Arbeitsplatz

Für gesunde Mitarbeiter ist das Management zuständig

Jedes Jahr gehen der deutschen Wirtschaft 149 Milliarden Euro verloren, weil Mitarbeiter wegen Berufskrankheiten oder Arbeitsunfällen ausfallen. Ein Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA) gemäß ISO 45001 soll solche Risiken minimieren. DNV hat seine Kunden befragt, wie sie ihre Belegschaften vor Gesundheitsrisiken und unsicheren Arbeitsplätzen schützen.

02.07.2021

Für gesunde Mitarbeiter ist das Management zuständig

Jedes Jahr beklagen die deutschen Unternehmen fast eine Million Arbeitsunfälle. Im Jahr 2019 starben sogar 626 Menschen nach einem Unglück an ihrer Arbeitsstelle, berichten die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie das Bundesarbeitsministerium in ihrem Bericht zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2019.

Jeder einzelne Arbeitsunfall bedeutet persönliches Leid für die Betroffenen, Arbeitsunfälle verursachen aber auch enorme volkswirtschaftliche Schäden. Die Unfallversicherungsträger wendeten dafür laut BAuA-Bericht 2019 beispielsweise fast 17 Milliarden Euro für Behandlungen, Renten und weitere Hilfemaßnahmen auf. Hinzu kamen noch gute 1,3 Milliarden Euro für Präventionsmaßnahmen. In den Unternehmen wiederum fehlen die verunglückten Arbeitskräfte. Die Produktionsausfallkosten beziffert die BAuA auf 88 Milliarden Euro, den Ausfall der Bruttowertschöpfung auf 149 Milliarden Euro.

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Bis zu 90 Prozent der Arbeitsunfälle entstehen laut den Industrie- und Handelskammern (IHK) durch individuell unsicheres Verhalten und ereignen sich, wie arbeitssicherheit.de ausführt, in Momenten, in denen unvorhergesehene Dinge passieren. Als gut geeignet, um die Risiken für Arbeitsunfälle und Gesundheitsschäden zu minimieren, gilt das Konzept der verhaltensbasierten Arbeitssicherheit. Dabei sollen standardisierte Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die ein sicherheitsorientiertes Verhalten der Mitarbeiter fördern.

In Deutschland hat SGA eine lange Tradition und ist in viele rechtliche Bedingungen und berufsgenossenschaftliche Vorschriften eingebettet. Darüber hinaus bieten ISO-Standards wie die ISO 45001 einheitliche Grundstrukturen für eine systematische und fortlaufende verbesserte Vorgehensweise. Das Zertifizierungsunternehmen DNV hat seine Kunden befragt, wo sie aktuell beim Arbeits- und Gesundheitsschutz stehen und wie sie aktuelle Trends nutzen.

Zertifizierte Unternehmen erreichen Arbeitsschutzziele schneller

Systematischer Arbeits- und Gesundheitsschutz ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen, sagt Beatrice Maier, Trainerin und Auditorin bei DNV: „Mängel im Bereich SGA können auch zu Qualitätsproblemen führen und sich schlecht auf die Geschäftsergebnisse auswirken. Letztendlich schaden sie der Marktreputation.“

Nach Beobachtung von DNV ist in den vergangenen drei Jahren ein deutlicher Wandel hin zu einer reiferen Herangehensweise an den Arbeits- und Gesundheitsschutz festzustellen. Dies bestätigen die Ergebnisse einer ViewPoint Espresso-Umfrage von März 2021. 57 Prozent der befragten Firmen – und damit deutlich mehr als noch 2018 – schätzen sich beim Reifegrad ihres Managementsystems für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz als zur Zeit „ausbauend und verfestigend“ und sogar „führend“ ein.

Die Ergebnisse spiegeln möglicherweise auch bis zu einem gewissen Grad das veränderte Risikobild wider, das durch die COVID-19-Auswirkungen im letzten Jahr entstanden ist. Die Pandemie hat die Unternehmen dazu gezwungen, sich stärker auf Fragen der Gesundheit und Sicherheit zu konzentrieren und hat deutlich gemacht, dass SGA eine Managementaufgabe ist.
Mehr als 1.100 Kunden hatten sich an der nicht repräsentativen Befragung im Kunden-Portal „ViewPoint“ beteiligt.

