Vielfalt & Inklusion

Start-ups von Frauen erhalten nur Bruchteil des Risikokapitals

Der anhaltende Gender Pay Gap zeigt sich nun auch in der deutschen Start-up-Szene: Laut einer aktuellen Studie von EY erhielten reine Frauenteams im vergangenen Jahr nur zwei Prozent des investierten Risikokapitals. Reine Männerteams sicherten sich dagegen 87 Prozent der Finanzierungen.

22.04.2024

Start-ups von Frauen erhalten nur Bruchteil des Risikokapitals
Im Jahr 2023 erhielten 237 Frauen und 1.713 Männer finanzielle Unterstützung für ihre neu gegründeten Unternehmen.

Konkret flossen nur 102 Millionen Euro in Start-ups mit rein weiblichen Gründungsteams – das entspricht lediglich zwei Prozent des gesamten Wagniskapitals. Dagegen erhielten rein männlich geführte Start-ups 87 Prozent des Kapitals, was 4,9 Milliarden Euro entspricht. Die restlichen 608 Millionen Euro gingen an Start-ups, deren Gründungsteam sowohl aus Männern als auch aus Frauen bestand.

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Diese Diskrepanz wird besonders deutlich, wenn man die Diversität innerhalb der Gründungsteams in Relation zur Höhe der Finanzierungsrunden betrachtet: Der Frauenanteil an allen Start-ups, die im vergangenen Jahr eine neue Finanzierung erhalten haben, lag bei 12,2 Prozent. Bei Start-ups, die eine Finanzierung von mindestens 50 Millionen Euro erhielten, lag der Frauenanteil in den Gründungsteams hingegen nur bei 1,8 Prozent. Die Analyse zeigt: Je größer die Finanzierungsrunden, desto geringer der Frauenanteil.

Insgesamt bestanden die Gründungsteams der Start-ups, die 2023 in Deutschland mindestens eine Finanzierungsrunde abgeschlossen haben, aus 1.950 Personen – davon waren 237 Frauen. Im Bundesländervergleich weisen Berliner Start-ups den höchsten Frauenanteil in den Gründungsteams auf: Im vergangenen Jahr erhielten insgesamt 265 Berliner Unternehmen, deren Gründungsmitglieder bekannt sind, frisches Kapital – der Frauenanteil lag dort bei 17 Prozent. Zum Vergleich: In Bayern und in Baden-Württemberg waren es zwölf Prozent, in Nordrhein-Westfalen 13 Prozent.

Diese und weitere Ergebnisse gehen aus dem Startup-Barometer der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) mit Fokus auf Gründerinnen hervor. Als Start-ups gelten dabei Unternehmen, die nicht älter als zehn Jahre sind. Unternehmen, bei denen die Zusammensetzung des Gründungsteams nicht ermittelt werden konnte, wurden nicht in die Analyse einbezogen.

Dr. Thomas Prüver, Partner bei EY: „Wir sehen hierzulande bei der Start-up-Finanzierung eine massive ,Gender Investment Gap‘.“ Die Gründe hierfür seien vielfältig und vielschichtig: „Zum einen sehen sich Frauen in der Wirtschaftswelt nach wie vor größeren Herausforderungen gegenüber als Männer. Dabei spielen auch im Jahr 2024 noch traditionelle Rollenbilder eine Rolle.“

Diversität als Erfolgsfaktor: Warum die Start-up-Welt mehr Gründerinnen braucht

Prüver hält dagegen: „Start-ups sind ein essenzieller Innovationsmotor für die Wirtschaft. Gerade wenn es um neue Impulse, Ideen und Ansätze geht, ist Diversität ein Schlüssel, um am Markt zu punkten. Denn Vielfalt fördert Innovation und Kreativität, führt zu einem reichhaltigen Ideenpool. Wenn in einer männlich dominierten Wirtschaftswelt männlich dominierte Investoren bevorzugt in Start-ups männlicher Gründer investieren, läuft etwas grundlegend schief.“

Es lässt sich feststellen, dass der Anteil der Start-up-Gründerinnen in den letzten zehn Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Auch wenn dieser Trend noch schwach erscheine, sei er positiv und werde sich hoffentlich noch verstärken, so Prüver: „Je mehr Beispiele es von erfolgreichen Gründerinnen gibt, desto mehr ambitionierte Jungunternehmerinnen werden ihnen folgen – und damit das Start-up-Ökosystem, das sich aktuell ohnehin in einem Umbruch befindet, wirtschaftlich weiter verstärken.“

Ein weiterer Grund für die geschlechtsspezifische Investitionslücke liegt in den unterschiedlichen Branchenschwerpunkten von Gründerinnen und Gründern. In vier der fünf Top-Sektoren nach Finanzierungsvolumen im Jahr 2023 liegt der Anteil der Gründerinnen nur unterdurchschnittlich, teilweise sogar deutlich darunter. Während der Frauenanteil im Sektor Software & Analytics bei zehn Prozent liegt, sind es im Sektor Energy nur zwei Prozent. In den Sektoren Mobility sowie Media & Entertainment und FinTech liegt er bei jeweils sechs Prozent.

Gründerinnen im Aufschwung: Erfolg in Gesundheit und Tech trotzt Hürden

Besonders stark sind Gründerinnen im Gesundheitssektor vertreten, wo fast ein Viertel der Gründer weiblich sind. Auch in den Bereichen Recruiting, AdTech und E-Commerce ist der Frauenanteil überdurchschnittlich hoch. Prüver: „Generell erhalten Start-ups, die auf dem Know-how aus dem MINT-Bereich basieren, deutlich mehr Kapital als andere Jungunternehmen. Besonders deutlich zeigt sich das bei den Technologie-Start-ups, die aktuell überdurchschnittlich viel Kapital einsammeln. Und gerade hier sind Frauen in den Gründungsteams deutlich unterrepräsentiert.“

Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass Frauen bei der Studienfachwahl deutlich seltener ein MINT-Fach wählen. Zwar sind immer noch zwei von drei Studierenden in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik männlich, doch hat sich die Zahl der weiblichen Studierenden laut Statistischem Bundesamt in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt – wenn auch zuletzt mit leichten Rückgängen. Das sei ein wichtiges Signal, so Prüver, denn: „Ich rechne fest damit, dass die Zahl der Gründerinnen in MINT- Sektoren weiter steigen wird – und sich in der Folge auch die ,Gender Investment Gap‘ Stück für Stück schließen wird.“

Die komplette Studie können Sie hier kostenlos bestellen. 

Quelle: UD/cp
 

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