Produktion

Verantwortungsvolle Stahlproduktion in Südamerika: Ein Modellprojekt von GIZ und Gerdau

Durch das rasante Wirtschaftswachstum von Schwellenländern steigt der weltweite Bedarf an Baustahl. Neben einer Erhöhung der Förderquoten von Eisenerzen gewinnt auch das Thema Schrottrecycling zunehmend an Bedeutung. Der brasilianische Stahlkonzern Gerdau setzt daher als größter Produzent von Langstahl auf dem amerikanischen Kontinent auf eine nachhaltige Gestaltung der Zulieferbeziehungen mit dem informellen Sektor der Schrottsammler. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH hat das Familienunternehmen eine Initiative gestartet, um die oft ohne Gewerbeschein und am Rande der Illegalität arbeitenden Kleinstzulieferer zu stärken und so den Rohstoffbedarf an Alteisen langfristig zu sichern. In Brasilien, Chile, Peru und Uruguay investieren Gerdau und die GIZ dabei bis 2013 drei Millionen Euro in die Aus- und Weiterbildung von Sammlern.

11.10.2011

Müllsammler in Südamerika bei der Arbeit. Foto: Gerdau
Müllsammler in Südamerika bei der Arbeit. Foto: Gerdau
Rund 1.400 Millionen Tonnen Stahl wurden 2010 weltweit produziert. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Produktion damit um mehr als 16 Prozent. Auch für die kommenden Jahre rechnen Experten mit einem wachsenden Bedarf. Um die Nachfrage langfristig decken zu können, setzen die Stahlproduzenten seit einigen Jahren zunehmend auf Recycling. Dass sich die Wiederverwertung rechnet, zeigt Gerdau in Amerika: mit einer Altmetallquote von fast 70 Prozent liegt das Unternehmen weit über der globalen Quote von 47 Prozent wiederaufbereitetem Altstahl an der Gesamtproduktion.

Flexibilität in der Produktion

Das Konzept ist einfach: Durch viele kleine Schmelzen (Mini Mills) an unterschiedlichen Standorten und diversifizierte Zulieferstrukturen kann das Unternehmen seine Produktion schnell auf eine veränderte Nachfrage auf den Weltmärkten einstellen und bleibt somit flexibel. Dieses Vorgehen birgt aber auch Risiken. Wie viele Stahlproduzenten in Südamerika bezieht auch Gerdau große Teile des Altmetalls von informellen Sammlern, die in der Regel von weniger als einem Dollar am Tag leben. Die schlechten Arbeitsbedingungen der sogenannten „catadores“ können nicht nur zu Imageschäden führen, sondern oftmals hat das gelieferte Material auch nicht die nötige Qualität für die Weiterverarbeitung.

Um die Geschäftsbeziehung zwischen beiden Seiten zu formalisieren und verlässlich zu gestalten, führt Gerdau derzeit gemeinsam mit der GIZ und lokalen NGOs ein Programm zur Stärkung, Ausbildung und besseren Vernetzung der Zulieferer durch. Ziel der Entwicklungspartnerschaft in Brasilien, Chile, Peru und Uruguay ist es, den Schrottsammlern langfristig eine reguläre Beschäftigung zu ermöglichen. Anstatt von der „Hand in den Mund“ zu leben, soll ihre Tätigkeit eine sichere Lebensgrundlage bieten. Dies betont auch Thomas Schneider von der GIZ „Bei der Zusammenarbeit haben Armutsminderung und die Sicherheit der Arbeiter oberste Priorität“.

Durch Schulungen zu mehr Sicherheit

Bei den im November 2010 gestarteten Schulungen lernen die Sammler, wie sie gewinnversprechende Altmetalle erkennen, trennen und sortieren. Gerade an diesem Punkt der Wertschöpfungskette ist ihre Sicherheit bisher kaum gewährleistet, und es kommt zu Unfällen mit schlimmen Folgen für sie und ihre Familien. Dies ist eine besondere Herausforderung für Gerdau: Einerseits ist der Konzern auf hochwertige und vorsortierte Rohstoffe angewiesen, andererseits verletzen sich die Sammler oftmals beim Heraustrennen der geeigneten Teile aus alten Autos, Hausgeräten oder Bauschrott. In den Trainings erfahren die Kleinstzulieferer nun alles über mögliche Gefahrenpunkte und können sich besser schützen. Darüber hinaus bieten die beteiligten NGOs ihnen auch Hilfestellungen bei Tätigkeiten wie Buchführung und im Umgang mit Behörden. Künftig sollen sich die Sammler in Gemeinschaften zusammenschließen. Dadurch können sie ihre Tätigkeit als Gewerbe anmelden und sich gegenseitig besser absichern. Dies hat auch für Gerdau Vorteile: formalisierte Lieferwege und eine gute Qualität des Materials sichern die Produktion und steigern die Effizienz.

CSR-Scorecards für die Metallbranche

Um die sozialen Erfolge der Partnerschaft messbar zu machen, entwickelt Gerdau gemeinsam mit der GIZ eine CSR-Scorecard. Mit dieser innovativen Methode lassen sich CSR-Kriterien anhand eines einfachen Punktesystems bewerten. Dazu gehören Angaben zur Arbeitssicherheit, zur Menge des angelieferten Alteisens, zur Qualität der Rohstoffe, zum Preis und zur sachgerechten Entsorgung von Giftstoffen. Die Scorecard lässt sich über die gesamte Wertschöpfungskette anwenden: sie erfasst und bewertet die Arbeitsbedingungen der einzelnen Zulieferer, der Beschäftigten bei den Zwischenhändlern und in den Schmelzen. Zukünftig soll die Scorecard sicherstellen, dass soziale und ökologische Aspekte bei der Stahlproduktion nicht zu kurz kommen und zum festen Bestandteil des Unternehmensmanagements werden.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Konzeptes ist der Erfahrungsaustausch. Über die Zusammenarbeit mit NGOs aus Brasilien, Chile, Peru und Uruguay in einem fachlichen Netzwerk können Instrumente und Erfahrungen, die sich in der Praxis bewährt haben, schneller ausgetauscht und eingesetzt werden. Dies garantiert, dass sich die Erfolge der Partnerschaft auch nach dem Ende des Projekts fortsetzen.
Quelle: UD
 
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