Leben & Wohnen

Luxus ist für alle da!

Luxus ist nicht mehr länger nur etwas für die Elite. Immer mehr Menschen gönnen sich besondere Produkte als Ausgleich für den harten Alltag. Manches vormalige Luxusgut wird darüber hinaus gar nicht mehr als solches erkannt. Werfen Sie mit uns einen Blick auf einstmals edle Erzeugnisse und teure Hobbys, die sich immer mehr Menschen gönnen können.

19.01.2022

Luxus ist für alle da!

Die Schaumweinsteuer ließ die Preise purzeln

Champagner ist der Inbegriff des Luxusgetränks. Seit seiner „Erfindung“ im 17. Jahrhundert war der perlende Kehlenschmeichler vor allem in höchsten Kreisen beliebt. Endgültig als Nobelgetränk etablierte den „Schampus“ die Witwe Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, die in der napoleonischen Zeit ihre heute noch glänzende Marke „Veuve Cliquot“ in die Königshäuser exportierte. Ihr ehemaliger Prokurist Georg Christian Kessler ebnete dem Champagner wiederum mit der Gründung seiner eigenen Kelterei 1826 den Weg nach Deutschland. Erst nach dem Versailler Vertrag 1919 wurde deutscher Champagner übrigens auf Drängen Frankreichs in Sekt umbenannt.

Dass auch weniger Begüterte ihre Freude an Champagner haben können, ist nicht zuletzt den Prozessoptimierungen deutscher Sekthersteller zu verdanken. Sie schafften die aufwendige Flaschengärung ab und produzierten das Getränk nun günstiger in immer größeren Mengen in riesigen Tanks.

Als Treiber des Preisverfalls wirkte außerdem die 1902 eingeführte Schaumweinsteuer. Diese hat laut Verband Deutscher Sektkellereien „die Herstellung der billigsten Marken provoziert“ und den Champagner den oberen Klassen überlassen. Die noch heute existierende Steuer wurde übrigens 1933 kurzzeitig abgeschafft – mit der Auflage für den Sektverband, den Absatz über Werbeaktionen zu steigern. 1939 war die Steuerfreiheit aber schon wieder vorbei. Bis heute wird die Sektsteuer erhoben. Der Beliebtheit des perlenden Weins schadet das nicht. 2019 gaben die Deutschen laut Nielsen 1,25 Milliarden Euro für Schaumwein aus. Eine Flasche Sekt kostet durchschnittlich erschwingliche 3,86 Euro.

Neuwagen werden per Güterzügen transportiert.

Fahrender Luxus vom Fließband 

Das Auto – obwohl durchaus nicht billig – ist für viele Menschen unverzichtbar. 48 Millionen Personenkraftwagen waren laut Kraftfahrtbundesamt in Deutschland Anfang 2021 angemeldet. Zunächst waren Autos aber ein Spielzeug der Reichen. Nach dem ersten Motorwagen von Carl Benz 1886 sprachen Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach noch im gleichen Jahr mit einer luxuriösen Motorkutsche bereits die besseren Kreise an. Obwohl schnell viele Fabriken entstanden, blieben die Verkaufszahlen – außer bei den Nutzfahrzeugen – niedrig. Privatwagen leisteten sich nur Vermögende, die nicht mehr mit dem gleichen Zug fahren wollten wie die Passagiere der dritten Klasse, meint der Göttinger Historiker Manfred Grieger.

Die Autoindustrie startete schon ab der vorigen Jahrhundertwende PR-Aktionen, um die Nachfrage anzukurbeln. Den Durchbruch brachte aber erst die Fließbandfertigung. 1914 ließ Henry Ford in den USA den ersten Ford T vom Band laufen. Laut BR Wissen sank dadurch der Verkaufspreis von ursprünglich 850 auf 300 Dollar. So günstig wurde die „Tin Lizzy“ zum Verkaufsschlager. 15 Millionen Exemplare verkaufte Ford. Auch die anderen Autoproduzenten stellten ihre Fertigung um, und das Auto trat seinen Siegeszug an. Trotzdem dauerte es mehrere Jahrzehnte, bis der VW Käfer den Ford-Verkaufsrekord übertraf.

Luxusautos gibt es nach wie vor. Die meisten Premiumhersteller haben ihre Produktpalette nach oben erweitert. „Die teuersten Modelle kosten mittlerweile das Zehnfache der billigsten“, stellte Antonella Mei-Pochtler bereits 2003 im österreichischen Standard fest.

