Zertifikate & Siegel

Immobilien: Flut an "grünen" Siegeln

Gütesiegel haben in der nachhaltigen Immobilienwirtschaft Gewicht – die Vielfalt der vorhandenen Zertifizierungssysteme schafft jedoch Intransparenz. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Studie der MODUL University Vienna. Darin wurden Non-Governmental Organizations (NGOs) als Akteure für eine nachhaltige Immobilienwirtschaft weltweit und in Österreich untersucht.

19.12.2014

Immobilien: Flut an "grünen" Siegeln zoom

Der Bank of America Tower in New York, die Deutsche Bank-Türme in Frankfurt und der IZD-Tower in Wien sind Leuchtturmprojekte für nachhaltiges Bauen und Träger internationaler Gütesiegel. Als Vergabestellen solcher Gütesiegel haben Green Building Councils (GBCs) für die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Bauvorhaben eine zentrale Verantwortung. Die Rolle der GBCs als Akteure auf diesem dynamischen Markt rollte nun eine Untersuchung der MODUL University Vienna auf, deren Ergebnisse jetzt international publiziert wurden.

Wasserdicht nachhaltig

Dr. Sabine Sedlacek, Projektkoordinatorin und Forscherin am Department of Public Governance and Sustainable Development, erkannte dabei als ein wesentliches Ergebnis, dass es beim Zertifizierungssystem für Gütesiegel noch Verbesserungsbedarf gibt: "Intransparenz durch unterschiedliche Standards und Modelle prägen den "Markt" für Gütesiegel. Das stellt einen Hemmschuh bei der Entwicklung, Finanzierung und Umsetzung nachhaltiger Bauprojekte dar: Denn die belegbare Nachhaltigkeit gilt dabei als Qualitätsmerkmal, bringt langfristige Visibilität sowie eine Steigerung des Marktwerts von Immobilien." So sind nach Dr. Sedlaceks Einschätzung gerade die Green Building Councils als Vergabestellen gefordert, durch Aufklärungsarbeit und Vernetzung untereinander für mehr Transparenz zu sorgen und damit die Umsetzung nachhaltiger Bauvorhaben zu erleichtern.

Die Vorarbeiten zur aktuellen Studie in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsuniversität Wien beinhalteten Befragungen internationaler GBCs, Interviews mit deren Vorständen und eine Analyse der organisatorischen Strukturen, Ziele und Aktivitäten. Diesen folgte eine umfangreiche Fallstudie der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI). Dafür wurden insgesamt 90 Mitglieder, Auditoren und Netzwerkpartner zu Vor- und Nachteilen der Mitgliedschaft und zu dem Zertifizierungssystem zur Vergabe von Gütesiegeln interviewt.

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Von Mittlern zu Akteuren

Die anschließend erfolgte Analyse der Daten erlaubte Schlüsse zur Rolle von GBCs bei der Dynamisierung des Immobilienmarktes in Richtung Nachhaltigkeit. Tatsächlich, so zeigte die Studie, können GBCs als unabhängige Drittpartei zu sogenannten "Environmental Governance Akteuren" avancieren, die an Steuerungsprozessen innerhalb einer nachhaltigen Immobilienwirtschaft aktiv teilnehmen. Dazu Dr. Sedlacek: "In Österreich ist nachhaltiges Bauen zum Beispiel ein schwach regulierter Politikbereich. Die Entscheidung, ob ein Gebäudezertifikat angestrebt wird, ist ausschließlich marktgesteuert und damit freiwillig, da sie allein von den Projektbeteiligten getroffen wird."

Vor diesem Hintergrund war es für Dr. Sedlacek wichtig, die Grundbedingungen für ein effektives Wirken von GBCs anhand eines eigens konzipierten Frameworks systematisch zu analysieren: "Wir haben als erstes die Funktion (role) von Green Building Councils als unabhängige Drittpartei analysiert. Ein weiterer Faktor ist die jeweilige Entscheidungsmacht (power). Die Größe eines GBCs ist für die Wahrnehmung als Power-Player zentral, denn steigende Mitgliederzahlen signalisieren Vitalität und sichern Marktabdeckung und – über Mitgliedsbeiträge – kostendeckendes Arbeiten", so Dr. Sedlacek. Doch die Größe allein ist nicht entscheidend, wie die Studie weiter zeigt: Als unabhängig gesehen zu werden, ist für GBCs und ihre Zertifizierungen zentral. Die Wahrung dieser Unabhängigkeit nach außen muss jedoch, so Dr. Sedlacek, mit der Repräsentierung von internen Mitgliederinteressen – häufig aus der Immobilien- und Baubranche – balanciert werden. Klar geregelte Verantwortlichkeiten (accountability) durch eine transparente interne Organisation helfen dabei. Auch die Legitimität (legitimacy) von GBCs als Institutionen ist essentiell für den Vertrauensgewinn. Schließlich ist auch die Festigung der Anerkennung (acceptance) unabdingbar. Je besser diese Kriterien erfüllt sind, desto besser können GBCs in Steuerungsprozessen als Akteure teilnehmen und desto größer ist ihr Wirkungsspektrum.

Insgesamt wurden mit der Studie zur nachhaltigen Immobilienwirtschaft ganz grundlegende Aspekte dieses sehr dynamischen Wirtschaftszweiges, der von großem öffentlichen Interesse begleitet wird, analysiert und nun international publiziert. Die MODUL University Vienna hat damit ihre international anerkannte Wissenschaftskompetenz im Bereich Environmental Governance erneut beweisen können.

Quelle: UD/pm
 

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