GIZ und TUI Deutschland: Nachhaltiger Tourismus in arabischen Ländern
Investitionen in Entwicklungs- oder Schwellenländer gelten zunehmend als erfolgsversprechend, aber auch die damit verbundenen Risiken sind bekannt: Mangelnde Rechtssicherheit, schlechte Infrastruktur und kulturelle Hürden lassen Unternehmen vor dem Markteintritt in diese Länder zurückschrecken. Jedoch können solche Risiken durch Partnerschaften mit öffentlichen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, wie der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), abgemildert und gleichzeitig ein Nutzen für alle Beteiligten erzielt werden. Welche Synergien sich aus Projekten dieser Art ergeben können, zeigt die Entwicklungspartnerschaft zwischen TUI Deutschland und der GIZ. Gemeinsam setzen sie sich für die Förderung des nachhaltigen Tourismus in Ägypten und Tunesien ein.
08.11.2012
Der Green Star: Nachhaltigkeitslabel für die ägyptische Hotelindustrie
Um diesen negativen Auswirkungen auf die Umwelt entgegenzuwirken und gleichzeitig die Energiekosten der Hotels zu senken, schlossen sich 2007, im Rahmen des vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten develoPPP.de-Programms, die GIZ, die Hotelentwicklungsgesellschaft Orascom Hotels & Development sowie AGEG Consultants zusammen. Das develoPPP.de-Programm fördert Unternehmen, die nachhaltig in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren, mit bis zu 200.000 Euro. Gemeinsam riefen die drei Partner die Green Star Hotel Initiative (GSHI) ins Leben, zu der 2009 auch die Travco Group und TUI Deutschland stießen. Im Rahmen der Initiative entwickelten sie den sogenannten „Green Star“ - ein Nachhaltigkeitslabel für die ägyptische Hotelindustrie. Durch das Projekt erhalten die teilnehmenden Hotels Unterstützung beim Aufbau und der Implementierung eines Umweltmanagementsystems. So will die Initiative erreichen, dass die Hotels ihren Energie- und Wasserverbrauch um 20 bis 30 Prozent senken, vermehrt erneuerbare Energien nutzen und Müll und Abwasser umweltgerecht entsorgen. Außerdem sollen die Mitarbeiter in Sachen Umweltschutz sensibilisiert und ein nachhaltiges Hotelmanagement aufgebaut werden. Die Zertifizierung durch die GSHI bestätigt ein funktionierendes Umweltmanagementsystem und kann zudem eingesetzt werden, um Gäste zu werben. Dies wird auf Grund des zunehmenden Interesses von Touristen an nachhaltigen Reisen immer wichtiger: Eine Studie des Instituts für Tourismuswirtschaft der Hochschule Luzern fand 2011 heraus, dass 20 Prozent der insgesamt 6.000 interviewten internationalen Touristen nachhaltigen Urlaub nachfragen. 22 Prozent gaben Nachhaltigkeit als eines von drei Top-Kriterien an. Die mit dem Green Star ausgezeichneten Hotels können bei diesen Gästen durch ihre bestätigte Umweltfreundlichkeit punkten.
Durch Entwicklungspartnerschaften Kompetenzen ergänzen
Gestartet wurde das Projekt in fünf Pilotregionen am Roten Meer. 51 Hotels sind bisher Teil der Initiative, 34 von ihnen wurden bereits zertifiziert und weitere 15 sind auf dem Weg dorthin. Diese Hotels sollen sich als Vorreiter etablieren, der GSHI mehr Bekanntheit verschaffen und andere Hotels als Teilnehmer anlocken. Ziel der Initiatoren ist es, das Projekt vor Ort zu verankern, so dass es künftig als Public Private Partnership zwischen dem ägyptischen Tourismusministerium, den Branchenverbänden, Travco, Orascom sowie TUI weitergeführt werden kann. Dazu wurde die gesamte Projektentwicklung speziell an die lokalen Ansprüche angepasst: „Es war wichtig, auf ägyptische Besonderheiten einzugehen, daher wurden Kriterien und Benchmarks für den regionalen Kontext entwickelt“, berichtet Dieter Semmelroth, Leiter Hotelfinanzierung bei TUI. Hier konnte das Unternehmen aus den Erfahrungen der GIZ schöpfen, die sich seit vielen Jahren in Ägypten engagiert. Durch Entwicklungspartnerschaften, wie zum Beispiel der GSHI, können Unternehmen ihre Fachkompetenz mit dem Know-how der GIZ bündeln. So profitieren sie beispielsweise von dem breiten Netzwerk der GIZ mit Partnern aus Regierungen, der Wirtschaft, Gemeinden und NGOs. Zudem unterstützt die GIZ sie beim Aufbau funktionierender Managementsysteme. Für Unternehmen, die sich auf diese Weise engagieren und mit der GIZ zusammen arbeiten wollen, bietet die GIZ verschiedene Kooperationsmodelle. So sind zum Beispiel auch Kofinanzierungen möglich: Diese sind für ein Unternehmen dann sinnvoll, wenn die Aktivitäten der GIZ vor Ort interessante wirtschaftliche Chancen für sie eröffnen und sie mit den eigenen Angeboten zum Gelingen des Projekts beitragen können. Für solche Unternehmen besteht die Möglichkeit, in entsprechende Projekte zu investieren, von der Beratung der GIZ zu profitieren und gleichzeitig neue Geschäftspotentiale zu erschließen.
