Circular Economy

Wie wird aus Industrieabwasser sauberes Wasser?

Die Reinigung von Ab- und Prozesswasser aus der Industrie ist komplex, denn abhängig von der Branche ist das Wasser mit unterschiedlichen Stoffen belastet. Daher kommen auch diverse Aufbereitungsverfahren zum Einsatz. Textilserviceanbieter CWS setzt in seiner Solinger Wäscherei zum Beispiel auf Elektrokoagulation. Das Audi-Werk in Mexiko hingegen reinigt sein Prozesswasser mit Hilfe von Umkehrosmose. Ein kleiner Überblick.

11.02.2021

Wie wird aus Industrieabwasser sauberes Wasser?
In einer Kläranlage wird Abwasser aufbereitet.

Ob beim Duschen, Wäsche waschen oder Geschirr spülen: In jedem Haushalt fällt Abwasser an. Dieses wird in kommunale Kläranlagen eingeleitet, dort gereinigt und aufbereitet. Doch nicht nur in Privathaushalten entsteht Abwasser, sondern auch in Industrie und Gewerbe. Ein Großteil dieser Betriebe leitet die Abwässer ebenfalls in das öffentliche Kanalnetz ein. Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) entstehen so in Deutschland durch Haushalte, Industrie und Gewerbe jedes Jahr fünf Milliarden Kubikmeter Schmutzwasser. Dazu kommen noch etwa drei Milliarden Kubikmeter Regen und eine große Menge an Fremdwasser (das zum Beispiel durch undichte Stellen in das Kanalnetz einsickert), die ebenfalls in die Kläranlagen fließen. Rund 3.000 Unternehmen hierzulande verfügen darüber hinaus über eigene Abwasseranlagen, informiert das Umweltbundesamt. Sie leiten das bereits behandelte Abwasser dann direkt in Gewässer ein (man nennt sie deshalb im Fachjargon Direkteinleiter).

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Abwasser ist nicht gleich Abwasser

Um der Umwelt nicht zu schaden und Gewässer vor Verunreinigungen zu schützen, gibt es für das Einleiten von Abwasser in Gewässer gesetzliche Vorgaben, die in der Abwasserverordnung festgelegt sind. Bei den Privathaushalten sind dafür die kommunalen Kläranlagen zuständig. Wer als Direkteinleiter sein Abwasser selbst in die Gewässer einbringen möchte, braucht eine besondere Genehmigung. So ist beispielsweise darauf zu achten, dass „die Menge und Schädlichkeit des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist“, besagt Paragraf 57 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes.

Jedes Unternehmen hat bei der Aufbereitung von Abwasser aber eigene Anforderungen, da das Wasser abhängig von Branche und Industriezweig anders belastet ist: „Je nach Produktionssektor und Art des industriellen Betriebs liegen unterschiedliche Abwasserinhaltsstoffe in variablen Konzentrationen und vor allem in unterschiedlichen toxikologischen Risiko- und Bewertungsbereichen vor“, heißt es in einem Artikel des Fachmagazins umweltwirtschaft.com. In der Eisen- und Stahlindustrie kann man im Abwasser zum Beispiel Hydrauliköle, Kühlschmierstoffe oder Ammoniak finden. Bei der Textilindustrie landen oft Stoffe wie Tenside, Öle und Wachse oder auch Farbstoffe im Abwasser. Die richtige Reinigung von Abwasser ist also durchaus komplex.

Elektrokoagulation bei CWS

Mit der Problematik ist auch CWS beim Betrieb seiner Wäschereien konfrontiert. Das Unternehmen bietet für seine Miettextilien eine professionelle Reinigung an. „Unsere Kunden kommen aus der Industrie, dem Handwerk, dem Handel oder sehr sensiblen Bereichen. Im Waschbetrieb entfernen wir für sie unterschiedlichste Schmutzstoffe. Unsere Produkte wie Stoffhandtuchrollen und Schmutzfangmatten genügen höchsten hygienischen Anforderungen unserer Kunden. Die Berufskleidung wird von teilweise sehr hartnäckigen Verschmutzungen befreit“, erklärt Hans-Jörg Ahrens, Head of Operations Excellence & Engineering bei CWS. Das dabei anfallende Abwasser bereitete das Unternehmen bisher mit Hilfe von Chemikalien wieder auf. Nun kommt in der Wäscherei in Solingen die umweltfreundlichere RedBOX zum Einsatz. Entwickelt wurde sie vom niederländischen Unternehmen MORSELT, das zur Unternehmensgruppe des Maschinenbauers SPALECK gehört.

