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Als ESG Manager muss man über den Tellerrand schauen

ESG-Experten werden händeringend gesucht. Aber welche Qualifikationen sollte man unbedingt mitbringen und was kann man auch später noch lernen? Im UmweltDialog-Interview weiß Philipp Killius, Partner und Head of Sustainability/ESG bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars, Rat.

06.09.2023

Als ESG Manager muss man über den Tellerrand schauen
Philipp Killius, Partner und Head of Sustainability/ESG bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars

Es war vermutlich nie spannender, Nachhaltigkeits-Manager zu sein. Und zugleich war es wohl kaum jemals herausfordernder – ob in wirtschaftlicher, rechtlicher oder in persönlicher Hinsicht. Welche persönlichen und fachlichen Qualifikationen muss man mitbringen?

Philipp Killius: Das Wichtigste ist, dass man losgelöst von fachlichen Qualifikationen eine Passion für nachhaltige Themenstellungen hat sowie die Überzeugung, etwas Gutes zu tun. Die Welt verändert sich sehr schnell. Es geht heute darum, ökologische, ökonomische und soziale Interessen in Gleichklang zu bringen. Außerdem muss man unheimlich flexibel und pragmatisch sein mit der Bereitschaft, jeden Tag Neues zu lernen. Ein guter Nachhaltigkeitsmanager blickt stets über den Tellerrand und versetzt sich empathisch in die Denkweisen und Gedanken anderer hinein..

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Was heißt das für die Praxis?

Killius: Sustainability ist eine interdisziplinäre Aufgabe, bei der verschiedenste Abteilungen und Fachrichtungen zusammenarbeiten – sei es Finance, Compliance, Strategie, Kommunikation oder auch Produktion und Einkauf. Man muss sich jeden Tag auf neue Situationen einstellen und ein Stück weit Übersetzungskünstler sein: Erklären, was regulatorische Vorgaben sind, wie sie in der Praxis umgesetzt werden, welche Akteure im Unternehmen eingebunden werden müssen, und mit wem man sich noch vernetzen sollte.

Das heißt auch, dass ein Nachhaltigkeitsmanager ein großes Maß an Sozialkompetenzen mitbringen muss. Denn Nachhaltigkeit im Unternehmen funktioniert nicht mehr so wie in der Vergangenheit, als ein Umweltbeauftragter im stillen Kämmerlein vor sich hingearbeitet hat ohne wirkliche Einbindung in betriebliche Entscheidungsprozesse.

… und wie ist es fachlich? Wieviel Expertise muss man mitbringen?

Killius: Fachliche Qualifikation im Bereich Sustainability ist ein gutes Fundament, um grundsätzliche Zusammenhänge im Bereich von Environment, Social und Governance zu erkennen. Detailwissen zu Berichtsrahmenwerken wie der Global Reporting Initiative (GRI), den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) oder der EU-Taxonomie sind wichtig. Natürlich ist es auch von Vorteil, eine gewisse Berufserfahrung zu haben, weil die Anforderungen durchaus hoch sind. Aber nichtsdestotrotz kann man sich viel Wissen auch „on the job“ aneignen.

Heute werden so viele Themen im Haus mit Nachhaltigkeit adressiert – vom klassischen Umweltmanagement bis hin zu Produktentwicklung und Finanzfragen. Das schafft einer alleine nicht mehr. Wie müssen Teams idealerweise zusammengestellt sein?

Killius: Das ist zwar ein abgedroschenes Buzzword, aber Diversität ist meiner Erfahrung nach der Schlüssel zum Erfolg. Idealerweise sollten es gemischte Teams mit Menschen sein, die unterschiedliche Hintergründe und fachliche Qualifikationen einbringen, seien es Wirtschaftswissenschaftler, seien es Kultur- und Sozialwissenschaftler oder aber Ingenieure, die technische oder umweltwissenschaftliche Kompetenzen einbringen. Es empfiehlt sich auch, einen guten Mix zu haben aus älteren und jungen Teammitgliedern, aus erfahrenen Kräften, die schon länger im Unternehmen gearbeitet haben und Souveränität ausstrahlen sowie jungen, hochmotivierten Persönlichkeiten, gern frisch von der Universität, weil diese neue Blickwinkel einbringen. So lassen sich auch die Sichtweisen der Generationen Y und Z mit denen der Generation Golf und der Babyboomer verbinden.

Im Rahmen der Entwicklung einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie oder der Durchführung von komplexen Projekten empfehlen wir außerdem, ein Nachhaltigkeitsgremium vorzuschalten. Darin sollten neben dem Vorstand auch Vertreter der relevanten Geschäftsbereiche sitzen, beispielsweise aus den Abteilungen Personal, Finanzen und Accounting sowie Strategie und Produktentwicklung. Auch die Bereiche Einkauf und gegebenenfalls IT sollten beteiligt sein, um die Aspekte nachhaltige Lieferketten sowie digitale ESG-Reportingsysteme einzubringen.

Große Unternehmen können sich große Stäbe leisten. Aber auch kleinere Unternehmen stehen unter Handlungsdruck. Was raten Sie bei begrenzten Zeit- und Personalressourcen?

Killius: Das ist ein valider Punkt und die Frage bekomme ich bei unseren mittelständischen Kunden häufig gestellt. Wir müssen überlegen, wie wir das Thema ressourceneffizient und pragmatisch angehen. Zunächst geht es darum, compliant zu sein, einen Überblick über bestehende Nachhaltigkeitsaktivitäten und vorhandene Daten zu erhalten. Die gute Nachricht ist, dass das Ganze eine langfristige Reise ist, auf der man sich erreichbare Zwischenziele setzen sollte. Das heißt, Nachhaltigkeit wird nicht von heute auf morgen in Unternehmen umgesetzt. Damit entwickeln sich auch die Verantwortlichkeiten und die Personen stetig weiter, die sich um dieses erfolgskritische Thema kümmern.

Deswegen ist es auch als Mittelständler wichtig, überhaupt erst einmal anzufangen. Zunächst einmal sollten Verantwortlichkeiten benannt werden. Die Person muss nicht einmal Vollzeit auf dieses Thema abgestellt sein. In der Praxis übernimmt meist ein*e Mitarbeiter*in aus dem Finanzbereich oder aus der Nähe der Geschäftsführung, die das als Zusatzaufgabe erhält. Auf Dauer geht das sicher nicht nebenher, aber in der Startphase kann eine Einzelperson das Projekt koordinieren.

Man sollte unbedingt bereit sein, sich Hilfe von außen zu holen. Hier kommen Dienstleister wie Mazars ins Spiel, die einem Unternehmen professionell Arbeit abnehmen und die Kompetenzen sowie Kapazitäten haben, um ESG-Projekte ganzheitlich zu steuern und erfolgreich voranzutreiben, sodass sich die unternehmensinternen ESG-Verantwortlichen auf die Koordination und die Abstimmung mit der Geschäftsführung konzentrieren können. Das ist entlastend, kostet aber natürlich trotzdem Geld. Es ist jedoch ein erfolgskritisches Investment, sowohl die eigenen Leute zu entwickeln als auch Beratung von außen zu holen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Im zweiten Teil des Interviews mit UmweltDialog spricht Philipp Killius über das Thema ESG Reporting und erklärt, was Unternehmen dabei auf dem Schirm haben sollten. 

Quelle: UmweltDialog
 

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