Biodiversität

UNESCO sichert die Heimat des wilden Kaffees

Auf einer Fläche halb so groß wie Schleswig-Holstein stehen die urzeitlichen Cofea arabica-Bäume Äthiopiens. Im Juni hat die UNESCO entschieden, das Gebiet um die Region Kafa in das Weltnetz der Biosphärenreservate aufzunehmen. Bereits seit 2004 arbeitet die äthiopische Regierung u.a. mit ihren Partnern Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH und Naturschutzbund Deutschland (NABU) an einem Konzept, das die Sicherung der Pflanzen und Tierwelt in diesem Gebiet gewährleisten soll. Kafa gilt als Ursprungsgebiet der Cofea arabica-Bohne, der meistverkauften Kaffeebohne der Welt.

20.08.2010

Cofea arabica-Bohnen, Foto: GTZ
Cofea arabica-Bohnen, Foto: GTZ

760.000 Hektar umfasst das neue Biosphärenreservat. Im Süd-Westen Äthiopiens gelegen, bietet es Schutz für mehr als 244 Pflanzen- und 294 Tierarten sowie für die Reste der wilden Kaffeewälder Ostafrikas. Zusammen mit der einheimischen Bevölkerung und internationalen Partnern will die äthiopische Regierung diese Artenvielfalt bewahren und die ökonomischen und ökologischen Interessen in der Region zusammenführen. Die UNESCO bezeichnet das Gebiet auf ihrer Internetseite als eines der wertvollsten Biodiversitätsreservate der Erde.

Bis zur Aufnahme Kafas in das Weltnetz der UNESCO war es allerdings ein langer Weg: „Umfassendes Engagement über Jahre war erforderlich, da es bislang in Äthiopien noch keine Biosphärenreservate gab und das Konzept weitgehend unbekannt war“, resümiert NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. Darüber hinaus waren sich die Beteiligten einig, dass ein Reservat ohne die Unterstützung der lokalen Behörden und Bevölkerung keine Zukunft hätte. Die Vorstellung, man könne ein bestimmtes Gebiet einzäunen und dann alles so lassen, wie es immer war, funktioniere nicht, so Andreas Proksch, Bereichsleiter Afrika bei der GTZ: „Wir haben überall in Afrika einen starken Bevölkerungsdruck und Armutsprobleme. Wir kommen in diesen Regionen nur durch eine gezielte Nutzung weiter, die unter ökologischen Vorzeichen stattfindet und die auch überwacht wird.“ Die GTZ arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) und sieht sich beim Projekt in Kafa vor allem in der Rolle des Moderators. Dabei ist das Erkennen und offene Ansprechen der unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten und Betroffenen die Grundvoraussetzung für einen konstruktiven Dialog ohne den es keinen nachhaltigen Interessenausgleich zwischen Nutzung und Natur geben kann.

Höhere Preise durch Qualität

In der einheimischen Bevölkerung fand der wertvolle Wildkaffe lange Zeit keine Beachtung. Niedrige Weltmarktpreise und die mühsame Erntearbeit im Urwald machten den Verkauf der Bohne unattraktiv. Anders als bei Kaffeeplantagen stehen die Bäume hier nicht dicht beieinander, sondern sind über ein großes Gebiet verteilt. Zusammen mit dem Unternehmen „Original Food“ und dem Lebensmittelkonzern „Kraft Foods“ haben GTZ und NABU - im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft - in den letzten Jahren gemeinsam mit weiteren Partnern einen Ansatz entwickelt, der die genetische Vielfalt der Cofea arabica-Bohne in der Region vermarktet und nutzt. In zahlreichen Workshops und Treffen mit lokalen Bauern und der 2004 neu gegründeten Kafa Forest Coffee Farmers Coorporative Union (KFCFCU) wurden Qualitätsstandards definiert, ein professionelles Waldmanagement entwickelt und langfristige Lieferverträge mit deutlich überdurchschnittlichen Preisen abgeschlossen.

Auch wenn Proksch betont, dass die Kontrolle der bisherigen und zukünftigen Entwicklung durch die äthiopische Regierung und ihre lokalen Behörden gewährleistet werde, wollen sowohl die GTZ als auch der NABU das Projekt langfristig begleiten. Gerade die Kommunikation zwischen dem privaten und öffentlichen Sektor ist für die Zukunft der Region von entscheidender Bedeutung.

Frauen in Kafa, Foto: S. Bender/Nabu/GTZ
Frauen in Kafa, Foto: S. Bender/Nabu/GTZ

In der Vergangenheit war es in anderen Biosphärenreservaten immer wieder zu Konflikten zwischen der Verwaltung und der ortsansässigen Bevölkerung gekommen. Diese war oftmals nicht in der Lage, ihre berechtigten ökonomischen Interessen mit den Erfordernissen eines modernen Nachhaltigkeitsmanagements in Einklang zu bringen. Nur, wenn es gelinge, eine gezielte Nutzung unter ökologischen Vorzeichen sicherzustellen, ergäbe sich ein für alle Beteiligten tragfähiges Konzept, erläutert Proksch. Mit der Einbeziehung von internationalen Firmen, Wissenschaftlern und den lokalen Bevölkerungsgruppen glaubt man bei der GTZ, diesem Ziel ein großes Stück nähergekommen zu sein.

Über die Ökonomie zur Ökologie

Die Idee, Biodiversität unter ökonomischen Gesichtspunkten zu bewerten, ist ein wachsender Trend. Bereits seit 2008 versuchen Experten im Rahmen des TEEB-Reports (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) den Zusammenhang zwischen Artenverlust und wirtschaftlichen Kosten herauszuarbeiten. Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) kostet der Biodiversitätsverlust schon heute mehr als vier Billionen US-Dollar jährlich. Joshua Bishop, Chef-Ökonom der Artenschutzkonvention (IUCN) und Koordinator des aktuellen TEEB-Berichts ist sich daher auch sicher, dass „kluge Unternehmen verstehen, dass Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen, wenn sie in der Wertschöpfung integriert sind, einerseits Kosten einsparen und andererseits neue Einnahmen generieren“. Die Verantwortlichen von GTZ und NABU erhoffen sich von dem Biosphärenreservat in Äthiopien daher auch positive Impulse für vergleichbare Projekte: „Gerade das Interesse im Zusammenhang mit Naturreservaten steigt“, erklärt Proksch. Jetzt müssen diese Projekte beweisen, dass Ökologie und Ökonomie sich tatsächlich zu allerseitigem Vorteil miteinander verbinden lassen.

Quelle: UD
 

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