Circular Economy

Mit Normen zum Kreislauf

Die deutsche Wirtschaft muss nachhaltiger, zirkulärer und damit widerstandsfähiger werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Normung leistet dazu einen wichtigen Beitrag.

08.08.2023

Mit Normen zum Kreislauf

Von Alexandra Engelt, Leiterin Strategische Entwicklung Circular Economy bei DIN

Gesellschaft und Wirtschaft stehen vor zahlreichen Herausforderungen: Ressourcen werden knapper, Lieferketten fragiler – und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen wird zunehmend riskant. In diesem Zusammenhang lautet das Stichwort „grüne Transformation“, die Wirtschaft hin zu einer Circular Economy umzugestalten: Ziel ist es, Materialien in allen Sektoren so lange und häufig wie möglich nutzen und natürliche Ressourcen idealerweise in Kreisläufen führen, ohne neue zu verbrauchen. Nach diesen zirkulären Prinzipien richten sich dann neue Produkte und Geschäftsmodelle aus.

Wie wichtig der grüne Wandel ist, steht ebenso für andere Nationen außer Frage: Die USA investieren mit ihrem Inflation Reduction Act derzeit massiv in diesen Bereich. China setzt seinen Fokus ebenfalls stärker auf grüne Zukunftstechnologien. Dies ist zwar eine Herausforderung für Europa, nichtsdestotrotz hat die EU dank ihrer leistungsstarken Industrie eine gute Ausgangsposition für den internationalen Wettbewerb. Zudem gibt sie mit dem European Green Deal und dem Europäischen Klimagesetz die Richtung für eine zirkuläre Wirtschaft und eine CO2-neutrale Produktion vor. Um das Realität werden zu lassen, sind neue und überarbeitete Normen und Standards als Schlüssel und Grundlage für die Circular Economy erforderlich.

Normen und Standards tragen gleich an mehreren Stellen zu einer Circular Economy bei: So legen sie etwa Anforderungen an recyclingfähige Produkte und eindeutige Materialklassifizierungen für Hersteller und Recycler fest. Zudem sind sie wichtig für digitale Prozesse: Um Rohstoffe und Produkte im Kreis führen zu können, müssen zugehörige Informationen zwischen den Marktakteuren ausgetauscht werden. Das lässt sich nur digital effizient bewerkstelligen – und für eine klare Kommunikation legen Normen die Terminologien und Schnittstellen fest. Darüber hinaus machen Normen und Standards transparent, wie nachhaltig ein Produkt oder eine Dienstleistung ist. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass zirkuläre Angebote zum wirtschaftlichen Erfolgsmodell werden und es eine breite gesellschaftliche Akzeptanz zirkulärer Produkte und Geschäftsmodelle gibt.

Veröffentlichung der Normungsroadmap Circular Economy am 19. Januar 2023. Zu sehen sind (v.l.n.r.): Dieter Westerkamp, VDI-Direktor und geschäftsführendes Präsidiumsmitglied (interim), Christoph Winterhalter, Vorsitzender des Vorstandes (CEO) von DIN, Christiane Rohleder, Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), und Florian Spiteller, Bereichsleiter External Relations & Support bei der DKE.
Veröffentlichung der Normungsroadmap Circular Economy am 19. Januar 2023. Zu sehen sind (v.l.n.r.): Dieter Westerkamp, VDI-Direktor und geschäftsführendes Präsidiumsmitglied (interim), Christoph Winterhalter, Vorsitzender des Vorstandes (CEO) von DIN, Christiane Rohleder, Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), und Florian Spiteller, Bereichsleiter External Relations & Support bei der DKE.

Fahrplan für die Circular Economy

Es gilt, diesen digitalen und grünen Wandel mitzugestalten. Deshalb hat das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) das Thema Circular Economy früh auf die Agenda gesetzt. Zu klären waren anfänglich grundsätzliche Fragen wie: Welche Normen und Standards gibt es bereits in diesem Bereich? Vor welchen Herausforderungen stehen die Akteure der Circular Economy? Und welche Regelungen können dabei unterstützen, diesen Herausforderungen zu begegnen? Um das beantworten zu können, haben DIN, DKE und VDI die Normungsroadmap Circular Economy auf den Weg gebracht. Die Roadmap beschreibt, welche Normen und Standards im Bereich Circular Economy schon vorliegen und zeigt zugleich auf, wo noch Handlungsbedarf besteht. Das Dokument mit gut 250 Seiten haben 550 Fachpersonen aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft gemeinsam erarbeitet.

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In Schwerpunkt- und Querschnittsthemen aufgeteilt

Die Normungsroadmap Circular Economy ist in sieben Schwerpunktthemen unterteilt, die sich an den Fokusthemen des Circular Economy Action Plans der EU orientieren: Digitalisierung/Geschäftsmodelle/Management, Elektrotechnik & IKT, Batterien, Verpackungen, Kunststoffe, Textilien sowie Bauwerke & Kommunen. Zudem wurden im Rahmen der Diskussionen in den Arbeitsgruppen die fünf Querschnittsthemen Nachhaltigkeitsbewertung, Lebensdauerverlängerung, Digitaler Produktpass (DPP), End of Waste (EoW) sowie Recyclingfähigkeit identifiziert und übergreifend diskutiert.

Ein Beispiel zum Schwerpunkt Kunststoffe: Hier haben die Autorinnen und Autoren der Roadmap unter anderem Normungsbedarf bei den Prozessen ermittelt, die dem Recycling vorgelagert sind – dabei steht im Fokus, wie sich die Qualität der eingehenden Materialien bewerten lässt. Ein weiteres Beispiel: Beim Schwerpunktthema Verpackungen thematisiert die Normungsroadmap unterschiedliche Ansätze, vom Verpackungsdesign über zirkuläre Infrastrukturen für Sortierung und Verwertung bis hin zur Konformität von Rezyklaten. Hier zeigte sich auch, dass Normen für den Mehrwegbereich fehlen, die den Einsatz solcher Konzepte in der Praxis unterstützen. Ein weiterer Fokus der Roadmap liegt auf einheitlichen Methodiken, Metriken und Grenzwerten, um die Recyclingfähigkeit von Verpackungen zu bewerten. Dass in einer zirkulären Wirtschaft langlebige Produkte eine größere Rolle spielen, ist wiederum eines der Themen beim Schwerpunkt Textilien. Doch bisher gibt es keine Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit ein Produkt als langlebig angesehen werden kann. Normung kann auch an dieser Stelle einen Beitrag leisten.

Normungsbedarfe umsetzen

Die genannten Beispiele zeigen nur stellvertretend, inwiefern Normen und Standards eine Rolle spielen, wenn es um die Etablierung einer Circular Economy geht. Mehr als 220 Normungsbedarfe wurden innerhalb der sieben Schwerpunktthemen identifiziert. Es gilt nun, diese Lücken zügig zu schließen und die Empfehlungen der Normungsroadmap umzusetzen. Aktuell werden die Normungsbedarfe daher in den relevanten Ausschüssen und Gremien von DIN, DKE und VDI auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene diskutiert.

Die Umsetzung gelingt nur mit vielen interessierten Akteuren, die den Übergang von der linearen zur zirkulären Wirtschaft aktiv mitgestalten und die grüne Transformation gemeinsam verwirklichen wollen. Interessierte Fachleute können sich auf der Kollaborationsplattform DIN.ONE jederzeit über den aktuellen Stand der Umsetzung, über aktuelle Normungsaktivitäten im Kontext der Circular Economy sowie über konkrete Mitwirkungsmöglichkeiten informieren. Weitere Informationen zu Normung und Standardisierung gibt es auch unter din.de.

Alexandra Engelt, Leiterin Strategische Entwicklung Circular Economy bei DIN
Alexandra Engelt, Leiterin Strategische Entwicklung Circular Economy bei DIN

Über die Autorin

Alexandra Engelt ist seit mehr als zwölf Jahren bei DIN in verschiedenen Bereichen der strategischen Unternehmensausrichtung tätig. Im Rahmen nationaler und europäischer Forschungs- und Innovationsförderung hat sie die Erschließung neuer Normungs- und Standardisierungsthemen vorangetrieben in Themenfeldern wie Circular Economy, Energiewende und Künstlicher Intelligenz. Alexandra Engelt studierte Verpackungstechnik sowie Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement

„Normen im Bereich Circular Economy bieten großes Potenzial für Unternehmen, die sich zirkulärer aufstellen wollen. Ich finde es sehr spannend, dass wir bei DIN an Themen arbeiten, die den Markt künftig prägen werden.“

Über das DIN

  • Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) ist die unabhängige Plattform für Normung und Standardisierung in Deutschland und weltweit
  • Rund 36.500 Expert:innen aus Wirtschaft und Forschung, von Verbraucherseite und der öffentlichen Hand bringen ihr Fachwissen in den Normungsprozess ein
  • DIN steuert den Normungsprozess als privatwirtschaftlich organisierte, neutrale Plattform
  • Aktuell bilden rund 33.500 Normen das Deutsche Normenwerk
  • DIN vertritt die deutschen Interessen in der europäischen Normung bei CEN (Europäisches Komitee für Normung) und in der internationalen Normung bei ISO (Internationale Organisation für Normung)

Über die Normungsroadmap Circular Economy

  • Die Normungsroadmap Circular Economy wurde im Januar 2023 veröffentlicht
  • DIN, die vom VDE getragene DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE) sowie der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) haben das Projekt orchestriert
  • 550 Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft haben die Inhalte der Normungsroadmap erarbeitet
  • Die Roadmap beschreibt, vor welchen Herausforderungen im Bereich der Circular Economy die Branchen stehen und welche Normen und Standards benötigt werden, um diesen zu begegnen
  • Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert
Quelle: UD
 

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