Klimawandel

Interview: Hermann Herz über CDM in Indien

Indien gilt als Hauptmarkt für Projekte des Clean Development Mechanism (CDM) und könnte laut Experten eine „Schlüsselrolle in der künftigen Klimapolitik spielen“. Diesen Trend aufgreifend startete die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) vor zwei Jahren die Carbon Procurement Unit (CPU) mit Sitz in der indischen Hauptstadt New Delhi. Leiter der CPU ist Hermann Herz. Im Gespräch mit UmweltDialog berichtet er über seine Arbeit vor Ort, die Motivation der Zertifikatskäufer, persönliche Erwartungen und die Zukunft der CPU.

18.12.2009

Hermann Herz, Leiter der CPU in Indien, Foto: CPU/GTZ
Hermann Herz, Leiter der CPU in Indien, Foto: CPU/GTZ

UmweltDialog (UD): Sie leiten die CPU in Indien nun seit fast zwei Jahren. Wenn Sie an den Beginn Ihrer Arbeit vor Ort denken, wie haben die indischen Unternehmen auf Sie reagiert - gab es Skeptiker?

Hermann Herz: Wir sind hier nicht die Einzigen, sondern wir sind in einen Markt eingetreten, der bereits da war und der sehr wettbewerbsintensiv ist. Es gibt mindestens zwanzig Unternehmen in Indien, die Zertifikate suchen und kaufen. Als ein Bundesunternehmen sind wir mit unseren Erfahrungen im CDM vielleicht ab und an im Vorteil, vor allem weil man uns hier kennt. Doch auch dieser Vorteil muss durch Taten gefestigt werden. Die Industrie hier in Indien nimmt das gerne auf - durch den CDM Mechanismus sind immerhin knapp 500 Projekte realisiert worden. Das sind per Definition des Kyoto-Protokolls alles Projekte, die ohne CDM-Unterstützung nicht stattgefunden hätten.

UD: Haben die Unternehmen, die Zertifikate erwerben wollen, bestimmte Anforderungen an die Art des Projekts?

Herz: Es geht ihnen im Wesentlichen um die Zertifikate, aber natürlich haben manche Käufer auch gewisse Prioritäten. Es gibt sehr rentable Projekte, wie große Wasserkraftanlagen, die häufig eine große Menge an Zertifikaten bieten, aber auch Probleme wie zum Bespiel umstrittene Umsiedlung der Bevölkerung mit sich bringen können. Viele von den Käufern nehmen dann Abstand, weil sie befürchten, mit diesem Projekt und seinen negativen sozialen Nebenwirkungen in unmittelbare Verbindung gebracht zu werden. Dann gibt es Firmen, die ganz besonders nachhaltige Zertifikate, zum Beispiel aus dem ländlichen Bereich, bevorzugen. Das sind unter anderem Zertifikate nach dem sogenannten „Gold Standard“. Die haben eine hohe Qualität, weil sie neben der Reduktion von Treibhausgasen spezielle soziale und umweltgerechte Kriterien erfüllen, also als besonders nachhaltig gelten. Jene Industriefirmen, die CDM Zertifikate kaufen, um ihre geltenden Emissionsbeschränkungen zu Hause zu erfüllen, sind dagegen oft nicht bereit, für besonders nachhaltige Projekte einen Aufpreis zu bezahlen. Der CDM ist ja auch so angelegt CO2 Reduktionen möglichst günstig umzusetzen. Die Firmen wissen sehr wohl, dass das Geld, das sie für die Zertifikate zahlen, vor Ort auch etwas tut.

UD: Wie hat sich die Carbon Procurement Unit bisher entwickelt?

Herz: Wir sind mit der Aufgabe gewachsen. Wir haben zunächst Projekte vor Ort identifiziert und unseren Käufern vermittelt. Derzeit sind dies rund 30 Projekte mit einem Volumen von knapp 6 Mio. Zertifikaten, also Carbon Emission Reduction (CER). Im Laufe der Zeit sind wir so weit, dass wir die Projekteigner auch während des Registrierungsprozesses unterstützen. Von der Projektidee bis zur Registrierung können bis zu 1,5 Jahre vergehen. Dann muss noch ein Jahr verstreichen, in dem das Projekt sozusagen wirkt, und alle angekündigten Emissionsreduktionen auch sehr genau dokumentiert werden. Also in Anbetracht der Tatsache, dass der gesamte Prozess 2,5 Jahre dauern kann, bis eine Projektidee auch tatsächlich Zertifikate zugeteilt bekommt, sind wir noch nicht so weit, dass wir jetzt schon Projekte hätten, die auch tatsächlich Zertifikate generieren.

UD: Was sagen Sie zu der Kritik, dass viele CDM-Projekte das Kriterium der „Zusätzlichkeit“ nicht erfüllen und somit unwirksam sind?

Herz: Es wird in der Regel sehr sorgfältig geprüft, bei jedem einzelnen Projektantrag, ob es tatsächlich förderungswürdig ist. Die knapp 500 in Indien registrierten Projekte sind alle einer sehr intensiven Prüfung unterzogen worden und als zusätzlich anerkannt. Das heißt, diese 500 Projekte und ihre damit zusammenhängenden Reduktionen von Treibhausgasen würde es ohne CDM nicht geben.

UD: Wie ist die Zukunft der CPU geplant?

Herz: Wir als GTZ werden und wollen auf dem Carbon Markt weiter tätig sein. Wir werden uns dem anpassen, was der internationale Richtrahmen uns bietet: Entweder wird CDM weitergehen, oder es wird andere Marktmechanismen geben, die versuchen werden, Entwicklungsländer zu animieren, ihre Emissionen zu reduzieren. Wenn die Regeln sich ändern, dann werden wir uns anpassen.

UD: Wie sehen Ihre persönlichen Ziele aus, die Sie im Rahmen der CPU erreichen möchten?

Herz: Wir möchten weiterhin die Aktivitäten der GTZ im Bezug auf Klimawandel und Entwicklungsländer unterstützen, indem wir unsere Beziehungen zur deutschen Industrie und lokalen Projekten weiter ausbauen. Dieser Prozess muss und wird sich den sich ändernden klimapolitischen Verhältnissen anpassen und immer dem Bezug zu den speziellen Bedürfnissen der Entwicklungsländer und der deutschen Interessenten Rechnung tragen.

UD: Haben Sie aus Ihrer Position bestimmte Erwartungen an den Klimagipfel in Kopenhagen?

Herz: Wir würden uns wünschen, das der CDM gestärkt wird, indem der Mechanismus vereinfacht wird, die Instrumente einfacher werden und dass der Aufwand, der betrieben werden muss, um ein Projekt tatsächlich unter dem Kyoto-Protokoll zu zertifizieren, geringer wird. Derzeit muss sehr viel Zeit und Geld investiert werden, um solche teilweise auch recht kleinen Projekte zu realisieren. Frustrierend für uns wäre, wenn sich die Vertragspartner auf ein Modell einigen würden, in dem CDM nicht mehr vorkommt.

UmweltDialog bedankt sich für das Gespräch!

Quelle: UD
 

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