Wirtschaft

Papierverpackungen sind grüner. Oder nicht?

Cellulose vs. Erdöl: Papier drängt sich an die Spitze der Verpackungswelt. Es gilt als grün, recycelbar und ökologisch korrekt – insbesondere im Vergleich zu Kunststoff. Doch dahinter steckt ein komplexes Geflecht aus Ressourceneinsatz, Chemie und Entsorgungsrealität. Ist Papier also tatsächlich nachhaltiger als Plastik? Kleiner Spoiler: Es kommt darauf an.

07.08.2025

Papierverpackungen sind grüner. Oder nicht?

Viele Jahre lang galt Kunststoff als das Verpackungsmaterial der Wahl: Es ist leicht, flexibel und vor allem günstig. Doch mittlerweile läuft Papier Kunststoff zunehmend den Rang ab. Längst gibt es nicht nur Brötchentüten oder Tragetaschen aus Papier. Auch Kosmetikverpackungen, Take-Away-Schalen, Lebensmittelverpackungen und sogar Flaschen kommen zunehmend in Papier statt Plastik daher. So zum Beispiel die „Frugal Bottle“, die laut Hersteller Frugalpak zu 94 Prozent aus Recyclingkarton besteht und 77 Prozent weniger Kunststoff als eine Plastikflasche enthält.

Anzeige

Auch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern hat Papier ein gutes Image. Laut dem „Trend Tracker Report 2025“ von Two Sides, einer Interessenvertretung der europäischen Papier- und Druckindustrie, bevorzugen die Menschen in Europa papierbasierte Verpackungen deutlich gegenüber anderen Materialien, berichtet das Packaging-Journal. So halten 75 Prozent der Befragten Papier für besonders gut abbaubar, 53 Prozent für umweltfreundlich und 51 Prozent für leicht zu recyceln.

Ist Papier wirklich so „grün“?

Dass herkömmlicher Kunststoff nicht unbedingt umweltfreundlich ist, wissen viele: Er wird in der Regel aus endlichen Rohstoffen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle gewonnen, die Produktion verbraucht viel Energie, und Kunststoff ist oft mit Chemikalien und Weichmachern versetzt. Hinzu komm die Umweltproblematik, wenn Plastik in der Natur landet. Laut Verbraucherzentrale Hessen kann es 450 Jahre dauern, bis sich eine Plastikflasche in ihre Kleinstteile zersetzt hat.

Trotzdem ist Papier nicht per se umweltfreundlicher. Zwar lässt sich es sich biologisch abbauen und stammt aus nachwachsenden Rohstoffen. Doch die Zellstoffproduktion verbraucht ebenfalls extrem viele Ressourcen: Dabei werden große Mengen an Holz, Wasser und Energie benötigt. Bei der Herstellung und Weiterverarbeitung kommen außerdem viele umweltschädliche Chemikalien – beispielsweise Säuren oder Chlor etwa als Basen, Lösungsmittel oder Beizmittel – zum Einsatz, erklärt der NABU. Auch die Energiebilanz ist bei Frischfaserpapier eher schlecht. „Die Papierindustrie gehört zu den sechs energieintensiven Industrien in Deutschland“, heißt es vom NABU. Beispielsweise benötige die Herstellung einer Tonne Toilettenpapier aus Frischfasern genauso viel Energie wie die Herstellung einer Tonne Stahl. Recyclingpapier schneidet hier schon deutlich besser ab. „So braucht man für die Produktion einer Tonne Hygienepapier aus Altpapier 71 Prozent weniger Energie und 25 Prozent weniger Süßwasser als mit Primärfasern aus Holz“, informiert der NABU. Doch auch Recyclingpapier hat seine Grenzen: Man benötige für das Sammeln und Aufarbeiten ebenfalls Ressourcen. Zudem könnten die Fasern nicht unendlich recycelt werden und die Qualität nehme dabei stetig ab.

Recyclingpapier Müll

Die Entsorgungsfrage

Beim Recycling sollte man ebenfalls genauer hinschauen. 2022 wurden nach Angaben des Umweltbundesamt (UBA) etwas mehr als 50 Prozent der Verpackungen aus Kunststoff recycelt. Bei Papier fallen die Recyclingquoten höher aus. So kamen hierzulande knapp über 85 Prozent der Papier- und Kartonverpackungen aus Gewerbe, Industrie und privaten Haushalten in die stoffliche Verwertung. Für Papierverbundverpackungen hingegen, also solche mit (Kunststoff)-Beschichtung, liegen keine vergleichbaren Zahlen am Input ins letzte Recyclingverfahren vor, erklärt Gerhard Kotschik, Verpackungsexperte beim UBA gegenüber UmweltDialog. Diese seien schwer zu ermitteln, weil sie sowohl über den gelben Sack als auch über Altpapier und die Restmülltonne entsorgt werden. Ein Forschungsvorhaben zu den Verwertungsquoten des Verpackungsgesetztes hat allerdings Zahlen dazu abgeleitet. Demnach landeten 2021 etwas mehr als die Hälfte der Papierverbundverpackungen im Recycling, die andere Hälfte wurde energetisch verwertet.

