Zwischen Bohnen, Bilanz und Betriebsmodellen: Halbzeit bei Tchibo Refurbished
Über 1.000 Transaktionen in wenigen Monaten: So lautet die erste Zwischenbilanz von Tchibo Refurbished, dem neuen Kreislaufmodell für Kaffeevollautomaten. Projektverantwortliche Karoline Reperich erzählt im UmweltDialog-Interview, warum das Unternehmen schon kurz nach Projektstart das Ankaufsportal nachsteuerte und welche Rolle Wirtschaftlichkeit und Impact-Messung für die Weiterentwicklung spielen.
08.12.2025
UmweltDialog: Vorige Woche haben wir über den Start von „Tchibo Refurbished“ und das Zusammenspiel von Rückkauf, Aufbereitung und Verkauf gesprochen. Wie fällt Ihre erste Zwischenbilanz aus – wie viele Maschinen wurden seit dem Start im Juni zurückgenommen und wiederverkauft?
Karolin Reperich: Wir haben kürzlich tatsächlich unsere Tausender-Transaktionsmarke geknackt. Über das Dashboard, das das Start-up koorvi für uns gebaut hat, können wir genau nachverfolgen, wie viel angekauft und wie viel verkauft wurde. Dabei muss man sagen, dass wir aktuell noch nicht in einem kompletten Durchlauf sind, bei dem wir wirklich alle Maschinen, die wir ankaufen, direkt wieder instand setzen und verkaufen können.
Das heißt?
Reperich: Wir sind mit beiden Angeboten Rückkauf und Verkauf gleichzeitig gestartet und wussten, dass wir am Anfang einen gewissen Puffer im Verkauf brauchen. Deshalb sind wir mit instand gesetzter Retourenware gestartet – und da haben wir direkt gemerkt, dass wir sehr schnell ausverkauft waren. Der Bedarf war wirklich da. Auf der anderen Seite hatten wir im Sommer aber auch einen Rückstau im Repair Center, weil so viele Maschinen ankamen.
Und ja, es kommt immer auf den Maßstab und die Erwartungen an, aber für uns ist das auf jeden Fall eine sehr positive Zwischenbilanz. Allein die Tatsache, dass wir jeden Tag ankaufen und verkaufen, ist für uns ein super Feedback.
Welche Rohstoffe können durch das Refurbished-Modell im Kreislauf gehalten werden? Trägt das Ihrer Einschätzung nach auch zu mehr Unabhängigkeit von globalen Märkten und Lieferketten – etwa gegenüber China – bei?
Reperich: Bei einer Kaffeemaschine oder einem Kaffeevollautomaten sprechen wir natürlich von einem absolut komplexen Produkt mit sehr vielen Komponenten. Hier sind viele Materialien wie z. B. Metalle und Kunststoffe verarbeitet. Dementsprechend macht es auch Sinn, besonders elektrische Produkte in den Kreislauf zu führen.
Was bei uns aktuell im Fokus steht, ist aber zunächst, dass wir intern das neue Geschäftsmodell testen und so anpassen, dass es für uns funktioniert. Darauf liegt unser erster Schwerpunkt, auch was das Thema Impact Measurement betrifft. Für diesen kleinen Piloten tracken wir noch nicht systematisch CO2-Emissionen. Auf Rohstoffebene sehen wir uns noch nicht an, wie viel Gramm oder Kilo eines bestimmten Materials eingespart werden. Wir gehen da Schritt für Schritt vor – mit der klaren Vision, ein Geschäftsmodell aufzubauen, bei dem die Maschinen im Kreislauf geführt werden können, inklusive der entsprechenden Vorteile, die damit einhergehen.
Rechnet sich das Programm denn wirtschaftlich?
Reperich: Die Prämisse unserer Arbeit im Circular Solutions Lab bei Tchibo ist, dass es einen Business Case geben muss. Der wurde vorab für das Programm berechnet. Und selbst für die Testphase war der Anspruch, dass es uns nichts kosten darf, sondern sich tragen muss. Wenn wir über Skalierung sprechen: Wir sind gerade noch unter Laborbedingungen unterwegs, haben Workarounds und sind noch nicht komplett in unsere Systeme integriert. Das Ziel ist aber, dass dieses Projekt wirtschaftlich ist. Und genau das ist unser Anspruch. Wir schauen uns jedes Quartal die Zahlen sehr streng an, justieren nach und sind sehr tief in der Analyse drin.
Welche Erfahrungen haben Sie in den ersten Monaten gesammelt – was lief anders als erwartet?
Reperich: Wir sind im Sommer gestartet und hatten drei Monate später einen Termin mit den relevanten Fachbereichen, um auf die ersten Ergebnisse zu schauen – ein sogenanntes Review. In der Vorbereitung waren wir schon ziemlich tief in den Daten, und wir haben bereits nach den ersten Monaten an einigen Rädchen gedreht.
Ein Punkt war das Ankaufsportal. Wir sind zunächst mit einer Zustandstabelle gestartet, in der Kundinnen und Kunden in einer tabellarischen Übersicht sehen konnten, welche Checkboxen für die verschiedenen Ankaufszustände zu erfüllen sind. Dabei haben wir gemerkt, dass sich viele bei der Tassenanzahl verrechnet haben – was ja auch nachvollziehbar ist. Es ist nicht ganz einfach einzuschätzen, ob eine Maschine unter oder über 750 Tassen gebrüht hat.
Wie haben Sie das gelöst?
Reperich: Wir haben uns sehr schnell dazu entschieden, die Kundinnen und Kunden stärker an die Hand zu nehmen und auf eine Entscheidungsbaum-Logik umzubauen. Jetzt fragen wir beispielsweise, wie alt die Maschine ist und wie viele Tassen täglich gebrüht wurden; der Rest wird im Hintergrund berechnet. So stellen wir sicher, dass wir die Tassenzahlen bekommen, die wir brauchen.
Relativ früh – ich meine schon nach drei Wochen – haben wir außerdem gemerkt, dass wir die Tassendurchläufe bei 4.000 deckeln müssen. Nicht, weil die Maschinen sonst schlecht wären, sondern weil wir den Anspruch haben, wirtschaftlich zu bleiben und die Geräte mit Garantie wieder herauszugeben.
Welche nächsten Schritte planen Sie – weitere Modelle, stationäre Rücknahme, neue Märkte?
Reperich: Wir haben jetzt Halbzeit, und das heißt, wir müssen die Köpfe zusammenstecken und überlegen, wie es weitergeht. Eine Portfolioerweiterung ist dabei ein Punkt. Wir sind mit dem Vollautomaten Esperto Caffé der ersten Generation gestartet und haben nach dem ersten Review schon erweitert. Seit Kurzem ist auch der Esperto II mit dabei – da hat bereits eine Erweiterung stattgefunden. Aber man kann natürlich auch weiterdenken: andere Kaffee-Kompetenzartikel, andere Vertriebsländer, die ebenfalls Interesse signalisiert haben. Diese Gespräche führen wir derzeit – wie man das Angebot größer stricken kann.
Ebenso behalten wir im Blick, dass dieser Pilotzeitraum eine Chance ist, zu lernen und das Angebot wirklich gut für uns aufzusetzen. Wir wollen nicht vorschnell handeln. Erst müssen wir unsere Hausaufgaben machen, das Angebot ‚perfektionieren‘ – und dann kann man gesund wachsen. Denn es ist ein Geschäftsmodell mit Hand und Fuß, das gut überlegt und vorbereitet sein muss.
Vielen Dank für das Gespräch!