Zertifikate & Siegel

Fairer Kaffee und die Problematik mit Fairtrade

Fairtrade liegt im Trend. Schon seit Jahren steigt der Konsum von Fairtrade-Produkten und insbesondere von Fairtrade-Kaffee stetig an. Die Intention dahinter: mit jeder Tasse die Welt ein kleines bisschen besser machen. Die gutgemeinte Absicht fruchtet in der Realität allerdings nicht so, wie wir es uns wünschen würden. Warum Fairtrade seinem Namen nicht immer gerecht wird und auf was Sie bei Ihrem nächsten Einkauf achten sollten, lesen Sie hier.

29.06.2020

Fairer Kaffee und die Problematik mit Fairtrade
Farmer beim Pflücken von Kaffeebohnen.

Was ist Fairtrade?

Hinter Fairtrade steht der Zusammenschluss verschiedener Organisation, die alle unter der Dachorganisation Fairtrade International mit Sitz in Bonn verfahren. Darin sind die drei Produzentennetzwerke sowie alle nationalen Fairtrade-Organisationen und -Marketingorganisationen vereint.

Für eine höhere Vertrauenswürdigkeit kontrolliert die Prüfungs- und Zertifizierungsstelle Flocert regelmäßig, ob die Fairtrade-Standards eingehalten werden. Flocert operiert seit 2003 als eigenständige Tochtergesellschaft von Fairtrade International und bemüht sich, möglichst eigenständig, transparent und weltweit einheitlich zu arbeiten. Die Organisation wurde mit dem internationalen Qualitätsstandard für Zertifizierungsstellen ISO17065 gekennzeichnet.

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Wofür setzt sich Fairtrade eigentlich ein?

Das Hauptziel von Fairtrade sind faire Arbeitsbedingungen inklusive fairer Bezahlung der Bauern und Bäuerinnen, Arbeiter und Arbeiterinnen. Diese soll mittels eines fixierten Mindestpreises gewährleistet werden. Darüber hinaus werden die Vorhaben in drei Gruppen unterteilt: Soziales, Ökologisches und Ökonomisches.

Im sozialen Bereich geht es um die allgemeine Stärkung der Kleinbäuerinnen und -bauern und Arbeitenden. Durch demokratische Gemeinschaften und Förderung von gewerkschaftlichen Organisationen soll den Arbeitenden mehr Einfluss verschafft werden. Verbote gegen ausbeuterische Kinderarbeit und Diskriminierung sollen vor allem den Schwächsten im System helfen.

Aus ökologischer Sicht setzt sich Fairtrade ebenso für den Umweltschutz ein, behält dabei aber den Menschen im Mittelpunkt. Durch Anreize wie einen „Bio-Aufschlag“ soll der biologische Anbau attraktiver gemacht werden. Allgemein will Fairtraide den Anbau umweltfreundlicher gestalten, indem Pestizide und gentechnisch verändertes Saatgut verboten werden. So will die Organisation zudem natürliche Ressourcen schützen.

Außerdem werden ökonomische Forderungen an die Händlerinnen und Händler sowie  Herstellerinnen und Hersteller gestellt. Neben des bereits erwähnten Fairtrade-Mindestpreises soll zudem eine Fairtrade-Prämie gezahlt und die Produkte mit dem Fairtrade-Siegel gekennzeichnet werden. Zusätzlich ist es das Ziel, den Waren- und Geldfluss zu regeln und die Handelsbeziehungen transparent zu gestalten.

Was hat es mit dem Siegel auf sich?

Alle fair angebauten und gehandelten Produkte dürfen das Siegel tragen. Bei Mischprodukten wie Keksen oder Schokolade steht neben dem Siegel ein Pfeil. Für bestimmte Materialien und Stoffe wie Baumwolle oder Gold gibt es spezielle Produkt-Siegel.

