Business Case

Mit den Produktions-Stopps fing die Arbeit erst an

Die Corona-Krise trifft die Wirtschaft hart. Unternehmen müssen einerseits ihre Mitarbeiter schützen und andererseits die gestoppte Produktion wieder anfahren sowie löchrige Lieferketten flicken. Bei Porsche spielt die „Gefahrenabwehrorganisation“ eine wichtige Rolle in schwierigen Zeiten.

27.04.2020

Mit den Produktions-Stopps fing die Arbeit erst an
Kirsenmanagment in Zeiten der COVID-19-Pandemie bei Porsche

Nichts ist beständiger als der Wandel. Diese Weisheit, die mal dem griechischen Philosophen Heraklit und mal Charles Darwin zugesprochen wird, gilt auch für Unternehmen. Denn nur die Wirtschaftsakteure werden bestehen, die sich am besten den zukünftigen Entwicklungen anpassen. Für „normale“ Zeiten haben viele Firmen Verfahren der „Strategischen Frühaufklärung“ in ihre Prozesse integriert. Damit wollen sie, wie die Innovationsforscher René Rohrbeck und Hans Georg Gemünden schreiben, rechtzeitig technologische Trends, zukünftige Geschäftsfelder und Diskontinuitäten erkennen und darauf aufbauend mit passgenauen Innovationen ihre Stellung im Markt verbessern.

Eine „Diskontinuität“ wie den Corona-Virus, der nun schon seit Monaten die Wirtschaft lahmlegt, hätte auch das hochkarätigste Expertengremium nicht termingenau voraussagen können. Gleichwohl bewähren sich nun Vorkehrungen in der Betriebsorganisation, um auch in Krisenzeiten handlungsfähig zu sein.

Vorstandsmitglieder Andreas Haffner (Links) und Oliver Blume (Mitte) bei der Gefahrenabwehrorganisation
Vorstandsmitglieder Andreas Haffner (Links) und Oliver Blume (Mitte) bei der Gefahrenabwehrorganisation

Hunderte Entscheidungen waren zu treffen

So hat die Porsche AG beispielsweise bereits im Januar in der Zentrale in Zuffenhausen ein Gremium namens „Gefahrenabwehrorganisation“ (GAO) aktiviert, das den Sportwagenhersteller durch die schwierige Zeit manövrieren soll. Der interdisziplinäre Expertenkreis tagt laut Porsche mehrmals in der Woche und legt die Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen fest, um die Mitarbeiter bestmöglich vor dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen. Geleitet wird die GAO vom Leiter der Unternehmenssicherheit, Florian Haacke, und von Dr. Daniel Mauss, dem Leiter des Gesundheitsmanagements. An allen deutschen Standorten gibt es regionale GAO-Gremien, denen jeweils Mitglieder verschiedener Unternehmensbereiche wie Betriebsrat, Unternehmenskommunikation oder Finanz- und Personalwesen angehören.

Zu entscheiden gibt es in Krisen wie der aktuellen eine Menge. Porsche spricht von mehr als 100 Direktiven, die die GAO bereits herausgegeben hat. Sie befassen sich mit Themenbereichen wie der Anpassung von Reiserichtlinien, der frühzeitigen Rückholung von Mitarbeitern in Auslandseinsätzen, dem Umgang mit Covid-19-Verdachtsfällen und -erkrankungen, generellen Hygiene- und Verhaltensmaßnahmen, Richtlinien für Versammlungen, dem Umgang mit Lieferanten, die aus Risikogebieten anreisen, und einigem mehr.

In einer solchen Phase ist es das Wichtigste, dass sich unsere Kolleginnen und Kollegen mit ihren Fragen und Sorgen nicht alleine gelassen fühlen.

Bei allen eher organisatorischen Vorkehrungen dürfe eines nicht versäumt werden, betont Florian Haacke gegenüber der Presse: „In einer solchen Phase ist es das Wichtigste, dass sich unsere Kolleginnen und Kollegen mit ihren Fragen und Sorgen nicht alleine gelassen fühlen.“ Porsche hat deshalb eine Hotline und eine zentrale E-Mail-Adresse geschaffen, an die sich die Beschäftigten mit ihren Fragen zur Corona-Krise wenden können.

