Berggorillas als Tourismusbotschafter
Wer nach Uganda reist, kommt an den Berggorillas nicht vorbei. Sie sind quasi das Aushängeschild und die Botschafter des gesamten Tourismusgeschehens in dem ostafrikanischen Land, das etwa eine Million Touristen pro Jahr zählt. Die Beliebtheit des Landes hat in den vergangenen Jahren signifikant zugenommen, vor allem da sich die Sicherheitslage sehr verbessert hat und die Gastfreundschaft außerordentlich positiv wahrgenommen wird. Das lockt auch zunehmend internationale Investoren an, die hier auf vielfältige Betätigungsfelder setzen.
29.07.2016
Fast der gesamte Bestand an Berggorillas weltweit ist in Uganda heimisch, etwa 600 Tiere, davon leben 400 in mehreren Gruppen - zum Teil habituiert - im Bwindi Impenetrable National Park. Weitere 200 sind in Ruanda und im Kongo ansässig. Das ist in absoluten Zahlen zwar wenig, dennoch ist ihre Bedeutung für den gesamten Natur- und Umweltschutz Ostafrikas nicht hoch genug einzuschätzen. Eine internationale Aufklärungskampagne in den vergangenen 25 Jahren hat dazu beigetragen, dass ihr Überleben sicherer und die Notwendigkeit von Nationalparks für die touristische Entwicklung klar geworden ist. Zuvor, bis 1991, wurden sie sogar noch gejagt, etwa in der Region Bwindi von dort lebenden Batwa-Jägern, einer Pygmäen-Art, die inzwischen zwangsweise aus dem Bergwald abgesiedelt wurden.
Tourismus als Entwicklungshilfe
Der Nationalpark in Bwindi hat eine Fläche von 331 Quadratkilometern und liegt am Rande von Tee- und Kaffeefeldern sowie Bananenplantagen in einem Gebiet, das von 1.160 bis auf 2.600 Meter Seehöhe reicht. Die Vegetation besteht hier aus dichten Berg- und Regenwäldern mit undurchdringlichem Unterwuchs, auch Sumpf- und Feuchtgebiete sind Bestandteil des Parks, dessen Naturschutzmanagement unabhängig von staatlichen Behörden erfolgt. Dabei werden auch die Interessen der lokalen Bevölkerung berücksichtigt, denn auf dem Park lastet ein erheblicher Siedlungsdruck. Die relativ hohen Besuchergebühren etwa fließen direkt in den Bau von Straßen und Schulen.
Aktuell können zwölf habituierte Gorillagruppen mit jeweils zehn bis 18 Mitgliedern besucht werden, pressetext besuchte die Gruppe Rushegura. Auf dem Weg zu einem Gorillaverband wird man intensiv aufgeklärt und vorbereitet, dann marschiert man bis zu fünf Stunden durch steiles Berggelände, über Stock und Stein, Sumpf und Waldgebiet - für ältere Besucher nicht ganz einfach. Sobald man auf die habituierten (an Menschen gewöhnten) Gorillas trifft, ist man überrascht, wie wenig Notiz sie von ihrem Gegenüber nehmen. Die Tiere lassen sich nicht stören, solange man sich mit Fotografieren und Beobachten begnügt. Steht ein Besucher allerdings im Weg, wird er gnadenlos per Bodycheck auf die Seite "geräumt". Bis zu 200 Kilogramm bringt ein "Silberrücken" auf die Wage.
Pro Gorillagruppe sind täglich nur acht Besucher für eine Stunde zugelassen. Sie werden von einem speziell ausgebildeten Ranger-Guide und zwei bewaffneten Sicherheitsleuten begleitet, für den Fall unvorhersehbarer Ereignisse. Die Vorhut machen mehrere Scouts, die bereits am frühen Morgen aufbrechen, um die Gorillas zu lokalisieren. Ist das Ziel erreicht, sorgen sie dafür, dass das Blätterwerk und Dickicht unter Zuhilfenahme von Macheten ein wenig gelichtet wird. Die Permits werden bereits vorab nach der Reihe der Anmeldung vergeben, Gorilla-Trackings müssen einige Tage oder besser Wochen zuvor angemeldet werden, da sie eben zahlenmäßig sehr limitiert sind.
Pygmäen als große Verlierer
Während die Gorillas alle Aufmerksamkeit der Nationalparkbesucher auf sich ziehen, geht das Schicksal des Batwa-Volks in der Region nahezu unter. Diese Pygmäen-Art wurde 1991 zum Schutz des Regenwaldes, der Gorillas und Waldelefanten zwangsweise ausgesiedelt - unter der Zusage der Behörden, für ihre Behausung, Schulausbildung und Weiterentwicklung zu sorgen. Sie bekamen zwar Grund und Boden zum Leben - zumeist außerhalb der Dörfer, doch die Realität ist eine andere geworden. Es ist der Ausverkauf einer sterbenden Kultur.
Während die "Waldmenschen" zuvor als Nomaden, Jäger und Sammler im Regenwald lebten, abgeschieden von jeder Zivilisation, dürfen sie heute nicht einmal mehr jagen, leben als Landlose und Tagelöhner in deprimierenden Verhältnissen, winzigen Hütten zwischen den Feldern der Bauern oder in Elendsvierteln außerhalb der Dörfer und müssen mit Haftstrafen rechnen, wenn sie unerlaubt den Nationalpark betreten. Mit Touristen dürfen sie dann wieder hinein, wenn sie etwa auf dem Batwa Trail zeigen, wie sie gejagt und gelebt haben, in Hütten aus Blättern und Zweigen, und am Ende der Wanderung artig Tänze aufführen.
Etwa 8.000 Batwa leben in der Region Bwindi, 500 davon im Eingangsbereich zum Nationalpark. Sie sind bedroht durch die fortschreitende Umgestaltung und Zerstörung der Regenwälder, ihres traditionellen Lebensraums. Vielerorts versucht man, sie in die moderne Gesellschaft zu integrieren. Oft aber mit zweifelhaftem Erfolg. Die Integration besteht darin, sie in die gleichen Schulen zu stecken, sie als billige Arbeitskräfte zu missbrauchen oder als Empfänger von unverdienten Sozialleistungen hinzustellen, ihnen versprochene Rechte vorzuenthalten und schließlich im perfiden Vorwurf, sich im weitverbreiteten Alkoholrausch mit der übrigen Bevölkerung zu vermischen.