In Deutschland tragen über 2000 verschiedene Produkte in 42000 Supermärkten, Cafés und Restaurants das Siegel. Die Produktpalette ist dabei breit gefächert und reicht von Reis, Bananen, Erdnussöl und Zucker bis hin zum wichtigsten von allen, dem Kaffee. Der Umsatz von Fairtrade-Kaffee wächst kontinuierlich und erreichte im Jahr 2019 über 533 Millionen Euro.

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Wo liegt das Problem?

Die Intentionen von Fairtrade klingen alle sehr positiv und man würde meinen, man könnte diese auch so unterstützen. Allerdings gibt es ein Problem: die Umsetzung.

Es mag zunächst fair klingen, wenn die Bauern und Bäuerinnen mit einem Fixpreis für ihre geernteten Kaffeebohnen rechnen dürfen, unabhängig vom Weltmarktpreis. Jedoch haben Untersuchungen in Betrieben in Uganda und Äthiopien, die nicht an Fairtrade beteiligt sind, ergeben, dass die dortigen Löhne gleich oder teilweise sogar höher sind. Gleichzeitig waren die Arbeitsbedingungen dort besser.

Überdies konnte in Guatemala bei einer Beobachtung über einen Zeitraum von 13 Jahren kein langfristiger positiver Effekt durch den Einsatz von Fairtrade festgestellt werden. Das ließe sich dadurch erklären, dass die eventuell entstehenden wirtschaftlichen Vorteile durch die hohen Zertifizierungskosten wettgemacht werden.

Denn diese Kosten sind beachtlich. Um den von Fairtrade als „fairen Mindestpreis“ bezeichneten Preis zu bekommen, muss zuerst tief in die Tasche gegriffen werden. 525 Euro kostet allein die Antragsgebühr, weitere 2.250 Euro die Erstzertifizierungsgebühr. Dazu kommen noch jährliche Gebühren. Als Rechtfertigung heißt es, dass durch die Verbesserungen inklusive Beratung der LandarbeiterInnen der Profit erhöht wird und die Kosten somit leistbar wären. Doch reicht das wirklich?

Gibt es Alternativen?

Neben Fairtrade gibt es auch andere Kennzeichnungen wie durch die Rainforest Alliance oder das UTZ-Certified-Siegel. Erstere konzentriert sich auf den nachhaltigen Anbau und den Naturschutz, während letzteres den verantwortungsvollen Anbau und eine bessere Bildung der Bäuerinnen und Bauern unterstützt, damit diese ihre Produktivität und damit ihren Gewinn erhöhen können.

Abseits der Kennzeichnungen und Siegel setzen aber immer mehr Anbieter von nachhaltigem Rohkaffee auf direkten Handel. Sie wollen durch den direkten Kontakt mit den Plantagen-Betreiberinnen und -betreibern sowie Bäuerinnen und Bauern dafür sorgen, dass diese zum einen gerecht bezahlt und behandelt werden. Zum anderen haben die Anbieter so mehr Kontrolle und können sicherstellen, dass mit der Ernte sorgfältig umgegangen wird und beim Anbau keinerlei giftige Substanzen, Dünger oder Pestizide zur Anwendung kommen.

Die Preise liegen meist weit über dem Fairtrade-Mindestpreis und der Anbau des Kaffees erfolgt auf nachhaltige, umweltschonende Art und Weise.

Fazit: Eigenständig fairer traden

Obwohl Initiativen und Organisationen wie Fairtrade prinzipiell gute Absichten haben und rein durch ihre Existenz für mehr Awareness sorgen, scheitert es nicht selten an der Ausführung. Um sicherzugehen, dass mit dem gekauften Kaffee auch wirklich den bedürftigsten Menschen geholfen wird, lohnt es sich, sich die Zeit zu nehmen und sich über verschiedene nachhaltige Kaffee-Anbieter zu informieren. Nicht alle Helden tragen Siegel.

Quelle: UD
 

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