Bananenregal

Bananen: Fruchtfleisch gewordenes Wohlstandsversprechen

Bananen sind nach Äpfeln das zweitbeliebteste Obst in Deutschland. Dabei galt lange: In Westdeutschland sind Bananen allgegenwärtig, in der DDR hingegen selten verfügbarer Luxus. Die gelbe Frucht spielte deshalb eine besondere Rolle bei der deutschen Wiedervereinigung: „Die Banane wurde zum Fruchtfleisch gewordenen Wohlstandsversprechen, zur kapitalistischen Errungenschaft“, schreibt WELT.

Bis das Krummobst allerdings zum Grundnahrungsmittel wurde, für das der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer sogar den zollfreien Import bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durchsetzte, dauerte es bis in die 1960er-Jahre. Denn solange Bananen in ganzen Stauden auf Frachtschiffen aus süd- und mittelamerikanischen Ländern bis nach Europa transportiert wurden, kamen sie dort oft überreif und unverkäuflich an, berichtet der NDR. Entsprechend teuer waren sie.

Zum Durchbruch verhalf der Banane schließlich die Änderung der Transportlogistik. Die begehrten Vitaminbomben werden seitdem noch unreif unter Sauerstoffentzug in Kühlcontainer verladen – nicht mehr in ganzen Stauden, sondern jeweils einzeln liegend und vor Stößen geschützt in stabilen und gut stapelbaren Bananenkartons. Erst in den Ankunftsländern wird dann der Reifeprozess eingeleitet. Zur Freude der Verbraucher: Alle Deutschen essen durchschnittlich jedes Jahr etwa elf Kilogramm Bananen.

Kreuzschifffahrt

Die Zeit der Traumschiff-Seligkeit geht zu Ende

Was gibt es Schöneres als eine noble Kreuzfahrt über die Weltmeere mit Ausflügen zu den schönsten Stränden und dem opulenten Captain’s Dinner zum Abschluss? So erleben es zumindest immer noch rund 6,5 Millionen Menschen, wenn das ZDF „Das Traumschiff“ ausstrahlt.

Kreuzfahrten waren ursprünglich Lückenfüller, weiß Planet Wissen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts suchten Reeder nach einer Möglichkeit, ihre Transatlantik-Dampfschiffe auch im Winter auszulasten. Als Kreuzfahrt-Erfinder gilt der seinerzeitige Hapag-Direktor Albert Ballin. 1891 organisierte er eine zweimonatige Reise in den Orient für 241 solvente Lustreisende. Der Erfolg war so groß, dass sehr bald auch reguläre Kreuzfahrtschiffe der Luxusklasse gebaut wurden. Man denke nur an die Titanic.

Es waren die Reeder selbst, die ihre Schiffe für immer größere Kundenkreise öffneten. Sie waren auf der Ausschau nach neuen Einnahmequellen. Denn über den Atlantik wurde nun geflogen. Deswegen bauten sie größere Schiffe und boten Reisen an, die auch für die Mittelschicht bezahlbar waren. Immer wieder schickten im 20. Jahrhundert aber auch Diktaturen zum Beweis ihrer sozialen Gesinnung das „einfache Volk“ mit großen Kreuzfahrtschiffen auf Ferienreisen.

In den 1990er-Jahren ging mit den neuartigen „Klubschiffen“ dann der Kreuzfahrt-Boom los. Keine Spur mehr von Traumschiff-Seligkeit.

In den 1990er-Jahren ging mit den neuartigen „Klubschiffen“ dann der Kreuzfahrt-Boom los. Keine Spur mehr von Traumschiff-Seligkeit. Stattdessen reisten oft mehr als 6.000 Passagiere auf schwimmenden Vergnügungsparks zu den Traumzielen der Welt. Der Kreuzfahrtindustrieverband CLIA freute sich vor der Corona-Pandemie regelmäßig über jährliche Passagierzuwächse von mehr als zehn Prozent. Allein in Deutschland sollten demnach 2019 mehr als 2,5 Millionen Kunden auf Hochsee-Kreuzfahrt gehen.

