Produktion

CeBIT 2009: Lifestyle mit Gewissensbissen?

Für viele Verbraucher stehen Funktionalität und Energieeffizienz bei IT-Produkten im Vordergrund, nur wenige interessieren sich für die sozialen Aspekte der Herstellung. „Glänzen“ die Aussteller auf der diesjährigen CeBIT also weiterhin mit High-Tech-Produkten auf Kosten von Kinderarbeit und Umweltverschmutzung oder bestimmen künftig nachhaltige IT-Lösungen den Markt? Die Rating-Agentur oekom research hat 43 der weltweit wichtigsten Hersteller unter die Lupe genommen und analysiert, inwieweit sie ihrer Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt gerecht werden.

03.03.2009

Grafik: makeITfair
Grafik: makeITfair
Auf der CeBIT wird auch in diesem Jahr wieder deutlich werden: Der technologische Wandel schreitet rasend schnell voran. Wer mithalten will, muss flexibel sein, in kürzester Zeit neue Produkte entwickeln und auf den Markt bringen - und das zu wettbewerbsfähigen Preisen. Für die Hersteller eine Herausforderung. Die Lösung sehen die meisten Unternehmen im „Offshoring“ - der Verlagerung der Produktion ins Ausland - vor allem nach Fernost, in Länder, die wegen ihrer teilweise miserablen Arbeitsrechtslage immer wieder Schlagzeilen machen. Fördert unser Digital Living also Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen?

Die oekom Analysten haben 43 der weltweit wichtigsten IT-Firmen unter die Lupe genommen und Erschreckendes festgestellt: „Gravierende Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte haben wir bei mehr als 40 Prozent der IT-Unternehmen gefunden. Betroffen sind vor allem die  Zulieferbetriebe in Billiglohnländern wie China, Thailand, den Philippinen oder Mexiko“, erläutert Philipp Rühle, branchenverantwortlicher Analyst. Die überwiegend weiblichen Arbeitnehmer haben mit mangelhaften Gesundheitsvorkehrungen, massiven Zwangsüberstunden oder Bezahlungen unterhalb der Mindestlöhne zu kämpfen. Auch Fälle von Kinderarbeit sind leider keine Seltenheit. Die Branche ignoriert diese Situation nicht. „Beinahe alle untersuchten Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass sie für die Sozial- und Arbeitsstandards in ihrer Zulieferkette Verantwortung tragen. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede im Engagement der einzelnen Unternehmen“, so Rühle. Zu den Vorreitern zählen hier Motorola und der Haushaltsgerätehersteller Electrolux, die proaktiv Missstände bei ihren Zulieferern aufspüren und über die eingeleiteten Gegenmaßnahmen transparent berichten.

Mehr als für soziale Aspekte interessieren sich die Verbraucher derzeit für die Energieeffizienz der Produkte. Mit den steigenden Energiekosten verstärkt sich deshalb der Druck auf die Hersteller, sparsame Geräte anzubieten. Vor allem für den einstigen Energiefresser Standby-Modus haben einige Hersteller neue Lösungen im Angebot: So bieten Philips, Panasonic und Samsung beispielsweise Fernseher mit einem Stand-by-Verbrauch von unter einem Watt an. „Einige Produzenten sind im Bereich Energieeffizienz schon auf einem guten Weg. Allerdings beschränkt sich das Engagement der Branche derzeit noch auf einzelne Vorzeigeprodukte. Von umfassenden Strategien sind die meisten Unternehmen noch weit entfernt“, urteilt Rühle.

Foto: Marion Book
Foto: Marion Book
Neben der Senkung des Energieverbrauchs ihrer Produkte steht die IT- Branche vor weiteren zentralen Herausforderungen im Umweltbereich: Durch unsachgemäße Entsorgung gelangen weltweit noch immer große Mengen giftiger Stoffe in die Umwelt. Darüber hinaus entgehen der Industrie wertvolle Ressourcen, die mit relativ geringem Aufwand in Neugeräten wieder verwendet werden könnten. Bislang garantieren nur sehr wenige Unternehmen eine kostenlose und weltweite Rücknahme. Mit gutem Beispiel voran geht der Computerhersteller Dell, der seinen Kunden die unentgeltliche Abholung von Altgeräten anbietet. Auch bei der Reduzierung von gefährlichen Inhaltsstoffen gibt es Vorreiter: So haben etwa Apple, Hewlett-Packard oder Ericsson bereits überzeugende Maßnahmen ergriffen, bromierte Flammschutzmittel in ihren Produkten zu ersetzen.

Insgesamt bewertete oekom research die Unternehmen anhand von rund 100 ökologischen und sozialen Kriterien. Dabei erhielten der niederländische Halbleiterhersteller ST Microelectronics sowie die Büromaschinenhersteller Xerox (US) und Ricoh (JP) die beste Beurteilung. Auf einer Notenskala von A+ bis D- schnitten alle drei mit einem B ab. Die Analysten würdigten damit die überzeugenden Anstrengungen in Richtung eines verantwortungsvollen Wirtschaftens.

Philipp Rühle resümiert: „Noch immer verblasst der Glanz der meisten IT-Produkte angesichts der ökologischen und sozialen Auswirkungen bei Produktion und Entsorgung. Mut macht jedoch, dass Verbraucher zunehmend sensibel gegenüber solchen Themen reagieren und diese in ihre Kaufentscheidung mit einbeziehen. Damit wirken die Konsumenten als Motor für positive Veränderungen bei den Unternehmen“.
Quelle: UD / na
 
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