Klimawandel

Der Clean Development Mechanism: Ein Beispiel aus Indien

Bereits 167 Clean Development Mechanism Projekte (CDM) hat die deutsche Emissionshandelsstelle abgesegnet, 250 warten noch auf Genehmigung. Weltweit sind 1.882 dieser Projekte registriert. Sie geben Unternehmen aus Industrieländern die Möglichkeit, mit dem Kauf von Zertifikaten aus Entwicklungsländern ihre Emissionen kostengünstig zu kompensieren. Doch mit dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls ist die Zukunft des CDM ungewiss - und somit auch die der Carbon Procurement Unit (CPU) der GTZ in Indien. Sie setzt sich vor Ort für die Vermittlung der Klimaprojekte ein.

09.12.2009

Projekte in Indien, Fotos (2): CPU/GTZ
Projekte in Indien, Fotos (2): CPU/GTZ

Eine Anfrage des Energiekonzerns RWE brachte den Stein ins Rollen: Auf der Suche nach geeigneten CDM-Projekten in Indien wendeten die Essener sich an die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Durch ihre Beteiligung am Aufbau der dortigen CDM Infrastruktur und der Gründung von entsprechenden Institutionen verfügte die GTZ bereits über wichtige Kenntnisse und Kontakte. So war ein passendes Projekt schnell gefunden und die Vermittlung hergestellt. Mit den ersten Aufträgen von RWE wurde die Carbon Procurement Unit der GTZ ins Leben gerufen.

Zusammen mit neun indischen Mitarbeitern ist Teamleiter Hermann Herz inzwischen seit knapp zwei Jahren in Indien tätig. Aufgabe der CPU ist es, als Vermittler zwischen den Unternehmen, die Emissionen kompensieren wollen und den Projekteignern, die Zertifikate verkaufen wollen, zu wirken. „Ein klassisches Maklergeschäft“, so beschreibt es Hermann Herz. Es geht dabei um Projekte, mit deren Hilfe in Entwicklungs- oder Schwellenländern klimaschädliche Emissionen gemindert werden. Für die so eingesparten Treibhausgase erhalten die Projekteigner Emissionszertifikate, die sie an Unternehmen aus Industrieländern verkaufen können. Der CDM bildet im Rahmen des Kyoto-Protokolls und des dazugehörigen Emissionshandels ein Instrument zur Kompensation von Treibhausgasen. So erhalten am Emissionshandel beteiligte Unternehmen ein beschränktes Budget an Zertifikaten, das besagt, wie viel CO2 sie ausstoßen dürfen. Um diese Grenze einzuhalten, können Unternehmen entweder Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasen ergreifen oder Zertifikate zu- beziehungsweise verkaufen. Darunter auch jene Zertifikate, die aus dem CDM in Entwicklungsländern stammen. Ausgangspunkt ist dabei, dass es für das Klima egal ist, wo das CO2 eingespart wird - Vorteil für die Unternehmen ist, dass sie Emissionen dort einsparen können, wo es für sie am günstigsten ist.

Langwierige Prozesse

Die CPU informiert sich vor Ort über Projekte, die im Rahmen des CDM realisiert werden und Emissionszertifikate hervorbringen sollen. Projekteigner sind dabei meist indische Unternehmen wie zum Beispiel Zuckerfabriken, Stahlerzeuger oder Kraftwerksbetreiber. Die Art ihrer Projekte ist vielfältig: „Wir haben sehr viele Projekte im Bereich Müllkompostierung, thermische Solarenergie, Biomasse zur Stromerzeugung oder Abwärmenutzung in der Industrie“, berichtet Hermann Herz. Bringt die CPU diese Projekteigner dann mit einem interessierten Käufer für die Zertifikate zusammen, schließen beide einen Vertrag, das sogenannte Emission Reduction Purchasing Agreement (ERPA). Auf Grund des ERPA kommt der Handel zwischen Projekteigner und Käufer zustande. Bis zum Verkauf der Zertifikate nimmt die CPU jedoch auch eine beratende Funktion ein, denn der Prozess, in dem die Treibhausgasreduktionen anerkannt werden müssen, ist langwierig und aufwändig: Will beispielsweise ein indischer Stromerzeuger ein Wasserkraftwerk errichten, muss er als erstes sein Vorhaben von einem Sachverständigen prüfen lassen. Danach geht es weiter an das Executive Board, von dem es registriert werden muss. Anschließend hat der Projekteigner die Aufgabe, über das laufende Jahr ein Monitoring durchzuführen, in dem er dokumentiert, wie viel Tonnen CO2 er tatsächlich eingespart hat. Auch dieser Bericht muss geprüft und bestätigt werden. Erst dann erhält der Projekteigner von den Vereinten Nationen die Zertifikate, die sogenannten CER „Certified Emission Reduction“. Diese kann er nun an das Unternehmen verkaufen, mit dem er zuvor auf Grund des ERPA den Handel vereinbart hat.  

