Wirtschaft

„Wir werden die Globalisierung nicht zurückdrehen“

Globale Krisen, unsichere Märkte und wachsender Regulierungsdruck setzen Unternehmen unter Druck – das spürt auch die Hermann Bantleon GmbH. Im UmweltDialog-Interview erklären CEO Dr. Alexander German und Bereichsleiter für Produkt- und Qualitätsmanagement Rainer Janz, wie Politik und Wirtschaft gemeinsam Lösungen entwickeln können – und warum Nachhaltigkeit dabei nicht fehlen darf.

03.07.2025

„Wir werden die Globalisierung nicht zurückdrehen“

UmweltDialog: Herr Janz, vorige Woche haben wir bereits mit Herrn Dr. German darüber gesprochen, wie die aktuellen Krisen Unternehmensplanung und Lieferketten unter Druck setzen. Haben wir in Deutschland – nach Jahren in einer Art Wohlstandsblase – vielleicht verlernt, mit Unsicherheiten umzugehen?

Rainer Janz: Ich glaube tatsächlich, dass das ein Stück weit ein deutsches Phänomen ist – oder sagen wir: ein deutsches Problem. Wir sind in hier einfach keine Krisen gewohnt. In anderen Ländern sieht das ganz anders aus. Wir arbeiten zum Beispiel mit einem Partner in Afrika zusammen, mit dem wir viele Projekte machen. Dort ist es normal, dass alle zwei, drei Jahre irgendwo in einer Region eine Pandemie ausbricht. Bei uns dagegen sind viele Dinge und Krisen neu. Deshalb fehlt uns oft der Umgang damit. Das macht es für Unternehmen natürlich nicht einfacher. 

Aber meiner Ansicht nach kann jeder etwas dazu beitragen, damit es besser wird. Warten, dass irgendjemand etwas für einen tut – ob Politik oder Branche – ist ein Weg, aber wahrscheinlich der falsche. Vieles braucht einfach zu lange, wenn man nur auf andere setzt. Das heißt, man muss schauen, wo man selbst Einfluss nehmen kann – als Unternehmen, aber auch gemeinsam in Clustern oder Verbänden, um politisch etwas zu bewegen.

Rainer Janz, Bereichsleiter Produkt- und Qualitätsmanagement Hermann Bantleon GmbH
Rainer Janz, Bereichsleiter Produkt- und Qualitätsmanagement Hermann Bantleon GmbH
Dr. Alexander German, CEO Hermann Bantleon GmbH
Dr. Alexander German, CEO Hermann Bantleon GmbH

Herr German, was muss denn aus Ihrer Sicht von politischer Seite jetzt passieren?

Dr. Alexander German: Ich möchte jetzt nicht alles auf die Politik abwälzen. Wir als Unternehmen haben unsere Verantwortung, und die Politik hat die ihre – nämlich für die Rahmenbedingungen in diesem Land. Meine Erwartung an die Politik wäre, Bedingungen zu schaffen, bei denen es wieder Spaß macht, in Deutschland zu investieren und zu produzieren. Die drei zentralen Punkte dabei sind für mich: Energie, Arbeitsmarkt und Bürokratie. Da braucht es keine langen Reden, sondern konkrete Maßnahmen – gerade in Krisenzeiten. Es geht nicht darum, der Industrie zu sagen, was sie tun soll – sondern darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Industrie von sich aus ins Handeln kommt. Wenn die Bedingungen passen, machen wir den Rest.

Wie könnte das aussehen?

German: Wenn man mal in die USA schaut: Dort werden Unternehmen aktiv eingeladen. Es gibt Flächen, manchmal sogar kostenlos, Steuervergünstigungen für eine bestimmte Zeit – das ist ein klares Signal. Und das führt dazu, dass Unternehmen sich niederlassen, lokal für lokal produzieren. Bei uns läuft das im Moment eher anders. Ich finde, das muss sich ändern. Und wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann folgen viele Dinge von allein – etwa Investitionen am Standort Deutschland, eine stärkere Diversifizierung oder gar Lokalisierung von Lieferketten. Das regelt sich über den Markt. Und das ist meines Erachtens auch der richtige Weg.

