Evonik-Arbeitsdirektor: „Unsere Verantwortung macht nicht an den Werkstoren halt“

Seit über vierzig Jahren ist Ralf Blauth inzwischen für das heutige Unternehmen Evonik tätig. Im Laufe der Zeit hat er einige Umstrukturierungen und Umbenennungen miterlebt, aber auch er selbst hat sich verändert: Gestartet ist er als Auszubildender zum Industriekaufmann - heute ist er Mitglied des Vorstandes und Arbeitsdirektor bei Evonik Industries. Anlässlich des ersten Nachhaltigkeitstages bei Evonik spricht Blauth im Interview über den Stand der Dinge des Unternehmens in Sachen Nachhaltigkeit, über die Bedeutung des Themas CSR in der Ausbildung sowie das Thema Diversität und Lieferkette.

29.04.2011

Ralf Blauth ist Mitglied des Vorstandes und Arbeitsdirektor bei Evonik Industries. Foto: Evonik
Ralf Blauth ist Mitglied des Vorstandes und Arbeitsdirektor bei Evonik Industries. Foto: Evonik

Ist Nachhaltigkeit wirklich unverzichtbar fürs Geschäft oder eher etwas für Sonntagsreden?

Ralf Blauth: Nachhaltiges Wirtschaften und unternehmerische Verantwortung sind heute Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Am Ende des Tages bestimmen Markt und Stakeholder, welche Produkte langfristig gekauft werden und der Gesellschaft nutzen. Wir spüren jedoch, dass auch unsere Kunden im B2B-Bereich uns verstärkt unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit unter die Lupe nehmen. Uns bei Evonik ist das Thema so wichtig, dass wir kurz vor Ostern einen Sustainability Day in Essen veranstaltet haben, auf dem wir mit mehr als 100 Teilnehmern, darunter hochrangige Vertreter aus Politik, Gewerkschaft, Verbänden und Kunden, mit dem Evonik-Vorstand und weiteren Topmanagern des Unternehmens über Sustainability und dessen Bedeutung für das Geschäft debattiert haben. So diskutierte Björn Stigson, World Business Council for Sustainable Development, mit unserem Vorstandsvorsitzenden Dr. