Lebensmittel

Ökonomen bestätigen: Steuersenkung bremst Teuerungsrate

Die Mehrwertsteuersenkung kommt bei den Verbrauchern an: Die Preise in Deutschland sind bei vielen Produkten merklich gesunken. Seit Beginn der Corona-Krise Mitte Februar beobachten Wirtschaftswissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart die Entwicklung der Lebensmittelpreise.

31.08.2020

Ökonomen bestätigen: Steuersenkung bremst Teuerungsrate
Jan Swiatkowski (links) und Marius Puke von der Universität Hohenheim. Beide kritisieren, dass der statistische Warenkorb dem veränderten Konsumverhalten während Corona-Zeiten nicht mehr gerecht wird - weshalb Inflationsgefahr höhter liegt, als durch den statistischen Warenkorb abgebildet.

Seit Anfang Februar 2020 beobachten Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim die Preisentwicklung auf den Internet-Seiten von großen europäischen Supermarktketten. Ihr Fazit: Nach einem deutlichen Anstieg bis Mitte Mai sind nun die Preise in Deutschland merklich gesunken. Für die deutschen Produkte wird die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung weitgehend vom Handel an die Verbraucher weitergegeben.

Vor allem Obst und Gemüse sind Preistreiber bei Lebensmitteln, zeigt der „Chilli-con-Carne-Index“.
Vor allem Obst und Gemüse sind Preistreiber bei Lebensmitteln, zeigt der „Chilli-con-Carne-Index“.

Rückläufige gefühlte Inflation

Um die Entwicklung besser zu veranschaulichen, haben Jan Swiatkowski und Marius Puke aus dem Team von Prof. Dr. Hans-Peter Burghof den „Chili-con-Carne-Index“ entwickelt. Sie stellten einen Warenkorb mit rund 70 Produkte zusammen, die für die Herstellung dieses bei Studierenden besonders beliebten Gerichts verwendet werden können.

Als Maß für die vom Verbraucher gefühlte Inflation erreichte dieser „Chili-con-Carne-Index“ im Mai mit einer Preissteigerung von 7,5 Prozent einen Spitzenwert. Aktuell hat sich der Preisanstieg seit dem Krisenbeginn auf knapp drei Prozent reduziert. Vor allem bei saisonalem Gemüse, wie beispielsweise Tomaten, fiel das Preisniveau auf den Stand vom Februar zurück.

Preisanpassung nicht nur im Supermarkt, sondern auch im Baumarkt

Neu in ihre Analyse aufgenommen haben sie die Preisentwicklung bei einer deutschen Baumarktkette: Blieben die Preise im Juni noch stabil oder fielen bei rund zehn Prozent der Artikel sogar höher als im Vormonat aus, waren nach der Steuersenkung über 95 Prozent der Produkte günstiger zu haben. Die Preise einer Stichprobe aus 1.500 Produkten reduzierten sich infolge der Steuersenkung um circa 2,5 Prozent. Dabei erfolgte die Preisanpassung mit einer gewissen Verzögerung.

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Schneller reagierte eine deutsche Supermarktkette. Hier fielen die Preise bereits in den Tagen direkt nach der Steuersenkung. Allerdings betrug die Preis-Anpassung nur etwas weniger als zwei Prozent  ‒ passend zum reduzierten Mehrwertsteuersatz für die meisten Lebensmittel. Über dreiviertel der Preise wurden nach unten angepasst, die übrigen Produkte blieben gleich teuer oder wurden sogar teilweise teurer.

Ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit, ziehen die Forscher daraus den Schluss, dass sich zumindest für die beiden betrachteten Unternehmensgruppen die durchschnittlichen Preissenkungen an der Höhe der Steuerentlastung zu orientieren scheinen.

Künstliche Deflation

Deflationäre Effekte, die auch in den aktuellen Veröffentlichungen der staatlichen Institutionen zu sehen sind, seien allerdings mitunter durch die Mehrwertsteuersenkung künstlich herbeigeführt worden, geben sie zu bedenken.

Zudem zeigen die Menschen durch die Corona-Krise nach wie vor ein verändertes Konsumverhalten, das nicht vollständig durch den statistischen Warenkorb der Europäischen Zentralbank (EZB) abgebildet wird. Die Forscher vermuten deswegen, dass die von der EZB ermittelte Inflationsrate immer noch von der tatsächlichen abweichen könnte.

Abzuwarten bliebe auch, ob sich der Preisanstieg bei den Lebensmitteln wiederhole, falls neue Corona-bedingte Maßnahmen notwendig würden, und ob die geplante Rückkehr der Mehrwertsteuer auf das alte Niveau zum Beginn des kommenden Jahres die gefühlte Inflation wieder steigen lasse.

Weitere Ergebnisse und Experten zum Thema Corona-Krise und ihre Folgen finden Sie hier.

Quelle: UD/pm
 

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