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2084. Eine Zeitreise durch den Klimawandel

„2084“ ist aus der Sicht eines Historikers geschrieben, der im Jahre 2084 mit Zeitzeugen und Wissenschaftlern Interviews über den Klimawandel führt. Dabei erfahren wir, dass das Great Barrier Reef der Geschichte angehört, ehemalige Touristenregionen am Mittelmeer sind zu unbewohnbaren Wüsten geworden und in Paris ist wegen der starken Hitze niemand mehr auf den Straßen.

16.10.2020

James Lawrence Powell  - 2084. Eine Zeitreise durch den Klimawandel

Die aktuellen Waldbrände in Kalifornien und viele weitere Beispiele zeigen, dass diese Dystopie leider allzu real ist. Denn noch nie in der Geschichte der Menschheit sind Klimaschwankungen so rapide abgelaufen. In welcher Welt werden wir in Zukunft leben? Der renommierte Wissenschaftler James L. Powell nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch den Klimawandel. 

Im Interview spricht er darüber, was wir tun können, damit seine Fiktion nicht zur Fachliteratur wird.

Ihr Buch ist aus der Sicht eines Historikers geschrieben, der im Jahre 2084 mit Zeitzeugen und Wissenschaftlern Interviews über den Klimawandel führt. Wie kamen Sie auf diese besondere Idee?

James L. Powell: Ich habe viel darüber nachgedacht, wie man den Gefahren des vom Menschen verursachten Klimawandels am besten begegnen kann. Ich beschloss, das Buch weit in der Zukunft anzusiedeln, nachdem die Auswirkungen des Klimawandels bereits eingetreten sind, und die Geschichte von verschiedenen Menschen aus der ganzen Welt erzählen zu lassen.

Welches Interview war am schwierigsten zu schreiben?

Powell: Ich glaube, es war das Kapitel über den Tod in Würde, das am schwierigsten zu schreiben war. Wir wissen, dass die Selbstmordrate in Zeiten großer Belastung steigt, wie es in Berlin am Ende des Zweiten Weltkriegs geschah. Aber die globale Erwärmung wird so viel schlimmer sein und so lange andauern, dass die Zahl der Menschen, die sich entscheiden werden, sich das Leben zu nehmen, einem den Atem raubt.

Das Great Barrier Reef gehört der Geschichte an, ehemalige Touristenregionen am Mittelmeer sind zu unbewohnbaren Wüsten geworden und in Paris ist wegen der starken Hitze niemand mehr auf den Straßen. Sind diese konkreten Zukunftsbilder wirksamer als abstrakte wissenschaftliche Aufsätze?

Powell: Ich glaube, die Antwort auf den letzten Satz lautet „Ja“, und das war die Prämisse des Buches. Jemandem lediglich zu sagen, dass die globalen Temperaturen irgendwann in der Zukunft um sechs Grad Celsius höher sein werden, ist eine Art Abstraktion, die nicht wirklich deutlich macht, wie schlimm das sein wird und welche anderen Auswirkungen damit einhergehen werden.

Sie sind selbst Wissenschaftler, haben Geologie und Geochemie studiert. Wie erklären Sie sich das Leugnen des Klimawandels trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse?

Powell: Ich bin mir sicher, dass diejenigen, die leugnen, dass der menschengemachte Klimawandel wahr ist, dies nicht aus wissenschaftlichen Gründen tun. Die Wissenschaft ist glasklar. Sie tun es aus ideologischen Gründen, und es ist sehr schwer, die Meinung von Menschen zu ändern, die ihre Ansichten auf der Grundlage von Ideologie vertreten.

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Eine wiederkehrende Frage in „2084“ ist, wieso die heutigen Generationen zu wenig gegen den Klimawandel unternommen haben. Gibt es eine Antwort auf diese Frage?