Chemiefreie und effiziente Wasseraufbereitung mittels Elektrokoagulation und der Morselt RedBOX

Die RedBOX reinigt das Ab- und Prozesswasser mit Hilfe von Elektrokoagulation. Dabei wird das Wasser unter elektrische Spannung gesetzt: „Das trennt die Verschmutzungen sehr effizient und ohne die Zugabe von Chemikalien vom Abwasser. So wird aus dem stark belasteten Abwasser wieder reines Wasser“, so Ahrens. Etwa 30 Prozent dieses Wassers nutzt CWS schließlich für die Vorwäsche von stark verschmutzten Textilien. Das Verfahren der Elektrokoagulation sei umweltfreundlich, chemiefrei und reinige Abwässer schnell und effektiv, heißt es auf der Website von SPALECK. Außerdem sei es auch bei stark verschmutzten Abwässern sehr wirtschaftlich. „Für unsere Branche zählen wir mit der RedBOX zu den Taktgebern für eine saubere und umweltfreundliche Textilreinigung. Das rückt uns unserem Ziel näher, 2025 der nachhaltigste Anbieter unserer Branche zu sein", meint Dr. Maren Otte, Group Director Corporate Communications & Responsibility bei CWS. Noch dieses Jahr soll die RedBOX daher auch in der Wäscherei in Leipzig installiert werden.

Wasser im Kreislauf dank Umkehrosmose

Die Umkehrosmose-Anlage von Audi México führt 100 Millionen Liter Wasser gereinigt in die Fertigung zurück.zoom

Der Automobilhersteller Audi setzt in seinem Werk in Mexiko hingegen auf Umkehrosmose. Die Anlage entfernt auch hochkonzentrierte Verunreinigungen aus dem Wasser. „Dafür nutzt sie zwei Hauptaufbereitungsphasen und verfügt seitlich über Verdunstungsteiche. Dort konzentrieren und verfestigen sich die Verunreinigungen und können als Abfall unter Einhaltung der geltenden Vorschriften entsorgt werden“, informiert Audi. Das gereinigte Wasser fließt schließlich zurück in den Kreislauf und wird zum Beispiel für den Korrosionsschutz der Karosserien benötigt. Innerhalb von etwa zwei Jahren hat die Umkehrosmose-Anlage rund 100 Millionen Liter Wasser gereinigt – und zurück in die lokale Fertigung für den Q5 geführt.

Daneben verfügt die Fabrik auch noch über ein weiteres System, das Wasser biologisch aufbereitet. In diesem System, das sich in der lokalen Lackiererei befindet, wird Abwasser aus diversen Produktionsbereichen und anderen Prozessen gereinigt. Das Unternehmen könne mit der Aufbereitung und Wiederverwendung des Wassers den Kreislauf in den Anlagen schließen und „Ableitungen nach außen vermeiden“, sagt Tarek Mashhour, CEO von Audi México. Damit leistet der Standort in Mexiko auch gleichzeitig einen Beitrag zur Mission Zero von Audi.

Herausforderung Mikroplastik

Neben Medikamentenrückständen und giftigen Chemikalien wird auch Mikroplastik im Abwasser zunehmend zu einem Problem. Städtische Abwässer und Textilien gehörten zu den Hauptquellen für Mikroplastik in den Meeren, meint Nadja Ziebarth, Meeresschutzexpertin beim BUND: „Obwohl die Abwasserbehandlung in Deutschland auf einem hohen Stand ist, können Kläranlagen Mikroplastik nicht vollständig aus dem Wasser entfernen. Und jene Mengen, die im Klärwerk herausgefiltert werden, landen dann als Klärschlamm auf und in den Böden.“

Hier setzt unter anderem „Wasser 3.0“ an. Das gemeinnützige Unternehmen forscht zum Thema Mikroplastik und Mikroschadstoffe und will Lösungen entwickeln, diese Stoffe aus dem Wasser zu entfernen. Ergänzt wird die anwendungsorientierte Forschung durch Bildungs- und Kommunikationsarbeit. Damit will das Unternehmen „eine sinnvolle Vermeidungsstrategie unterstützen und dadurch nachhaltig die Umwelt schützen.“ Seit 2015 läuft zum Beispiel das Projekt „Wasser 3.0 PE-X“, das an der Entfernung von Mikroplastik aus dem Abwasser arbeitet. Mit Hilfe von Agglomerations-Fixierung konnten die Forscher Mikroplastik im Wasser lokalisieren und verklumpen. Die sogenannten Agglomerate fanden sich schließlich an der Wasseroberfläche wieder. „Die Chemie hinter den Prozessen erforschen wir derzeit intensiv weiter, um noch bessere Vorhersagen zu Entfernungsraten treffen zu können und die Passgenauigkeit unserer Lösungen weiter zu verbessern“, heißt es auf der Website von Wasser 3.0. Weitere Forschungsprojekte beschäftigen sich zum Beispiel mit der Entfernung von Mikroplastik aus den Schlämmen oder erforschen das Verhalten von Mikroplastik in der Umwelt.

Quelle: UmweltDialog
 

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