Circular Economy

Abfallwirtschaft als Schlüssel zum Ressourcen- und Klimaschutz

Die deutsche Kreislaufwirtschaft hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, aber wie steht es wirklich um sie im Jahr 2024? Der Bericht über den aktuellen Stand der deutschen Kreislaufwirtschaft wirft nun zum dritten Mal nach 2018 und 2020 einen Blick auf die Lage dieser Branche in Deutschland.

09.02.2024

Abfallwirtschaft als Schlüssel zum Ressourcen- und Klimaschutz
Kunststoffgranulat in einer Recyclinganlage

Seit der Erstveröffentlichung im Mai 2018 sind fast sechs Jahre vergangen. In dieser Zeit haben zwei Ereignisse in Deutschland zu einer veränderten Perspektive auf die Abfallwirtschaft geführt: Zuerst die Corona-Krise, welche nicht nur die Fähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Branche unter Beweis gestellt hat, sondern auch ihre Bedeutung für das reibungslose Funktionieren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Im Zusammenhang damit ist seit Anfang 2020 auch das Image der Abfallentsorgung sowie ihrer Mitarbeiter:innen deutlich angestiegen innerhalb der Bevölkerung.

Im Rahmen des Angriffskriegs auf die Ukraine hat sich die deutsche Abhängigkeit von von Energie- und Rohstoffimporten verdeutlicht. Es zeigte sich, dass Störungen in den Lieferketten schnell zu Versorgungsproblemen führen können. Die Abfallwirtschaft hat die Möglichkeit, sowohl durch das Recycling von Rohstoffen als auch durch die energetische Verwertung wichtige Beiträge zur Verringerung dieser Abhängigkeiten zu leisten.

Müllsack

Abfallaufkommen

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland insgesamt etwa 410 Millionen Tonnen Abfälle aus dem Inland entsorgt, was einer geringfügigen Steigerung gegenüber den 409 Millionen Tonnen im Jahr 2017 entspricht. In ungefähr 14.300 Abfallbehandlungsanlagen wurde die Entsorgung vorgenommen. Mit 220 Millionen Tonnen machten Bau- und Abbruchabfälle (53 Prozent) den größten Teil der Inlandsabfälle aus. Bezogen auf die Gesamtmenge ergibt dies eine Durchschnittsmenge von circa fünf Tonnen Abfall pro Einwohner und Jahr in Deutschland.

In privaten Haushalten wurden im Jahr 2021  etwa 40 Millionen Tonnen Abfall produziert, im Vergleich zu 38 Millionen Tonnen im Jahr 2017. Das entspricht einem Durchschnitt von ungefähr 484 Kilogramm pro Einwohner. Diese Haushalten lassen sich in folgende Hauptkategorien unterteilen:

  • 13,3 Millionen Tonnen Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (159 Kilogramm je Einwohner)
  • 3,1 Millionen Tonnen Sperrmüll (37 Kilogramm je Einwohner)
  • 11,2 Millionen Tonnen getrennt erfasste Bio- und Grünabfälle (134 Kilogramm je Einwohner) sowie
  • 12,5 Millionen Tonnen getrennt erfasste Wertstoffe wie Papier, Pappe und Kartonagen, Glas, Leichtverpackungen, Metalle, Altholz, Textilien und sonstige Wertstoffe (150 Kilogramm je Einwohner)
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Die Abfälle aus Haushalten sind gegenüber 2017 um 22 Kilogramm pro Einwohner gestiegen. Grund dafür ist hauptsächlich ein höheres Sperrmüllaufkommen sowie die  vermehrte Getrennterfassung von Bio- und Grünabfällen.

Wirtschaftliche Relevanz

Die Kreislaufwirtschaft bleibt eine aufstrebende Branche. Die steigenden Anforderungen an die stoffliche und energetische Verwertung, strengere Standards für die Produktion von Sekundärrohstoffen und damit einhergehende technische Innovationen führen zu positiven Entwicklungen bei den wesentlichen wirtschaftlichen Indikatoren: Im Jahr 2021 erzielte die Kreislaufwirtschaft einen Umsatz von etwa 105 Milliarden Euro (plus 47 Prozent im Vergleich zu 2010) und beschäftigte rund 310.000 Arbeitnehmer (plus elf Prozent im Vergleich zu 2010). Aktuell sind bundesweit fast genauso viele Menschen in der Kreislaufwirtschaft tätig wie in der Energiewirtschaft und fast viermal so viele wie in der Wasser- und Abwasserbranche. Die wachsende Anzahl innovativer Start-ups in der Recyclingbranche verdeutlicht die fachliche Attraktivität dieser Industrie. Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche für Deutschland spiegelt sich in ihrer Bruttowertschöpfung von circa 32,7 Milliarden Euro im Jahr 2021 wider, was eine Steigerung von 41 Prozent gegenüber dem Jahr 2010 ausmacht.

Herausforderungen bei der Akzeptanz der Kreislaufwirtschaft

Müllwerker:innen, die für das Sammeln und Transportieren von Abfällen zuständig sind, genießen in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Das haben Umfragen und Reaktionen von Bürgerinnen und Bürger während der Coronakrise verdeutlicht. Laut einer Studie des Deutschen Beamtenbundes aus dem Jahr 2022 belegen sie den siebten Platz im Ranking der angesehensten Berufsgruppen. Das kann auch damit zusammenhängen, dass die Mülltrennung zu den wichtigsten Maßnahmen zählt, die deutsche Haushalte nach eigener Einschätzung zum Umweltschutz beitragen können. Demnach hat auch das Recycling von Abfällen einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung.

Geht es um die Infrastruktur, die für eine funktionsfähige Kreislaufwirtschaft unabdingbar ist, besteht seitens der Bürger:innen jedoch weniger Akzeptanz. Das schließt Sortier- und Aufbereitungsanlagen genauso ein wie thermische Abfallbehandlungsanlagen oder Deponien. Die steigenden Herausforderungen an die Kreislaufwirtschaft können ohne Weiterentwicklung dieser Anlagen aber nicht bewältigt werden. Daher ist ein Umdenken sowohl auf privater als auch auf kommunaler-, landes- und bundespolitischer Ebene erforderlich.

Arbeitsplätze

Die Kreislaufwirtschaft generiert aktuell rund 310.00 Arbeitsplätze in Deutschland – Tendenz steigend. Damit schafft sie ein hohes Maß an Arbeitsnachfrage im Bereich der Umweltwirtschaft. Diese Arbeitsplätze sind nicht nur systemrelevant und sicher, die fortschreitende Technologisierung und Digitalisierung macht sie auch immer anspruchsvoller und vielseitiger. Auch Menschen ohne Berufsqualifikation können in der Kreislaufwirtschaft Fuß fassen. Sowohl die Unternehmen als auch die Verbände der Kreislaufwirtschaft bieten Beschäftigten zudem umfangreiche Möglichkeiten zur Weiterbildung. Die Strukturen entwickeln sich ständig weiter: Zu den „klassichen“ Unternehmen kommen im Vergleich zu anderen technisch orientierten Branchen überdurchschnittlich viele Start-ups, besonders im Bereich der Digitalisierung hinzu. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, erfordert es dennoch gemeinsame Anstrengungen von Seiten aller Beteiligten. Nur so kann sich die Entwicklung der deutschen Kreislaufwirtschaft uneingeschränkt fortsetzen.

Entsorgungskosten

Durch hohe Standards in der Abfallaufbereitung und im Rohstoffkreislauf ist das Leistungsspektrum der Kreislaufwirtschaft sehr umfassend. Die Kosten für die Abfallbeseitigung in privaten Haushalten liegen mit circa 70 bis 120 Euro pro Einwohner und Jahr deutlich unter den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger. Nach Umfragen des INFA schätzen sie die kommunalen Abfallgebühren bis zu fünfmal höher ein, als sie tatsächlich sind.

Die kommunalen Abfallgebühren decken die Sammlung, den Transport und die umweltgerechte Entsorgung von Restmüll, Sperrmüll sowie die Verwertung von Bioabfällen und Papier ab. Die Kosten für die Verwertung von Verpackungsabfällen (Gelber Sack oder Gelbe Tonne) werden über Lizenzentgelte finanziert, die die Hersteller für jede Verpackung an Duale Systeme zahlen müssen. Diese Gebühren sind bereits im Kaufpreis des Produkts beziehungsweise der Verpackung enthalten. Zusätzlich zu den Abfallgebühren entstehen Bürger:innen weitere Kosten in Höhe von etwa 17,4 Euro pro Jahr beziehungsweise knapp 1,5 Euro pro Monat und Einwohner.

Handyrecycling

Rohstoffe

Voraussetzung für die Fertigung von Produkten und die Erbringung von Dienstleistungen im Energiesektor sind natürliche Ressourcen. Viele dieser Rohstoffe stehen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Ihr Schutz ist daher sowohl für zukünftige Generationen als auch für uns von großer Bedeutung. Die derzeitigen Preise spiegeln weder die zukünftige Rohstoffverknappung noch die Umweltauswirkungen des Rohstoffabbaus wider, sodass Anreize zum sparsamen Umgang mit Primärressourcen fehlen. Ziel sollte daher sein, den Verbrauch dieser Ressourcen drastisch zu reduzieren und vom Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Eine intensivierte Kreislaufwirtschaft kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

Ein wichtiger Indikator zur Bewertung der des Rohstoffrecyclings ist die Zirkularitätsrate (Circular material use rate, kurz CMU). Sie gibt an, wie viel Sekundärrohstoffe im Verhältnis zum Gesamtrohstoffeinsatz eingesetzt werden. In Deutschland ist die CMU in den letzten Jahren nahezu konstant geblieben. In Deutschland lag sie 2021 bei 12,7 Prozent und übertraf damit den europäischen Durchschnitt von 11,7 Prozent. Spitzenreiter in Europa sind aktuell die Niederlande mit einer fast dreimal so hohen Kreislaufquote von 33,8 Prozent.

Kreislaufwirtschaft fördert Klimaschutz

Laut nationalem Treibhausgasinventar sind die Emissionen aus der Abfallwirtschaft seit 1990 um 75 Prozent von 38 Millionen Tonnen CO2e auf nur noch 4,3 Millionen Tonnen CO2e im Jahr 2022 gesunken. Dies wurde primär durch die Schließung von Deponien für unbehandelte Siedlungsabfälle im Jahr 2005 erreicht. Auch weitere Maßnahmen in der Abfallwirtschaft tragen zusätzlich zum Klimaschutz bei: Allein durch Recycling und den Einsatz von Sekundärrohstoffen werden jährlich weitere 60 Millionen Tonnen CO2e vermieden. Im Hinblick auf den Klimaschutz sind Sekundärrohstoffe Primärrohstoffen  generell vorzuziehen, da sie mit einem geringeren Energieaufwand produziert werden können.

Durch die Steigerung der Energieeffizienz, die Substitution von Primärenergieträgern und die Nutzung erneuerbarer Energien wie Sonne und Wind in Abfallverwertungsanlagen leistet die Kreislaufwirtschaft nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Sie trägt auch dazu bei, die Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren. Gleichzeitig bewirken zahlreiche Investitionen in die technische und organisatorische Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft eine Verringerung oder gar Vermeidung von Treibhausgasemissionen.

Zum Statusbericht gelangen Sie hier.

Quelle: UD/pm
 

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