Was aus meiner Sicht hingegen nicht funktioniert, ist Aktionismus – mit Daumenschrauben, Zolldrohungen oder Subventionswettläufen. Das treibt nur die Inflation und schafft am Ende Chaos. Es geht also nicht um Druck, sondern um Anreize.

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Das ist die innenpolitische Seite. Wie sieht es mit den internationalen Bedingungen aus?

Janz: Wir werden die Globalisierung nicht zurückdrehen – und das sollten wir auch gar nicht. Entscheidend ist doch eher die Frage: Wie gehen wir auch mit schwierigen internationalen Akteuren um? Es braucht ein differenziertes Verständnis ihrer Interessen und Handlungslogiken. Oft zeigt sich, dass wechselseitige Zugeständnisse den Weg für konstruktive Zusammenarbeit ebnen können. In der Außenwirtschaft wie auch in der Außenpolitik sind daher ein hohes Maß an diplomatischem Feingefühl und strategischer Weitsicht erforderlich. 

Das heißt auch, dass wir als Deutschland ein bisschen von dieser Haltung wegkommen müssen, anderen Ländern ständig erklären zu wollen, wie sie sich zu verhalten haben. Stattdessen sollten wir stärker darauf schauen, wie wir mit anderen gemeinsam an den guten Dingen arbeiten können. Mehr Kooperation, weniger Belehrung – das wäre aus meiner Sicht der richtige Ansatz.

Spielt im aktuellen Umfeld nachhaltiges Wirtschaften überhaupt noch eine Rolle? Wenn Unternehmen Krisen lösen müssen, liegen die Prioritäten dann nicht ganz woanders?

German: Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Nachhaltigkeit ist bei uns in der Unternehmensphilosophie fest verankert. Ich finde, wir haben da auch eine soziale Verantwortung. Und: Sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, bringt perspektivisch wirtschaftlich Vorteile. Wenn wir unsere eigenen Prozesse oder Gebäude genauer anschauen, dann sehen wir, wo wir ansetzen können. 

Und das, was jetzt von gesetzlicher Seite kommt – Stichwort CSRD – ist grundsätzlich auch erst mal ein richtiger Ansatz. Aber klar ist auch: Das kostet uns als Unternehmen im ersten Schritt Geld. Wichtig ist für mich, das Ganze im Kontext des internationalen Wettbewerbs zu sehen. Deutschland ist ein klassisches Exportland. Und da stellt sich die Frage: Sind unsere Abnehmer bereit, die so entstehenden Mehrkosten mitzutragen? Wenn ja, gut. Wenn nein – ist der Wirtschaftsstandort Deutschland stark gefährdet. Und das ist dann auch nicht mehr rückgängig zu machen. Nachhaltigkeit muss dort passieren, wo Unternehmen es auch leisten können – und wo sie dafür belohnt werden.

Wenn man sich den EU-Omnibus-Vorschlag oder auch den neuen Koalitionsvertrag anschaut, scheint der Fokus auf Umwelt, Klimaschutz und Nachhaltigkeit ja etwas abgeschwächt zu werden. Sind diese Lockerungen also sinnvoll – auch im Sinne unternehmerischer Spielräume?

Janz: Nachhaltigkeit ist und bleibt unsere unternehmerische Verantwortung – unabhängig davon, ob das vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird oder nicht. Wir sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ohnehin schon sehr weit, was Nachhaltigkeit betriff. Ich finde es deshalb grundsätzlich gut, wenn man die Verantwortung stärker bei den Unternehmen lässt. Das zeigt auch ein gewisses Vertrauen in die Unternehmerschaft – gerade im internationalen Vergleich.

Wir haben momentan ein enormes wirtschaftliches Problem, und da kann es ein richtiger Schritt sein, mehr Verantwortung an die Unternehmen zu geben. Das fühlt sich besser an und führt vielleicht sogar zu besseren Ergebnissen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UmweltDialog
 

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