Produktion

Klimaschutz als Herausforderung für die Luftfahrtbranche

Die Luftfahrtbranche ist stark abhängig vom Kerosin- und somit auch vom Erdölpreis. Für Fluggesellschaften machen Treibstoffkosten mittlerweile durchschnittlich 34 % der Betriebskosten aus. Der Preis für Öl steigt seit der Jahrhundertwende rapide an. Zwischen den Jahren 2000 und 2010 haben sich die Rohölpreise fast vervierfacht. Experten sind sich noch uneins, ob der Höhepunkt der Förderung (der sogenannte Hubberts Peak) bisher schon erreicht wurde oder in den kommenden Jahren erreicht werden wird. Ein Gastbeitrag von Philipp Killius.

09.08.2013

Ökonomisches Eigeninteresse und Klimaschutz sind in der Luftfahrtbranche eng miteinander verknüpft. Foto: Marion Lenzen
Ökonomisches Eigeninteresse und Klimaschutz sind in der Luftfahrtbranche eng miteinander verknüpft. Foto: Marion Lenzen

In beiden Fällen wird man sich weiterhin auf steigende Preise einrichten müssen, da die Erdölförderung aufgrund des Schwindens der leicht zugänglichen Quellen teurer wird. Jüngst gab der CEO der IATA Tony Tyler bekannt, dass die Gewinnaussichten für die Luftfahrtbranche aufgrund des steigenden Ölpreises um eine halbe Milliarde Euro nach unten korrigiert werden müssen.

Politische Regulierungen

Neben dem steigenden Kerosinpreis gewinnen zunehmend politisch initiierte Kostenfaktoren an Bedeutung. In vielen Regionen der Welt werden Systeme eingeführt, um die externen Kosten der CO2-Emissionen der Unternehmen zu internalisieren. Im Asien-Pazifik-Raum sind aktuell in Ländern wie China, Süd-Korea oder Australien Entwicklungen in diese Richtung zu beobachten.

Vorreiter ist jedoch die Europäische Union (EU) mit den 2005 eingeführten Emissionszertifikaten und dem damit verbundenen Emission Trading System (ETS). Das ETS legt fest, dass Unternehmen in Branchen mit hohen CO2-Emissionen für den eigenen Ausstoß Zertifikate vorlegen müssen. Die darin einbezogenen Branchen werden sukzessiv erweitert und seit 2012 sind auch Fluggesellschaften von dieser Regelung betroffen. Die maximale Anzahl der Zertifikate ist auf 97 % der aktuellen CO2-Emissionen des Luftfahrtbranche beschränkt (ab 2013 95 %). Die Fluggesellschaften erhalten zunächst 85 % der benötigten Zertifikate kostenfrei und müssen sich die darüber hinaus benötigten am Markt kaufen.

Die Zertifizierungspflicht gilt für jeden Flug der innerhalb der EU stattfindet, sowie für die komplette Flugstrecke der Flüge die in der EU starten und enden. Dadurch entsteht eine hohe finanzielle Belastung. Die Lufthansa prognostiziert, dass das ETS Mehrkosten in Höhe von circa 100 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2012 verursachen wird.

Diese Regelung führt aktuell zu internationalen politischen Spannungen, da auch ausländische Airlines für Flugkilometer zahlen müssen, die nicht über dem EU-Gebiet stattfinden. Viele Staaten, inklusive der USA, Indien und Russland, haben ihren Unmut kundgetan. Nach Meinung der Kritiker wird durch die Besteuerung von nicht-EU Unternehmen nationale Souveränität verletzt. China geht noch einen Schritt weiter und verbietet seinen nationalen Fluggesellschaften sich am ETS zu beteiligen.

Kritikpunkte der Luftfahrtbranche sind, dass das ETS mit der uneinheitlichen Belastung der Fluggesellschaften wettbewerbsverzerrend wirkt und das eine partielle Besteuerung des Luftraumes zu ineffizienten Flugrouten führt. Die IATA fordert deswegen eine international einheitliche Lösung, um diese negativen Aspekte zu vermeiden.

