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Neues Buch: Pfützen – klein, bedroht, aber nötig!

Sie sind faszinierende Ökosysteme und in vielerlei Hinsicht für den Menschen relevant, die temporären Gewässer. Dies zeigt „Die Wunderwelt der Pfützen“ anschaulich. Städte, Kommunen und Unternehmen können gegen ihr Versiegen vorgehen und sie fördern – auch zur Anpassung an den Klimawandel.

07.04.2023

Neues Buch: Pfützen – klein, bedroht, aber nötig!

von Susanne Bergius

Scheinbar existieren sie überall: An Ufern von Meeren und Ozeanen, entlang von Flüssen bis hinauf in die Berge, auf weichem Boden und hartem Fels, selbst in sandiger Landschaft – und natürlich auf Straßen, Wegen, Metall- und Kunststoff. Wir umgehen die nassen, manchmal ekligen Wasserstellen.

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Aber: Wussten Sie, dass Pfützen für die Grundwasserbildung nötig sind? Wenn Regenwasser rasch in die Kanalisation oder Bäche und Flüsse abfließt, ist es für das Grundwasser verloren. Wasser muss stehen bleiben, um langsam durch die Böden und dadurch gereinigt in die Tiefe zu versickern. Darum ist es gar nicht gut, dass so viele Flächen versiegelt sind und auf Feldern schwere landwirtschaftliche Maschinen die Böden verdichten.

So klein sie sein mögen, Pfützen haben weitere unerlässliche ökologische Funktionen: als Tränke, Nahrungsquelle, zur Körperpflege, als Brutgebiet und Lebensraum. Sie wässern nicht nur Feuchtgebiete, sondern auch Wiesen und Wälder. Die kleinste Form der Stillgewässer, ob flach wie ein Teller oder tief wie ein Tümpel, ist für viele Arten unerlässlich.

Zahllose Vögel, unterschiedlichste Insekten, kleine und große Säugetiere löschen darin ihren Durst, finden Mineralien und Salze und stillen ihren Hunger mit Pflanzen und anderen Köstlichkeiten: In jeder Pfütze entwickeln sich binnen Stunden vielfältige Mikroorganismen, zu denen sich bei Wärme im Nu Würmer, Larven, Schnecken, Insekten, Amphibien, Reptilien oder gar Urzeitkrebse gesellen. Sie vermehren sich binnen Tagen und könnten ohne Pfützen und die dortige Gemeinschaft mit anderen Lebewesen nicht existieren.

Schon kleine Wasserstellen ermöglichen Orchideen oder dichtes Grün, selbst auf felsigem Untergrund. Pfützen sind schnell vergänglich und gleichwohl einzigartig: Jede ist ein eigenes Biotop voller Leben. Dank zeitweiliger Wasserstellen entstehen regional typische größere Ökosysteme – unerlässlich für die biologische Vielfalt, den natürlichen Reichtum des Globus.

Mehr noch: Pfützen sind für uns Menschen bedeutsam – über Grund- und Trinkwasser hinaus! Ihre Verdunstung kühlt die Luft in aufgeheizten Städten. Sie helfen, vor Hochwasser und Überschwemmung zu schützen, deren Risiko durch Flussbegradigungen und Auenvernichtung hoch ist. Künstliche Vertiefungen entlang von Flüssen oder in Orten sind Rückhaltebecken und im Frühjahr artenreiche Tümpel. Auch für den Klimaschutz sind sie bedeutsam: Sie helfen bei der Wiedervernässung von Mooren, Pflanzenteile mit dem darin gebundenen CO2 dort einzuschließen.

Doch es bahnt sich ein Desaster an: Wegen zunehmender Trockenlegung von Feuchtgebieten zwecks intensiver Agrarnutzung, rasantem Städtewachstum und der Erderhitzung trocknen nicht nur Sümpfe und Flüsse aus, sondern auch Wasserlöcher. Infolgedessen sinken Grundwasserstände und schwinden für Zugvögel und wandernde Tierarten die einzigen Möglichkeiten, zwischendurch „aufzutanken“. Der Sommer 2022 und der März 2023 haben in vielen Ländern an versiegenden Flüssen und Seen gezeigt: Pfützen sind auch ein Zeichen der Erderhitzung.

Was ist zu tun? 

Es bieten sich vielfältige praktische Möglichkeiten an. Städte, Kommunen und Wirtschaftsunternehmen sollten viel mehr versiegelte Flächen – Parkplätze, Lagerflächen, asphaltierte Wege, zugepflasterte Plätze – aufbrechen und begrünen. In Parks und auf Wanderwegen sollte man Pfützen zulassen, statt sie zu beseitigen.

In Ballungsräumen braucht es wesentlich mehr Grünflächen zur Anpassung an den Klimawandel: Vegetation und Pfützen bringen Feuchtigkeit und Kühlung und dienen so der Gesundheit der durch die Erwärmung belasteten Menschen. In Orten und Städten sind Versickerungsbeete zu schaffen. Erst wenige experimentieren damit in häufig überschwemmten Straßen. Hier geht viel mehr, wie skandinavische Länder zeigen.

Auf dem Land ist die extensive Beweidung zu fördern. Und es muss mehr Renaturierung her! Samt Pfützen, damit Fische den Laich anderer Wasserbewohner nicht fressen, die rasant schrumpfende Artenvielfalt wieder steigt und als naturbasierte Lösung ein Überflutungsschutz eingebaut ist.

Im Fotobuch „Die Wunderwelt der Pfützen“ schildern wir Journalistinnen, Ursula Kosser und ich, nach einjähriger Recherche mit beeindruckenden Bildern deren Relevanz für den Wasserhaushalt, die biologische Vielfalt, überhitzte Städte, Geschichte, Kultur, Verhalten und anderes mehr. Unsere Recherchen brachten ans Licht, wie bedroht Pfützen sind, weil der Mensch die Natur übermäßig beansprucht. Das Buch ist eine Hommage an das kleinste Gewässer der Erde, das so unterschätzt und doch so bedeutsam ist.

Cover Die Wunderwelt der Pfützen

Ursula Kosser / Susanne Bergius:
Die Wunderwelt der Pfützen
136 Seiten, Oekom Verlag, 2023
19.- Euro
ISBN: 978-3-98726-014-8

Quelle: UD
 

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