Biodiversität

Die GTZ in Mauretanien: „Wir helfen neue Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln“

Karl-Peter Kirsch-Jung ist Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH und Leiter des Programms „Management natürlicher Ressourcen“ in Mauretanien. Sein Wirkungsort ist auch der Nationalpark Banc d’Argin an der Atlantikküste. Ein Ziel des Programms ist es, den Erhalt des Nationalparks und die nachhaltige Bewirtschaftung seiner Ressourcen zu sichern. Die GTZ arbeitet dazu eng mit der Parkverwaltung, der ansässigen Bevölkerung und verschiedenen Institutionen zusammen. Im Interview mit UmweltDialog gibt Kirsch-Jung Einblick in die Arbeit des GTZ-Teams vor Ort.

02.08.2010

Karl-Peter Kirsch-Jung, Leiter des Programms „Management natürlicher Ressourcen“ bei der GTZ. Foto: helio&vanIngen/PNBA
Karl-Peter Kirsch-Jung, Leiter des Programms „Management natürlicher Ressourcen“ bei der GTZ. Foto: helio&vanIngen/PNBA

UmweltDialog (UD):Die Arbeit der GTZ im Rahmen des Nationalparks Banc d’Argin besteht zum großen Teil in der Unterstützung des Park-Managements. Als die Arbeit der GTZ vor Ort begann - wie stellte sich die Situation der Parkverwaltung zu dieser Zeit dar und was musste getan werden, um ein erfolgreiches Management herzustellen?

Karl-Peter Kirsch-Jung: Aufgrund seines Status als UNESCO-Welterbe, seiner Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität und für die Reproduktion der Fischereiressourcen Mauretaniens hat der Nationalpark Banc d’Arguin (PNBA) viele Förderer und Kooperationen. Dazu gab es viele nebeneinander arbeitende Einzelprojekte. Mit Beratung der GTZ sind in den letzten Jahren Instrumente (Managementplan, Businessplan, budgetierte Jahresarbeitspläne, konsolidierte Buchhaltung mit allen Mittelzuflüssen, Audits, etc.) entwickelt und eingeübt worden, die eine einheitliche und gemeinsame Vorgehensweise aller Geber und der Regierung ermöglichen. Zudem wurde im Rahmen eines Organisationsentwicklungsprozesses der Personalkörper der Parkverwaltung von Gefälligkeitsbesetzungen bereinigt und neue Mitarbeiter über Stellenausschreibungen nach Qualifikation eingestellt.

UD:  Wie gelang es Ihnen und Ihren Mitarbeitern das Vertrauen der Beteiligten vor Ort zu gewinnen?

Kirsch-Jung: Die GTZ trägt dazu bei, die unterschiedlichen Akteure für ihre Rollen zu qualifizieren sowie Foren für den Interessenausgleich und Instrumente für die gemeinsame Arbeit zu schaffen. Vertrauen gewinnt der ehrliche Makler. Der vom BMZ finanzierte deutsche Beitrag  integriert sich vollständig in die im Managementplan für den Nationalpark ausgewiesene Zielsetzung und daraus abgeleitete Aktivitäten. Die Schutzziele des Parks können nur erreicht werden, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten.

UD: Die GTZ legt Wert darauf, die innerhalb des Nationalparks lebende mauretanische Bevölkerung in die Gesetze und Regelungen des Parks zu integrieren. Dabei ist ihre Einbeziehung spätestens durch das Nationalparkgesetz aus dem Jahr 2000 fest verankert. Warum ist die Unterstützung der GTZ im Nationalpark Banc d’Argin wichtig - das heißt,  was kann die GTZ leisten, was den Beteiligten vor Ort bisher nicht oder nur schwer gelang?

Kirsch-Jung: Auch in Mauretanien gibt es einen gesellschaftlichen Wandel.  Die gesetzlichen Grundlagen des Banc d’Arguin, die es den Imraguen (Küstenbewohnern) erlauben in dem Schutzgebiet zu wohnen und eingeschränkt Fischfang zu betreiben, gehen von einer reinen Subsistenzproduktion aus. Das heißt, dass sie ihre Erzeugnisse nicht vermarkten, sondern nur für den Eigenbedarf nutzen. Zwischenzeitlich hat sich die Fischerei aber komplett kommerzialisiert und aus „den edlen Wilden“ sind ein paar knallharte Fischhändler hervorgegangen, die andere Imraguen ausbeuten. Sowohl der gesetzliche Rahmen als auch die Co-Management-Gremien und Regeln müssen an die neuen Interessenlagen angepasst werden. Das geht wahrscheinlich nur mit internationaler Unterstützung, nicht nur der GTZ.