Powell: Ich glaube, es gibt mehrere Antworten. Die eine ist, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel und seine schlimmsten Auswirkungen mehrere Jahrzehnte in der Zukunft liegen. Wir Menschen haben Schwierigkeiten damit, jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um etwas zu verhindern, das so weit in der Zukunft geschehen wird. Eine andere ist natürlich die Kampagne der fossilen Brennstoffindustrie und der Republikanischen Partei in den USA, die bestreiten, dass der menschengemachte Klimawandel überhaupt real ist.

Ihr Buch ist nicht nur eine Reise durch die Zeit, sondern auch eine Reise um den Globus. Gibt es Regionen, die weniger betroffen sein werden als andere?

Powell: Einer der Punkte, die ich versucht habe, in dem Buch zu vermitteln, ist, dass es keine „Gewinner“ geben wird. Einige Länder werden zweifelsohne besser abschneiden als andere, aber diese werden sich vielleicht einfach für die Übernahme durch ein großes und mächtiges Land anbieten: denken Sie nur an die USA, die Kanada übernehmen könnten oder an China, das übernimmt, was ihm gefällt.

Ihr Buch behandelt nicht nur die Folgen für die Umwelt, sondern auch mögliche gefährliche Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft. Welche zentralen Gefahren nehmen Sie an?

Powell: Ich denke, die Welt wird die Fortsetzung einer Tendenz sehen, die sich gerade im Moment vollzieht, wo sich immer mehr Länder für eine autoritäre Führungspersönlichkeit entscheiden. Dies geschieht in der Türkei, in den USA, in Ungarn, Weißrussland und so weiter. Ich glaube keinesfalls, dass eine demokratische Regierung die schlimmsten Auswirkungen der von der Menschheit verursachten globalen Erwärmung überleben wird.

„2084“ und „1984“ – Gibt es Parallelen zu George Orwells Dystopie?

Powell: Der große Unterschied besteht darin, dass Orwells großartiges Buch eine mögliche Zukunft andeutete, die jedoch vermieden werden könnte, wenn die Menschheit vorgewarnt würde. Ich hoffe, das trifft auf den menschgemachten Klimawandel zu, und das ist der Grund, warum ich dieses Buch geschrieben habe. Aber wie ich gerne sage, ist mein Buch jetzt Fiktion, wird aber schnell zur Sachliteratur werden, wenn wir nicht handeln – ­und zwar bald handeln.

Das letzte Kapitel heißt „Ausweg“. Können wir doch noch optimistisch in die Zukunft blicken?

Powell: Wir haben ein Jahrzehnt Zeit, um die Emissionen fossiler Brennstoffe um die Hälfte zu reduzieren. Dann müssen wir das Gleiche in den 30er Jahren und erneut in den 40er Jahren tun. Wenn wir das tun, können wir die schlimmsten Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels vermeiden. Aber wir müssen jetzt damit anfangen, und mit jedem Jahr, das wir hinauszögern, fügen wir einige Jahre mehr auf unserem Weg hinzu. Wenn wir jede verfügbare Energiequelle nutzen, um den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu reduzieren, und wenn wir jetzt damit beginnen, dann glaube ich wirklich, dass wir es schaffen können.

Am Ende stellt sich der Protagonist die Frage, ob es einen Unterschied gemacht hätte, das Buch in den frühen Zwanzigerjahren – also zu unserer heutigen Zeit – zu veröffentlichen. Welche zentrale Botschaft möchten Sie den Menschen vermitteln?

Powell: Meine Botschaft ist, dass wir auf unserem aktuellen Weg die Zukunft der Generation unserer Enkelkinder zerstören. Und wir tun dies freiwillig. Es muss nicht so sein, aber um dies zu verhindern, müssen sich die Menschen auf der ganzen Welt erheben, auf die Straße gehen und Regierungen stürzen, die sich weigern zuzuhören.

James Lawrence Powell
2084. Eine Zeitreise durch den Klimawandel
Quadriga Verlag 2020: 255 Seiten
ISBN: 978-3-86995-099-0
22,00 €

Quelle: UD/pm
 

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