulieren. Wie wichtig in diesem Zusammenhang die digitale Zivilcourage ist, untermauert auch eine gemeinsame Studie des Londoner Institute for Strategic Dialogue und der Initiative ichbinhier e.V., die ein Jahr lang rechtsextreme Hasskampagnen und Shitstorms in Sozialen Netzwerken analysiert hat. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Hasskampagnen oftmals von wenigen, aber sehr aktiven Nutzer*innen organisiert werden.

Studien-Autorin Julia Ebner erläutert: „Unsere Analysen verdeutlichen, dass nur wenige, in vielen Fällen rechtsextreme, Individuen mittels der Sozialen Netzwerke den Eindruck einer scheinbaren Mehrheitsmeinung generieren, die so gar nicht von der Bevölkerungsmehrheit getragen wird.“ Die Folge: „Eingeschüchtert von der Übermacht solcher Kommentare schrecken zahlreiche Nutzer*innen davor zurück, ihre politische Meinung online zu vertreten. Damit schränkt Hassrede die Meinungsvielfalt in unserer Demokratie ein“, so das Fazit der Studie. Vor dem Hintergrund, dass viele Betroffene auch außerhalb des Netzes mit Hass, Drohungen und Einschüchterung konfrontiert seien, nehme die Bedeutung von digitaler Zivilcourage zu.

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Hilfe bei Hate Speech

Betroffene haben mehrere Möglichkeiten, sich gegen den Hass im Netz zu wehren: Sie können sich an verschiedene Meldestellen und Organisationen oder auch an die sogenannten Hate-Speech- Beauftragten, die von einer Landesregierung ernannt werden, wenden. Eine Übersicht über einige Initiativen findet sich beispielsweise hier.

Quelle: UmweltDialog
 

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