UD:  Zur Umsetzung des Programms nimmt die ansässige Bevölkerung teilweise auch Einschränkungen in ihren Fischereitätigkeiten in Kauf, wie zum Beispiel der Verzicht bestimmte bedrohte Fischarten zu fangen. Damit diese Bestimmungen akzeptiert werden, müssen sie für die Beteiligten - in diesem Fall die Imraguen - einen Sinn und einen Nutzen ergeben. Wie ist es Ihnen und Ihren Mitarbeitern gelungen, die Bedürfnisse aller Beteiligten kennen zu lernen und diese in das Programm zu integrieren, damit es dann gemeinsam getragen werden kann?

Kirsch-Jung: Bedürfnisse und Interessenlagen erfährt man im Dialog mit den Betroffenen. Nutzungsverzicht wird nur akzeptiert, wenn es dafür einen Ausgleich gibt. Das kann eine höhere Wertschöpfung durch Verarbeitung oder verbesserte Vermarktung sein, und neue ökonomische Möglichkeiten wie zum Beispiel der Ökotourismus. Hauptaufgabe der GTZ ist „capacity development“, das heißt neue Handlungsmöglichkeiten mit den Beteiligten zu entwickeln und sie für ihre Wahrnehmung zu befähigen.

UD:  Im Nationalpark Banc d’Argin haben auch Frauen die Möglichkeit durch Fischverarbeitung oder Ökotourismus ihr eigenes Geld zu verdienen und etwas zum Familieneinkommen beizutragen. Wie war oder ist die Rolle der Frauen der Imraguen und gab es Probleme, als sie anfingen ihr eigenes Geld zu verdienen und damit auch ein Stück selbstständiger wurden?

Kirsch-Jung: Frauen hatten auch traditionell Einkommen aus der Fischverarbeitung, die sie eigenständig verwenden konnten. Die Modernisierung der Fischverarbeitung und Anbindung an Exportmärkte hat den Frauen die Arbeit erleichtert und ihre Einkommen auf ein Niveau gehoben, das es ihnen erlaubt mit der allgemeinen Monetarisierung und gesteigerten Konsumbedürfnissen Schritt zu halten.

UD:  Ziel des Programms ist ja, dass es in Zukunft auch ohne Unterstützung der GTZ umgesetzt wird und die Regelungen und Vereinbarungen, die getroffen wurden auch weiterhin eingehalten werden. Was ist nötig, um das zu erreichen?

Kirsch-Jung: Die oben genannten Managementinstrumente und partizipative Verfahren werden noch unzureichend von operativen Einheiten der Parkverwaltung beherrscht beziehungsweise angewendet. Darauf liegt neben der Aktualisierung des Rechtsrahmens ein Fokus unserer derzeitigen Arbeit im Park.

Nachhaltigkeit hat auch eine finanzielle Komponente. Der mauretanische Staat wird auch zukünftig die Kosten  für den Nationalpark Banc d’Arguin nicht allein tragen können und mit Hinweis auf dessen internationale Bedeutung auch nicht wollen. Für die nachhaltige Finanzierung wurde (offshore) ein Stiftungsfond gegründet. Aus den Zinseinnahmen des Kapitals der Stiftung sollen die Betriebskosten in Zukunft abgedeckt werden. Zurzeit arbeiten wir an Fertigstellung des Fonds und werben für seine Kapitalisierung. Die Regierung und eine Bergbaufirma, die Gold abbaut, haben schon Einlagen gemacht.

UD:  Welche Chancen sehen Sie, dass die selbstständige Fortsetzung gelingt. Auf der anderen Seite: Welche Risiken bestehen, die das gefährden könnten?

Kirsch-Jung: Das größte Risiko besteht in den Mauretanien üblichen häufigen Personalwechseln und der Rolle des Parkdirektors. Wenn der politisch ernannte Parkdirektor, wie in der Vergangenheit öfter aber glücklicherweise immer nur kurzfristig erlebt, seinen Aufgaben nicht gewachsen ist oder sie ihn wenig interessieren, stehen dem Nationalpark „dürre Zeiten“ bevor.

Quelle: UD
 

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