Jetzt schon an die Zeit danach denken

Mindestens genauso komplex wie das Herunterfahren der Produktion wird absehbar auch die Wiederinbetriebnahme der Fabriken sein. Denn derzeit ruht die Arbeit in nahezu allen europäischen Autofabriken. Porsche stellte beispielsweise die Fertigung in den Werken Zuffenhausen und Leipzig Mitte März ein. Etwa ein Drittel der Belegschaft befindet sich nach Darstellung von Vorstandschef Oliver Blume in Kurzarbeit. Regelmäßig wird überprüft, wann es wieder losgehen kann. Noch seien die Lieferketten aber so gestört, dass die Produktion noch nicht wieder geordnet angefahren werden könne, sagte ein Porsche-Sprecher der Stuttgarter Zeitung noch Mitte April 2020.

Seit Mitte März steht die Produktion aufgrund des Coronavirus bei Porsche still.
Seit Mitte März steht die Produktion aufgrund des Coronavirus bei Porsche still.

Andere Hersteller haben hingegen bereits angekündigt, ihre Standorte nach und nach wieder hochzufahren. Audi will beispielsweise bis Ende April 2020 wieder regulär produzieren. Produktionsvorstand Peter Kössler bezeichnet dieses Vorhaben als „europäischen Gemeinschaftsakt“. Immerhin müssten die teilweise unterbrochenen Lieferketten mit den Produktionsabläufen und den Logistikprozessen verzahnt werden.

Viel zu regeln gebe es auch in den Fabriken selbst: Dies fange bei der Organisation der Schichten an, um möglichst wenige Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. An Arbeitsplätzen, wo es nicht möglich ist, ausreichend entfernt voneinander zu arbeiten, müssen physische Abgrenzungen geschaffen werden. In der Türen-Vormontage hätten die Beschäftigten etwa eine transparente Barriere aus Kunststofffolie entwickelt, um die gemeinsam am selben Transportgestell arbeitenden Mitarbeiter zu schützen.

Die Sicherheit der Menschen steht beim Wiederanlauf der Produktion im Vordergrund.

Sicherheit der Menschen steht im Vordergrund

Auch Porsche-Chef Oliver Blume befasst sich bereits mit dem Wiederstart der Produktion: „Für die Fabriken gehen wir gedanklich den kompletten Arbeitstag durch; von Fiebermessungen zu Hause über Schutzbekleidung und Hygiene bis zur Organisation der Arbeitsplätze. Die Sicherheit der Menschen steht beim Wiederanlauf der Produktion im Vordergrund.“

Wie wird sich die Krise auf das weitere Geschäft auswirken? Blume zeigt sich verhalten optimistisch: „Gerade in Phasen wie diesen entstehen bei den Menschen Träume und Bedürfnisse. Der Bedarf an Sportwagen ist nach der Krise vielleicht sogar höher als vorher, das wäre zumindest mein Wunsch.“ Unverändert verfolge Porsche aber die CO2-Reduktionsziele seiner Nachhaltigkeitsstrategie. In den nächsten fünf Jahren würden 15 Milliarden Euro für Themen wie E-Mobilität, nachhaltige Produktion und Digitalisierung investiert.

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Infokasten Wohltätigkeit

Unternehmen verstärken ihr soziales Engagement

In der Virus-Krise richten Unternehmen ihren Blick nicht nur nach innen, sondern engagieren sich auch sozial. So auch Porsche: Der Sportwagenbauer konzentriert seine Hilfsaktivitäten auf Baden-Württemberg und Sachsen, wo es Porsche-Standorte gibt. „Zum Beispiel unterstützen Berater von Porsche Consulting die Krisenstäbe der beiden Bundesländer, auch unsere IT-Spezialisten von MHP sind dabei im Einsatz. Wir organisieren zudem die Lieferketten für Schutzkleidung, spenden Ausrüstung aus unserem Lager, außerdem Geld für Krankenhäuser und Lebensmittel für Tafeln; das Spendenbudget haben wir um fünf Millionen Euro aufgestockt“, führt Vorstandschef Oliver Blume in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung aus. Allein das Vorstandsteam stellte eine halbe Million Euro Spendengelder bereit, wie Porsche mitteilt. Unterstützt werden gemeinnützige Initiativen aber auch mit Sachleistungen wie der Bereitstellung von Lieferfahrzeugen aus dem Fuhrpark samt Fahrer oder Arbeitsstunden am 3D-Drucker.

Quelle: UmweltDialog
 

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