Wirtschaftliche Integration von Frauen in Tunesien
Doppelter Nutzen: Umsatzzuwachs und Förderung des Demokratisierungsprozesses
Obwohl sich in Tunesien gute Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen in den Hotels bieten und sowohl Kunden als auch Hotelmanager die Leistung der weiblichen Kräfte schätzen, hat die Arbeit von Frauen im Tourismus keinen guten Ruf in der tunesischen Gesellschaft. Demnach finden sich in den Hotels nur wenig weibliche Angestellte: „Der Beschäftigungsanteil von Frauen in tunesischen Hotels liegt nur zwischen zehn und 30 Prozent und konzentriert sich auf Arbeitsbereiche wie Reinigung, Wäscherei, Küche, Empfang sowie Wellness“, berichtet Winter. Das erfordert keine hohe Qualifikation und wird meist schlecht bezahlt. Mit ihrem Projekt wollen die GIZ und TUI dies ändern und damit auch den Demokratisierungsprozess fördern: Denn vermehrte und bessere Beschäftigung von Frauen bedeutet eigenes Einkommen, Unabhängigkeit, Verhandlungsmacht im Haushalt, Mitsprache, gesellschaftliche Teilhabe und Mündigkeit.
Auch diese Initiative wird im Auftrag des BMZ von der GIZ durchgeführt, die sich für die Umsetzung im Rahmen einer Kofinanzierung mit TUI zusammenschloss. „Wir konnten das Bundesministerium für eine zusätzliche erhebliche finanzielle Unterstützung des Projekts gewinnen und haben mit der GIZ die größte und wichtigste Entwicklungsorganisation Deutschlands an Bord“, so Prof. Dr. Harald Zeiss, Leiter TUI Nachhaltigkeitsmanagement. Das BMZ sowie TUI tragen zur Realisierung des Projekts jeweils eine halbe Million Euro bei.
Die Initiative setzt sich aus drei miteinander verknüpften Projekten zusammen. Im ersten Ansatz soll die Weiterbildung und Sensibilisierung des Managements größerer Hotels zu den Themen CSR und Chancengleicheit sowie die anschließende Implementierung gefördert werden. Dazu wurde eine Seminarreihe entwickelt, die ab Dezember in Hammamet starten wird. In erster Linie sollen so die Arbeitschancen und -bedingungen von Frauen im Hotelsektor verbessert werden. Das zweite Projekt kümmert sich um die Weiterbildung von jungen, vornehmlich weiblichen Hotelangestellten, so dass sie höherwertige Tätigkeiten übernehmen können und die Servicequalität verbessert wird. Die Aktivitäten hierzu sollen Anfang 2013 beginnen. Einen etwas anderen Ansatz verfolgt das dritte Projekt, das Frauen unterstützt, die im traditionellen Kunsthandwerk tätig sind und in Dörfern im Umkreis der Partnerhotels leben. Unter ihnen werden Handwerkerinnen mit besonderem Potential ausgewählt und durch gezielte Produkt- und Marktentwicklung unterstützt. Hierzu konnten bereits einige Produzentinnen gewonnen werden und ebenso Hotels, in denen die Produkte im Rahmen von kleinen Bazaren ausgestellt und zum Verkauf angeboten werden. Eine weitere Idee ist, die Dörfer in das touristische Exkursionsangebot der Hotels zu integrieren.