Plastik & Müll

Einzelhandelslobby tütet „Selbstverpflichtung“ ein

Barbara Hendricks hat auf eine gesetzliche Regelung bei Plastiktüten verzichtet. Die unterzeichnete "Freiwillige Vereinbarung" mit dem Einzelhandel wird das Tütenproblem in Deutschland nicht lösen, sagen die NGOs und nennen die Umweltpolitik absurd.

27.04.2016

Einzelhandelslobby tütet „Selbstverpflichtung“ ein

Im April 2015 hat die EU durch eine bemerkenswert klare Richtlinie die Mitgliedsstaaten aufgefordert, den hohen Verbrauch von Plastiktüten wirksam einzudämmen. In Deutschland werden derzeit pro Jahr 6,1 Milliarden umweltbelastender Plastiktüten herausgegeben. EU-Staaten wie beispielsweise Irland, Dänemark oder England haben durch wirksame gesetzliche Maßnahmen die Plastiktütenflut eindrucksvoll reduziert.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hingegen knickt nach Ansicht der Umweltverbände einmal mehr vor den Interessen der Handelskonzerne ein und verzichtet nicht nur auf eine gesetzliche Regelung: Mit der jetzt geplanten Unterzeichnung einer "freiwilligen Vereinbarung" mit dem Handelsverband erklärt sie sich zudem ausdrücklich einverstanden, dass nur 60 Prozent der in Verkehr gebrachten Plastiktüten etwas kosten sollen. Dabei handelt es sich jedoch überwiegend um Tüten, für die bislang schon Geld verlangt wurde, wie beispielsweise in Supermärkten.

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Sandra Schöttner, Greenpeace-Meeresexpertin, sagt dazu: „Diese freiwillige Selbstverpflichtung ist lediglich ein Ausweichmanöver des Einzelhandels, um einer strengeren gesetzlichen Regelung zuvorzukommen – und eine willkommene Gelegenheit, sich öffentlichkeitswirksam ein grünes Mäntelchen umzuhängen. Längst nicht alle Branchen und Händler machen mit und dieser Deal ignoriert dünnwandige Obst- und Gemüsebeutel völlig. Ambitionierte Lösungen sehen anders aus!“

Umweltministerin Hendricks verteidigt sich: „Wir werden genau hinschauen, wie gut die Vereinbarung umgesetzt wird. Spätestens nach zwei Jahren muss gewährleistet sein, dass mindestens 80 Prozent der gehandelten Tüten, nur noch gegen ein Entgelt abgegeben werden.“

Die DUH fordert Hendricks auf, die Unterschrift unter der Vereinbarung zu verweigern. Gleichzeitig soll sie eine verpflichtende Abgabe auf alle in Verkehr gebrachten Einweg-Plastiktüten in Höhe von 22 Cent einführen. Dies würde tatsächlich die kostenlose Abgabe der Wegwerftüten verhindern und zudem vermeiden, dass sich Handelsunternehmen mit dem Verkauf umweltbelastender Plastiktüten zusätzlich bereichern.

Weil bei einer Abgabe die eigenommenen Gelder an den Staat abgeführt werden müssen, würden Plastiktüten für den Handel damit tatsächlich unattraktiv. Mit den Einnahmen einer Abgabe könnten Projekte zur Vermeidung von Abfall finanziert werden. Das Beispiel Irland zeigt, welche Wirkung eine Abgabe haben kann: Der Plastiktütenverbrauch konnte dort durch eine Abgabe in Höhe von 22 Cent von 328 auf nur noch 16 Stück pro Kopf und Jahr gesenkt werden.

Eine Richtlinie der Europäischen Union vom April 2015 verpflichtet die Bundesregierung, den Verbrauch von Plastiktüten deutlich zu reduzieren. Ab 2020 soll der Verbrauch auf 90 Plastiktüten und ab 2026 auf 40 Stück pro Einwohner gesenkt werden. Derzeit werden in Deutschland pro Kopf und Jahr 76 Plastiktüten verbraucht. In anderen europäischen Ländern sind es deutlich weniger: In Luxemburg 20 und in Dänemark sowie Finnland nur 4 Tüten pro Kopf und Jahr.

Quelle: UD
 

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