Lieferkette

ESG-Stresstest: Wie resilient sind Ihre Lieferketten?

Klimawandel, Corona, Krisenherde – Lieferketten stehen immer öfter unter Stress. Dabei beruht unsere globalisierte Weltwirtschaft auf dem reibungslosen Zusammenspiel von komplexen, arbeitsteiligen Prozessen. Der ESG-Stresstest hilft, das gesamte Spektrum der Umwelt-, Sozial- und Governance-bezogenen Risiken zu verstehen und diese effektiver zu managen.

29.06.2021

ESG-Stresstest: Wie resilient sind Ihre Lieferketten?

Von Dr. Elmer Lenzen, Geschäftsführer, macondo publishing

Extreme Wetterereignisse, unsägliche Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen, der Einsatz gesundheitsgefährdender Substanzen, Verbandsklagen, Reputationsschäden et cetera – Nachhaltigkeit ist schon lange kein Nischenthema mehr. War es vor einigen Jahren nur eines unter vielen Punkten bei Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen, so beherrscht es immer öfter die Agenda. Wie real und global die Auswirkungen auf das Alltagsgeschäft sind, zeigt der jährliche Global Risks Report des Weltwirtschaftsforums in Davos.

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In einer globalisierten Welt mit hochkomplexen Produktionsebenen wird die Einhaltung dieser ESG-Kriterien für jedes Unternehmen immer anspruchsvoller und gleichzeitig kritischer: Je mehr Produktionsschritte und -prozesse in die Lieferketten verlagert werden, desto mehr werden Risiken ausgelagert. Digitalisierung und politische Unsicherheiten verschärfen diese Entwicklung.

Für europäische Unternehmen liegen die größten Risiken dabei in ihren vorgelagerten Wertschöpfungsketten. Kein Wunder, dass Gesetzgeber, Investoren, Konsumenten und Einkäufer in Unternehmen heutzutage verstärkt bei Lieferanten auf die Einhaltung von Umwelt-, Menschen- und Arbeitsrechten sowie auf Fragen der guten Unternehmensführung achten. Das deutsche Netzwerk des Global Compact (DGCN) leistet hier seit Jahren mit seinem Schulungs- und Qualifizierungsprogramm wichtige Hilfestellung.

In Szenarien denken!

Bisher ist vieles jedoch im Risiko- und Nachhaltigkeitsmanagement retrospektiv. Am deutlichsten wird das beim Nachhaltigkeitsbericht. Ist das Geschäftsjahr abgeschlossen, beginnt die Berichterstattung über die zurückliegende Phase. Das ist ein durchaus wichtiger analytischer Schritt, aber viele Entwicklungen der Gegenwart und der erwartbaren Zukunft werden viel zu wenig berücksichtigt geschweige denn bearbeitet.

Wir bei macondo publishing setzen in unserem Projekt „ESG Stresstest“ deshalb auf ein proaktives Verständnis von Nachhaltigkeitsreporting, bei dem wir von Szenarien ausgehen, entlang derer Handlungsvarianten und -empfehlungen erarbeitet werden können. Auch das Reporting der Kennzahlen wird aus unserer Sicht in Zukunft mithilfe von künstlicher Intelligenz und entsprechenden Algorithmen wesentlich genauer, vorhersagbarer und damit planbarer. Wir sind überzeugt: Künftig werden sich Nachhaltigkeitsberichte viel stärker in Richtung Echtzeit-Berichte und teilweise sogar „predictive reporting“ entwickeln.

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ESG-Stresstest

Das Arbeiten mit Szenarien hat im Nachhaltigkeitsbereich durchaus Tradition: So hat der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) mit seiner Vision 2050 bereits die Richtung aufgezeigt. Die Europäische Zentralbank wiederum hat mit dem sogenannten „Banken-Stresstest“ eine bewährte Methode vorgelegt. Der von macondo publishing entwickelte ESG-Stresstest verbindet beide Ansätze: Wir unterstützen regionale Regierungen oder Unternehmen mit globalen Lieferketten dabei, ihre hochkomplexen Lieferketten anhand von ESG-Kriterien zu testen und sie dadurch widerstandsfähiger zu machen. Richtwert sind die 17 Global Goals der UN.

Mithilfe von Expert*innen werden für die jeweiligen Regionen die relevanten Messdaten (KPIs) zunächst bestimmt und dann in drei mittelfristigen Szenarien bewertet. So gibt es für jeden Bereich mit Blick auf das Jahr 2030 ein best case-, ein median und ein worst case- Szenario. Die teilnehmenden Unternehmen der Lieferketten wiederum werden entlang der gleichen Messdaten getestet, die Ergebnisse werden konsolidiert und mit den Szenarien abgeglichen. So entsteht nicht ein Bild von der Lieferkette, sondern je nach Entwicklungspfad drei Visionen. Nachhaltigkeitsmanagement oder auch Entwicklungshilfe kann daran ganz gezielt ansetzen und passgenau Hilfen für den gewünschten Transformationspfad geben.

Der ESG-Stresstest ist deshalb eine praktische Antwort auf die Anforderungen des Pariser Klimaabkommens und der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Die technologische Architektur basiert auf der bewährten Software CSR-manager – einer umfassenden webbasierten Lösung für Nachhaltigkeits-, Klima- und Risikomanagement. Automatisierte Datenerfassung, Konsolidierung, Berichterstattung und Verwaltungsfunktionen machen die Offenlegung und das Controlling effizient, genau und intuitiv.

Weiteres Vorgehen

Derzeit wird ein erstes Pilotprojekt vor- bereitet. Interessierte Teilnehmer des DGCN sind darüber hinaus aber herzlich eingeladen, ihrerseits Vorschläge einzubringen. Je nach Region und Thema werden in weiteren Schritten dann passende Partner aus Zivilgesellschaft, Forschung, Politik und Verwaltung ein- gebunden, um konsistente Szenarien zu erarbeiten. Zugleich wird damit auch der technische Grundstein gelegt, um künftigen Berichtsanforderungen wie etwa Lieferkettengesetz oder den EU-Dekarbonisierungsvorgaben in TIER1 und Folgenden zu entsprechen.

Dieser Artikel ist im Original im Jahrbuch „Global Compact Deutschland 2020“ zum Thema „20 Jahre UN Global Compact“ erschienen.

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Quelle: UmweltDialog
 

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