Mit der Norm ISO 45001, Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, zertifizierte Unternehmen sind laut den Umfrageergebnissen erfolgreicher bei der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen und erreichen ihre Arbeitsschutzziele schneller. Am weitesten umgesetzt waren zum Zeitpunkt der Befragung Notfallmaßnahmen wie Brandbekämpfung oder Erste Hilfe. 40 Prozent der Befragten schätzten diese Maßnahmen auch als effektiv ein. Mit gut 37 Prozent als fast ebenso effektiv bewertet wurden regelmäßige Wartungs- und Unterhaltungsmaßnahmen an Gebäuden und Einrichtungen. Danach folgte die medizinische Überwachung der Mitarbeiter, um sie vor jobbedingten Gesundheitsschäden zu schützen.

DNV weist auf eine Besonderheit dieses Ergebnisses hin: Zertifizierte Unternehmen bewerteten die Maßnahmen medizinischer Überwachung höher als Notfallmaßnahmen, letztere standen wiederum bei nicht zertifizierten Unternehmen höher im Kurs. Dies könne im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Zertifizierte Unternehmen hätten sich möglicherweise als besser vorbereitet für den Umgang mit solchen Herausforderungen erwiesen.

Einen weiteren Unterschied zwischen zertifizierten und nicht zertifizierten Unternehmen hat DNV in der Berücksichtigung psychosozialer Risiken für die Mitarbeiter ausgemacht. Mehr als 70 Prozent der zertifizierten Unternehmen haben nämlich entsprechende Prozesse bereits wenigstens ansatzweise in ihr Gesundheitsmanagement integriert.

Zwei Bauarbeiter mit gelben Helmen

Offener für verhaltensbasierte Arbeitssicherheit

Über das Gesundheits- und Arbeitssicherheitsmanagement hinaus sind zertifizierte Unternehmen auch offener für die Umsetzung von Programmen der verhaltensbasierten Arbeitssicherheit, ergab die Espresso-Umfrage außerdem. Immerhin 21 Prozent von ihnen haben solche Programme bereits implementiert und rund 34 Prozent sind auf dem Weg dorthin. Bei den nicht zertifizierten Unternehmen war die Umsetzungsquote mit acht Prozent deutlich geringer. 21 Prozent aus dieser Gruppe hatten mit der Umsetzung begonnen. Bezogen auf konkrete Maßnahmen setzen die Unternehmen vor allem darauf, die Belegschaft für das Thema Arbeitsschutz zu sensibilisieren. Hoch im Kurs stehen auch die Analyse des sicherheitsrelevanten Verhaltens sowie die Identifikation von möglichen Verbesserungsmöglichkeiten.

Auffällig ist allerdings, dass die Umsetzungsintensität jeweils eher gering ist. Die Befragten konnten den Umsetzungsgrad einzelner Maßnahmen auf einer Skala von 1 (nicht umgesetzt) bis 4 (mit messbaren Verbesserungen eingeführt) einordnen. Die am besten umgesetzte Maßnahme, nämlich die Sensibilisierung der Mitarbeiter, erreichte dabei nur einen durchschnittlichen Wert von 2,74. Demgegenüber erreichte die Ausbildung von Multiplikatoren, die auf sicherheitsbewusstes Verhalten ihrer Kollegen achten, mit 2,51 den schlechtesten durchschnittlichen Umsetzungswert.
Einen zusätzlichen Schub kann das betriebliche Gesundheits- und Arbeitssicherheitsmanagement in der Zukunft durch die Digitalisierung erhalten, glauben die Befragten abschließend. 43 Prozent glauben beispielsweise, dass digitale Lösungen wie Roboter oder Drohnen dabei helfen können, Arbeitsplätze sicherer zu machen. Jeweils knapp 30 Prozent nannten weitere Einsatzfelder für digitale Technologien: die Erkennung spezifischer Arbeitsplatzrisiken durch Künstliche Intelligenz sowie effektivere Sicherheitsschulungen.

Unterstützung beim Arbeitsschutz-Management gemäß ISO 45001

DNV unterstützt Unternehmen mit verschiedenen Angeboten bei der, Bewertung und Zertifizierung eines Managementsystems für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gemäß der seit 2018 geltenden Norm ISO 45001. Verschiedene Trainings führen in deren Grundlagen ein, vermitteln aber auch Kenntnisse über den Auditprozess. Im Rahmen des Trainingsangebots gibt es darüber hinaus Schulungen zu neuen ISO Leitfäden der 45000er Familie wie der neuen ISO 45005:2020, die ganz aktuell Leitlinien zur Arbeitssicherheit unter den Vorzeichen der Covid-19-Pandemie formuliert.

Im September soll noch die ISO 45003 veröffentlicht werden, die sich mit psychischer Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz befasst. Auch darüber informiert und schult DNV interessierte Unternehmen.

Quelle: UmweltDialog
 

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