Kleidung auf der Stange

Millennials ist besonders teure Mode oft schnuppe

Mode dient seit jeher der „sozialen Darstellung“, weiß der Luxusforscher Lambert Wiesing. Der Begriff kam aber erst im 15. Jahrhundert in Frankreich auf. Setzten früher Könige die modischen Maßstäbe, leistete dies später die Haute Couture, von der man laut Vogue seit 1858 spricht. Damals eröffnete der Brite Charles Frederick Worth in Paris sein erstes Modehaus und präsentierte seine neuen Kollektionen zwei Mal pro Jahr mit Modenschauen.

Die Spitzen-Schneider in Paris oder Mailand stehen allerdings seit jeher vor einer Herausforderung: Ihre Kreationen sind oft kaum tragbar. Käufer finden sich für die meist in Handarbeit gefertigten, sehr teuren Werke auch nicht immer. „Sich eine Haute-Couture-Kollektion zu leisten, ist für die meisten Häuser eine reine Prestigesache“, meint dann auch die FAZ. Deswegen führen die Top-Marken oft auch industriell gefertigte Kollektionen, die tragbarer und etwas günstiger sind. „Prêt à porter“und andere Designer-Mode ist aber immer noch teuer genug, damit solvente Kundschaft sich über ihren Erwerb mit diesem Luxus schmücken kann.

Spätestens ab den 2000er Jahren öffneten sich die Modedesigner aber noch stärker für breitere Kundenkreise. Nun entwarfen einige von ihnen Kollektionen für Konfektionshersteller. „Sie machen ihren Namen bekannt, sie verkaufen ihre Produkte an viel mehr Kunden, und sie verdienen Geld, das sie in ihre eigene Modelinie investieren können“, erläutert die FAZ.

Spätestens mit den Millennials und der Generation Z droht der Modewelt jetzt die endgültige Demokratisierung, prognostiziert das Portal „Fashion United“. Die Wahrnehmung von Luxus verändere sich. Demonstrativer Konsum spiele nicht mehr die Hauptrolle, stellt auch Vogue fest. Erwartet werde vielmehr eine besondere Nutzungserfahrung. Als Luxus gälten etwa „Marken, die maximalen Komfort zu niedrigsten Kosten bieten.“ Auch Werte wie Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und soziale Verantwortung würden wichtiger.

Golfspieler

Golf: erst verboten, dann königliches Hobby

Kaum ein Sport hat ein elitäreres Image als Golf. Es stehe im Verdacht, dass damit Manager und Unternehmer „auf dem grünen Rasen die Karriere in Schwung bringen“ wollen, meint berlin.de.
Dabei entstand Golf im „einfachen Volk“. Schottische Hirten spielten laut WDR ab dem 14. Jahrhundert ein ähnliches Spiel. Die Obrigkeit reagierte misstrauisch. 1497 verbot das schottische Parlament das Spiel, weil junge Leute darüber die kriegerische Ausbildung am Bogen vernachlässigten. 1502 wurde es aber bereits wieder erlaubt – wohl auch, weil der schottische König selbst gern golfte, meint das Golfmagazin. Kein Wunder, dass immer mehr Adelige dem royalen Vorbild nacheiferten.

Dass Golf lange Zeit elitär blieb, liegt nicht zuletzt an den hohen Preisen. Die Mitgliedschaft in einem Club kostet durchschnittlich immerhin 100 Euro pro Monat, merkt die Bayerische Staatszeitung an. Gleichwohl zählt der Deutsche Golf-Verband über 650.000 Mitglieder und 720 Club-Anlagen.

Trotzdem hat sich Golf mancherorts – etwa in Großbritannien und Irland – zum Volkssport ohne Club-Zwang entwickelt. „Überall gibt es öffentliche Parkanlagen mit Golfplatz, wo vom Taxifahrer bis zur Vorstandsvorsitzenden jeder hingeht, um für wenig Geld eine Runde zu spielen“, beobachtete ein – golfender – Redakteur der taz. Auch in Deutschland gibt es laut Vereinigung der clubfreien Golfspieler mittlerweile 404 öffentliche Anlagen.

Bisweilen braucht es nicht mal einen Golfplatz, weiß das Sport-Portal Spox. Zwei Hamburger Filmausstatter gründeten 1992 die „Natural Born Golfers“ und begannen in Stadtparks oder selbst auf Hotelfluren zu chippen und zu putten.

Dieser Artikel ist im Original im Magazin „UmweltDialog“ zum Thema „Luxus“ erschienen.

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Quelle: UmweltDialog
 

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