Produktion

Nachhaltigkeit in der Pharma- und Biotechnologiebranche

Die Nachhaltigkeits-Ratingagentur oekom research hat in ihrer aktuellen Branchenanalyse 76 börsennotierte beziehungsweise Anleihen emittierende Pharma- und Biotechnologieunternehmen nach ökologischen und sozialen Kriterien untersucht. Neuer Spitzenreiter mit der besten Gesamtwertung auf einer Notenskala von A+ (beste Note) bis D- ist der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) mit der Note B-.

26.08.2011

Foto: westpark/flickr-com
Foto: westpark/flickr-com
Den zweiten Platz errang das dänische Biotechunternehmen Novozymes, gefolgt von dem französischen Pharmakonzern Sanofi, dem vor zwei Jahren noch führenden Unternehmen. Beide erhielten ebenfalls die Gesamtnote B-. Die durchschnittliche Note aller analysierten Unternehmen liegt bei D+.

Die Pharmabranche lebt von Innovationen und Fortschritt. In den Laboren suchen die Forscher stetig nach neuen Wirkstoffen, die den Konzernen Wachstum und Erträge sichern. „Weniger innovationsfreudig zeigt sich die Branche, wenn es um Schlüsselthemen der Nachhaltigkeit geht, wie die Verbesserung der globalen medizinischen Versorgung, Marketing- und Vertriebspraktiken, die Transparenz der Forschung oder die Natur-Verantwortung“, erklärt Marlen Rürup, branchenverantwortliche Analystin bei oekom research. „Die Unternehmen reagieren eher, als dass sie agieren.“

So haben führende Pharmahersteller wie GSK und Novartis ihre Forschung zu tropischen Krankheiten wie Malaria und Tuberkulose verstärkt und zeigen damit globale Verantwortung. Viele Unternehmen versuchen, Medikamente durch Preisnachlässe, Aufbauhilfe für die lokale Gesundheitsinfrastruktur sowie Kooperationen mit Generikaherstellern zugänglich zu machen. Bereits zugelassene Medikamente sind aber oftmals nur begrenzt erhältlich. Zudem verzögert das zu lange Festhalten der Unternehmen an Patentrechten günstigere Preise. „Leider ist der Umfang der Erforschung von in Entwicklungsländern verbreiteten Krankheiten in Relation zu dem gesamten Produktportfolio häufig sehr gering“, sagt Rürup.

Auch die Marketing- und Vertriebsmethoden der Branche bleiben kontrovers: Negativ auf die Nachhaltigkeits-Performance wirken Werbeaussagen zu Medikamentenerfolgen für bislang nicht getestete Anwendungsgebiete, die Verharmlosung von Risiken und Nebenwirkungen, Zuwendungen an Ärzte, die sich beispielsweise als überhöhte Honorare für unnötige Beratungstätigkeiten tarnen, oder undurchsichtige Lobby-Aktivitäten. Selbstbeschränkungen der Konzerne bleiben regional begrenzt und keines der analysierten Unternehmen wendet freiwillig eigene weltweite Marketingstandards an.

Die Tendenz, Medikamente zunehmend in Entwicklungs- und Schwellenländern zu testen, birgt das Risiko, dass Probanden dort nicht ausreichend aufgeklärt und sicher sind. Für Studien werden oft besonders schutzbedürftige Gruppen herangezogen wie Kinder, Analphabeten oder Menschen in finanziellen Notlagen, die sich Zugang zu gesundheitlicher Versorgung versprechen. Die bewerteten Konzerne verpflichten sich diesbezüglich zwar zu hohen globalen ethischen Standards, äußern sich aber nicht zu konkreten Aktivitäten, wie sie diese Ansprüche auch in Ländern mit mangelnder staatlicher Kontrolle und Regulierung durchsetzen.

Viele Unternehmen sind bestrebt, ihren Wasserverbrauch zu senken und haben sich Sparziele gesetzt sowie entsprechende konzernübergreifende Programme entwickelt. So haben AstraZeneca und GSK vergleichsweise ehrgeizige „Wasserstrategien“ verabschiedet. Das lange bekannte Problem der Medikamentenrückstände, die sich auch im Trinkwasser nachweisen lassen, wird nach wie vor vernachlässigt. Die Maßnahmen mehrerer Firmen, durch den Einsatz spezieller Technologien Wirkstoffe im Abwasser zu zerstören, bleiben in der Regel auf einzelne Standorte beschränkt. Nur wenige Unternehmen veröffentlichen Grenzwerte für Rückstände.

Fazit ist, dass die Pharmabranche ihre Spielräume nutzen sollte, um den zukünftigen Herausforderungen der Nachhaltigkeit zu begegnen. Dazu zählen ein höheres und transparenteres Engagement zur Verbesserung des Zugangs zu Medikamenten, stärkere Selbstbeschränkungen bei den Vertriebs- und Marketingpraktiken sowie die Minimierung der Risiken, die mit den Medikamententests in Schwellenländern verbunden sind.
Quelle: UD / pm
 
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