Foto: RWE

Studien kritisieren CDM

Mit diesem Handel soll beiden Seiten geholfen sein: Dem Entwicklungsland, in dem dank des CDM Projekte realisiert werden können, die sonst nicht machbar wären, sowie dem Unternehmen, das kostengünstig seine Emissionen kompensieren kann. Den Aspekt der Kompensation zweifeln jedoch viele Kritiker stark an. Sie behaupten, CDM führe letztlich zu einer Steigerung der Emissionen. Hintergrund ist das Kriterium der „Zusätzlichkeit“, eine zentrale Voraussetzung zur Funktionsfähigkeit des CDM. Zusätzlich bedeutet, dass ein Projekt nur dann seinen Sinn erfüllt, wenn es ohne CDM nicht realisiert worden wäre. Angenommen, ein Unternehmen aus einem Industrieland investiert in ein Projekt, dass auch ohne seine Unterstützung umgesetzt worden wäre: Es würde Zertifikate erhalten, sich die Maßnahme als Kompensation anrechnen und entsprechend mehr emittieren. Ein zusätzlicher Klimaschutz in Entwicklungsländern wäre somit nicht gegeben, unterstützt würden ohnehin geplante Maßnahmen mit einer Steigerung der Emissionen als Folge.

Dass diese Fälle vorkommen, belegen Studien der Organisationen WWF sowie Friends of the Earth (FoE) aus 2007 und 2009. Zu dem ergab eine erneute Studie des WWF aus diesem Jahr, dass die Arbeit der Gutachter zur Einschätzung von CDM-Projekten mittelmäßig bis schlecht sei. So stehe „mit dem Versagen der Prüforganisationen auch die Qualität der Klimaprojekte in Entwicklungsländern in Frage“, betont Regine Günther vom WWF Deutschland. „Die Prüfung der Zusätzlichkeit ist anspruchsvoll“, dessen ist sich auch Wolfgang Seidel von der Deutschen Emissionshandelsstelle bewusst. Sie beruhe auf hypothetischen Erwägungen und sei deshalb von Unsicherheiten gekennzeichnet, so Seidel. Was die Zukunft des CDM betrifft, so wird der Klimagipfel Ende des Jahres in Kopenhagen entscheidend sein: EU-Umweltkommissar Stavros Dimas fordert eine „substanzielle Überarbeitung" des CDM. Auch Nicholas Stern, ehemaliger Chefökonom der Weltbank, betonte in einem Interview mit der FAZ: „In Kopenhagen müssen wir vor allem den CDM reformieren. Die Techniken, die darin gefördert werden, sind zu eng definiert. Wasserstofftechnik oder Kohlendioxid-Abscheidung (CCS) werden noch nicht erfasst, auch nicht die Verringerung der Entwaldung.“

In einem ausführlichen Interview mit UmweltDialog spricht Hermann Herz, Leiter der CPU in Indien, über seine Arbeit vor Ort, die Motivation der Zertifikatskäufer, persönliche Erwartungen und die Zukunft der CPU. Dieses Interview werden wir in Kürze veröffentlichen.

Quelle: UD
 

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