Damit die stoffliche Verwertung beschichteter Papierverpackungen überhaupt klappt, sind Hersteller und Verbraucher gemeinsam gefragt, sagt Kotschik: „Kunststoffbeschichtete Papierverpackungen lassen sich meist nur dann recyceln, wenn sie recyclinggerecht gestaltet sind – beispielsweise sollte die Beschichtung nur einseitig sein – und die Verpackungen über die Gelbe Tonne entsorgt werden. Landen sie im Restmüll, wie etwa der Coffe-to-Go-Becher unterwegs, kommen sie in die Verbrennung – unabhängig davon, wie gut die Verpackung designt ist.“ Aber selbst korrekt entsorgte Verbunde könnten nur in Spezialpapierfabriken verarbeitet werden, da Standardanlagen nicht dafür ausgelegt sind.

Forschung an leicht recycelbarem Papierverbund

Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) entwickelt derzeit Nanocellulose-Beschichtungen als Alternative zu Kunststoff. Das Material besteht zu 100 Prozent aus Cellulose und damit aus nachwachsenden Rohstoffen. Laut Fraunhofer IVV hat Nanocellulose sehr gute Barriereeigenschaften. Papier, das mit diesem Material beschichtet ist, gilt außerdem als Monomaterial und kann über das Altpapier entsorgt und dadurch recycelt werden.

Was bedeutet das im (Verpackungs-) Alltag?

Aus Umweltsicht ist die Vermeidung von Verpackung immer die bessere Alternative als die Umstellung auf ein anderes Material, meint Kotschik: „Viele Obst- und Gemüseprodukte wie zum Beispiel Äpfel brauchen normalerweise gar keine Verpackung. Hier ist dann auch eine vermeintlich ökologischere Lösung wie Papier nicht sinnvoll.“ Einwegverpackungen sieht Kotschik ebenfalls kritisch: „Besser als Einweg – egal ob aus Papier oder Kunststoff – ist die Verwendung von Mehrweglösungen, die mehrfach wiederverwendet werden.“

Auch bei Produkten, die in Verpackungen verkauft werden, ist Papier nicht immer die nachhaltigere Wahl. „Papierverpackungen benötigen mitunter ein Vielfaches an Material im Vergleich zu Kunststoff – häufig ergänzt durch chemische Zusätze sowie Aluminium- oder Kunststoffbeschichtungen, um den nötigen Produktschutz zu gewährleisten,“ weiß Kotschik. Ein Materialwechsel könne dann sinnvoll sein, wenn dünne Papierlösungen eine Kunststoffverpackung ersetzen und keine Mehrwegalternativen verfügbar sind. „Leichte Papierbeutel, zum Beispiel für Müsli oder Nudeln, schneiden aus ökobilanzieller Sicht besser als Kunststofffolienbeutel ab. Dicke Faltschachteln hingegen, die teilweise sogar über ein Kunststoff-Sichtfenster oder Kunststoffinnenbeutel verfügen, haben keinen ökologischen Vorteil.“

Sie wollen es genauer wissen? Das Institut für Energie- und Umweltforschung hat im Auftrag des NABU verschiedene Verpackungen für neun Lebensmittel verglichen. Die Ergebnisse lesen Sie hier.

Antalis geht voran

Ob Papierverpackungen nachhaltiger als Kunststoff sind, hängt also von vielen Faktoren ab: Es kommt auf die technologische Ausführung, die Recyclingfähigkeit und letztlich den konkreten Einsatzbereich an. Antalis, einer der größten Papierdistributoren Europas, fördert die Entwicklung nachhaltiger Verpackungen mit einem umweltfreundlichen Sortiment. Dazu gehören monomaterialbasierte Kartonagen, wiederverwendbare Schutzverpackungen und Papieralternativen aus 100 Prozent Recyclingpapier. „Es geht darum, in allen Verpackungssparten in unserem Portfolio grüne Alternativen anzubieten“, erklärt Thilo König, Director Packaging, Antalis Gruppe. Die Entwickler in den Produktdesignzentren seien auf intelligente Designs spezialisiert, die verpackte Produkte optimal schützen und trotzdem mit so wenig Material wie möglich auskommen.

Transparenz bietet das Green Star System: Anhand eines Punkte-Systems in Form von Sternen erhalten die Kundinnen und Kunden direkt einen Überblick über die Nachhaltigkeit der Papiere und Verpackungen. Die Bewertung erfolgt – je nach Produktsparte – unter anderem anhand der Herkunft der Fasern (z. B. recycelt oder nicht), dem Herstellungsprozess und der Wiederverwertbarkeit. Generell gilt: Je mehr Sterne, desto umweltfreundlicher.

Quelle: UmweltDialog
 

Related Posts

Newsletter

Unsere Verantwortung/Mitgliedschaften

Logo
Serverlabel
The Global Compact
Englisch
Gold Community
Caring for Climate

© macondo publishing GmbH
  Alle Rechte vorbehalten.

 
Lasche