EU Reporting

IBU Verify GmbH: Ökobilanzen auf dem Prüfstand

Die IBU Verify GmbH ist eine junge Ausgründung aus dem Institut Bauen und Umwelt. Ihre Mission: als unabhängige Stelle die Verlässlichkeit von Ökobilanzen und Umwelt-Produktdeklarationen zu sichern. Geschäftsführer Stefan Zwerenz erklärt im UmweltDialog-Interview, wie das Unternehmen arbeitet, warum Unabhängigkeit entscheidend ist und was es mit der Akkreditierung als notifizierte Stelle auf sich hat.

01.10.2025

Stefan Zwerenz, Geschäftsführer der  IBU Verify GmbH
Stefan Zwerenz, Geschäftsführer der IBU Verify GmbH

UmweltDialog: Herr Zwerenz, fangen wir einmal ganz von vorne an: Was genau ist die IBU Verifiy GmbH und seit wann gibt es sie?

Stefan Zwerenz: Im Grunde genommen kann man die Verify GmbH ein bisschen mit dem TÜV vergleichen. Wir prüfen allerdings keine Autos, technische Geräte oder ähnliches, sondern Ökobilanzen und Umweltdaten von (Bau)Produkten. Die Verify GmbH ist eine Ausgründung aus dem Institut Bauen und Umwelt (IBU); im September 2024 erfolgte der Eintrag der GmbH ins Handelsregister. Parallel dazu liefen alle Vorbereitungen – von IT-Setups über neue Verträge für Mitarbeitende und unabhängige Prüfer bis hin zur generellen personellen Aufstellung. Seit April dieses Jahres prüfen wir im Auftrag des IBU die Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) im Rahmen des dazugehörigen Programms. Zuvor war das beim IBU intern organisiert, heute läuft es über unsere Gesellschaft mit eigenen Expertinnen und Experten sowie unabhängigen externen Prüfern. Und unser Portfolio wächst stetig.

Das heißt, es geht nicht nur um die Prüfung von EPDs?

Zwerenz: Richtig, wir haben zum Beispiel schon erste Anfragen für sogenannte kritische Prüfungen von Ökobilanzen einzelner Bauprodukte, die nicht unmittelbar in Form einer EPD veröffentlicht werden sollen. Ein großes Ziel ist außerdem, als notifizierte Stelle anerkannt zu werden. Hintergrund ist die neue EU-Bauproduktenverordnung, die seit Januar 2025 gilt. Sie sieht künftig vor, dass Bauprodukte nur dann in den europäischen Binnenmarkt gelangen dürfen, wenn auch Umweltinformationen vorliegen und von einer unabhängigen, notifizierten Stelle geprüft sind. Genau diese Rolle wollen wir mit der IBU Verify GmbH übernehmen.

Können Sie das näher erläutern?

Zwerenz: Bei den heutigen EPDs ist es so, dass sie immer in einem Programmrahmen erstellt werden – etwa im IBU-EPD-Programm. Unternehmen kommen zum IBU, erstellen ihre EPD nach festgelegten Regeln, und die Verify GmbH prüft als unabhängige dritte Partei, ob diese Regeln eingehalten sind. Mit der neuen Bauproduktenverordnung ändert sich das grundlegend. Dort gibt es kein Programm mehr, sondern die Anforderungen werden über Produktnormen festgelegt. Diese werden im Official Journal of the European Union veröffentlicht und sind damit Teil des Gesetzes. Das bedeutet: In Zukunft kommen Unternehmen direkt mit ihren Berechnungen auf eine notifizierte Stelle zu, die dann die Prüfung übernimmt. Der IBU-Verein als Programmhalter spielt in diesem Prozess keine Rolle mehr. Es handelt sich dabei nicht länger um ein freiwilliges Programm, sondern um eine gesetzliche Pflicht. Und diese Daten müssen eben über eine notifizierte Stelle verifiziert werden.

Was es mit der neuen Bauproduktenverordnung auf sich hat, erfahren Sie im UmweltDialog-Interview „Wer hier schönrechnet, riskiert viel“ mit Florian Pronold, Geschäftsführer des Instituts Bauen und Umwelt.

Wie wird man denn eine notifizierte Stelle?

Zwerenz: Zunächst müssen wir uns bei der Deutschen Akkreditierungsstelle – also der DAkkS, nicht zu verwechseln mit dem Aktienindex – akkreditieren lassen. Grundlage dafür ist die Norm ISO 17029, nach der wir unsere Prozesse und unser Qualitätsmanagement aufbauen. Hinzu kommen die speziellen Anforderungen aus der Bauproduktenverordnung, die genau festlegt, wie Umweltdaten geprüft werden müssen. Wenn wir diese Akkreditierung erfolgreich abgeschlossen haben, folgt der nächste Schritt: die Bewerbung beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt), das in Deutschland für die Benennung notifizierter Stellen im Baubereich zuständig ist. Erst mit dieser formalen Anerkennung dürfen wir offiziell als notifizierte Stelle arbeiten.

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War das eine der Gründe für die Ausgründung aus dem IBU?

Zwerenz: Ja, tatsächlich. Als GmbH lässt sich der Akkreditierungs-Prozess wesentlich einfacher und klarer gestalten als in einem Verein. Gleichzeitig ging es aber auch darum, die Unabhängigkeit institutionell abzusichern. Man kann nicht auf der einen Seite die Regeln für EPDs aufstellen und auf der anderen Seite selbst nach diesen Regeln prüfen. Deshalb braucht es zwei getrennte Organisationen. Mit der IBU Verify GmbH haben wir diese Trennung geschaffen. Sie ist eine hundertprozentige Tochter des IBU, aber vertraglich so aufgestellt, dass keinerlei Einfluss auf die Prüfungen genommen werden darf. Das gibt uns die Möglichkeit, eigenes Fachpersonal fest anzustellen und die Qualität dauerhaft im Haus zu sichern. So können wir flexibler auf die steigende Nachfrage reagieren und gleichzeitig höchste Unabhängigkeit gewährleisten.

Unabhängigkeit ist also gesichert. Aber sind auch genügend Fachwissen und Kapazitäten für die wachsende Zahl an Nachfragen vorhanden?

Zwerenz: Aktuell gibt es noch zu wenige Fachleute mit langjähriger Erfahrung in der Ökobilanzierung. Oft müssen sich Programme in Europa und weltweit dieselben Expertinnen und Experten teilen, was zu langen Wartezeiten führt – teilweise bis zu vier oder fünf Monate. Mit fest angestellten Prüferinnen und Prüfern können wir die Ressourcen selbst steuern und priorisieren: Wenn ein besonders wichtiges Projekt ansteht, können wir es gezielt einplanen. Dabei gilt aber immer das Prinzip „first come, first serve“ – eine Bevorzugung einzelner Unternehmen gibt es nicht.

Vielen Dank für das Interview!

Quelle: UmweltDialog
 

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