Viele Fluggesellschaften bieten ihren Kunden die Möglichkeit, ihre CO2-Emissionen zu kompensieren. Foto: Marion Lenzen
Viele Fluggesellschaften bieten ihren Kunden die Möglichkeit, ihre CO2-Emissionen zu kompensieren. Foto: Marion Lenzen

Ziele der Luftfahrtbranche

Diese Herausforderungen zeigen, dass ökonomisches Eigeninteresse und Klimaschutz in der Luftfahrtbranche eng miteinander verknüpft sind. Um den Anforderung in Zukunft gerecht zu werden, hat sich die Luftfahrtbranche eigene Ziele zur Reduktion ihrer CO2-Emissionen gesetzt, die über die derzeitigen regulatorischen Anforderungen hinausgehen. Nach der IATA sollen folgende mittel- und langfristigen Ziele erreicht werden:

• Ein CO2-neutrales Wachstum ab 2020
• Eine durchschnittliche Verbesserung der Kraftstoffeffizienz von 1,5 % pro Jahr von 2009 bis 2020
• Eine Halbierung der CO2-Emissionen gegenüber 2005 bis 2050

Um diese Ziele erreichen zu können, setzt die IATA auf eine Vier-Säulen-Strategie:

Säule 1 - Technologischer Fortschritt
Die besten Chance, CO2-Emissionen zu reduzieren, sieht die IATA in neuen Technologien. Vor allem der Einsatz von effizienteren Motoren und Biokraftstoffen steht hier im Vordergrund. Nach einer Prognose der IATA können neue Technologien mittelfristig (bis 2020) den Treibstoffverbrauch eines Flugzeugs um bis zu 35 % reduzieren. Die neue Boeing 747-8, zum Beispiel, verbraucht bereits 15 % weniger Treibstoff im Vergleich zu ihrem Vorgängermodell. Langfristig sollen nachhaltig angebaute Biokraftstoffe die CO2-Emissionen der Luftfahrtbranche um 80 % senken. Biokraftstoffe werden aus Biomasse hergestellt. Bei ihrer Verbrennung setzen sie nur die Menge an CO2 frei, die die Pflanzen während des Wachstums aufgenommen haben. Mittlerweile können Biokraftstoffe (der sogenannten zweiten Generation) aus Stroh und pflanzlichen Reststoffen gewonnen werden und stehen damit nicht in Konkurrenz zur Nahrungsproduktion. Ziel der IATA ist es, den Anteil von Biokraftstoff bis 2017 auf 10 % zu erhöhen. Lufthansa konnte 2012 bereits erste Tests mit dieser Art von Treibstoff erfolgreich abschließen.

Säule 2 - Optimierter Flugbetrieb
Ein effizienterer Flugbetrieb kann den Kraftstoffverbrauch und damit CO2-Emissionen reduzieren. Um Ineffizienzen in diesem Bereich zu beseitigen, berät die IATA mit Hilfe sogenannter „Green Teams“ Fluggesellschaften zu Gewichtsreduzierungen der Flugzeuge und zur Optimierung des Flugverhaltens. Air Berlin, zum Beispiel, konnte durch die Einführung sogenannter „Less Paper Cockpits“ eine Gewichtseinsparung von über 50 Kilogramm Papier pro Flugzeug und damit eine Emissionsersparnis von mehr als 1.900 Tonnen CO2 pro Jahr erreichen.9 In diesem Bereich will die IATA bis 2020 die Gesamtemission der Luftfahrtbranche um bis zu 3 % senken.

Säule 3 - Verbesserte Infrastruktur

Eine weitere Chance zur Reduktion der CO2-Emission sieht die IATA in einer Optimierung der Verkehrsströme im Luftraum. Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur umfassen zum Beispiel die Schaffung des Single European Sky. Ziel dieses Projekts ist es, den europäischen Luftraum in funktionelle Luftraumblöcke einzuteilen und damit die derzeitige Zersplitterung durch nationale Landesgrenzen aufzulösen. Lufthansa hat berechnet, dass durch eine bessere Nutzung des Europäischen Luftraums pro Flug einen Umweg von durchschnittlich 50 Kilometern vermieden werden könnte.

Säule 4 - Ökonomische Instrumente
Trotz der oben genannten Maßnahmen wird nach der Prognose der IATA die Luftfahrtbranche das Ziel des CO2-neutralen Wachstums ab 2020 um 90 Millionen Tonnen verfehlen. Aus diesem Grund müssen Klimakompensations-Projekte („carbon offset“) durchgeführt werden. Bereits heute bieten viele Fluggesellschaften mit Hilfe von Drittanbietern, wie z. B. myclimate, ihren Kunden die Möglichkeit, ihre CO2-Emissionen zu kompensieren. Die Kompensation eines Fluges von München nach Hamburg kostet bei myclimate circa 4 Euro.11 Zwar hat die Nachfrage nach solchen Angeboten in den letzten Jahren zugenommen, sie befindet sich aber absolut gesehen auf einem sehr niedrigen Niveau.

Aktuelle Maßnahmen

Im Folgenden werden Maßnahmen vorgestellt, wie Fluggesellschaften bereits heute versuchen kurzfristig Kraftstoff einzusparen. Die Lufthansa, zum Beispiel, hat kürzlich ein Flottenerneuerungsprogramm gestartet. Bis 2018 sollen 168 emissionsarme Flugzeuge in Dienst gestellt werden.  

Diese neuen Flugzeugmodelle sind bis zu 30 % sparsamer als ihre Vorgänger. Weitere Möglichkeiten, Treibstoff einzusparen, stellen Gewichtsreduzierungsmaßnahmen dar. Lufthansa, zum Beispiel, hat ihren Treibstoffverbrauch von Flugzeugen durch den Einsatz von leichteren Sitzen reduziert. Des Weiteren existieren zahlreiche Maßnahmen, um das Flugverhalten zu optimieren. Von großer Bedeutung ist hier der Landeprozess. Beim sogenannten Gleitanflugverfahren (Continuous Descent Approach - CDA) sinkt das Flugzeug kontinuierlich mit horizontalen Segmenten. Dies ermöglicht, im Vergleich zum herkömmlichen Landeverfahren, eine reduzierte Triebwerksleistung und spart damit Kraftstoff. Bei Tests auf dem Stockholmer Flughafen konnte die skandinavische Fluglinie SAS mit diesem Verfahren 100 Kilogramm Treibstoff pro  Landung einsparen.

Auch wenn Fluggesellschaften durch effizientere Flotten, Gewichtsreduktionsmaßnahmen und ein optimiertes Flugverhalten CO2-Einsparungen erreichen, steht dieser Entwicklung eine absolute Zunahme des Luftverkehrs gegenüber. Aus diesem Grund wird nach einer aktuellen Prognose der Anteil der Luftfahrtbranche an der weltweiten CO2-Produktion zunehmen. Eine Möglichkeit in Zukunft die Luftfahrtbranche nachhaltig und emissionsfrei gestalten zu können ist Elektromobilität. Im Folgenden wird ein Ausblick auf diese Entwicklung gegeben.

Ausblick in die Zukunft der Luftfahrt - E-Mobility

Das Potenzial elektronisch angetriebener Flugzeuge war lange Zeit wenig vielversprechend aufgrund der geringen Energiedichte und dem hohen Gewicht der Batterien. Durch die aktuelle Entwicklung im Automobilsektor und der steigenden Effizienz der Komponenten gewinnt die Thematik auch bei Flugzeugen wieder an Bedeutung. Ein Beispiel für einen funktionierenden Prototypen stellt der Motorsegler DA36 E-Star dar, welcher in einer Kooperation von Siemens, EADS und Diamond Aircraft entwickelt wurde.15 Mit einer Verbindung aus Elektro- und Brennstoffmotor (zur Aufladung der Akkus) schafft er eine Flugreichweite von circa 341 Kilometer.

Dieses Konzept bietet einige Vorteile:
1. Konstante Nutzung des Brennstoffmotors im effizientesten Drehzahlbereich (Reguläre Flugzeugturbinen sind nur während des Starts und der Landung voll ausgelastet)  

2. Trennung der Energieerzeugung und Antrieb schaffen neue Energiesparpotential (zum Beispiel durch effizientere Gewichtverteilung)

3. Möglichkeit der Nutzung grünen Stroms

4. Vermeidung von Flugzeuglärm, da Elektromotoren im Vergleich zu Flugzeugturbinen nur unwesentlich Lärm verursachen. Mit voranschreitender Entwicklung in der Akku- und Elektromotortechnologie kann auch der elektrische Flug in Zukunft, neben den Biokraftstoffen, eine weitere Option zur Reduktion der fossilen Brennstoffantriebe in der Luftfahrt sein.

Quelle: UD / cp
 

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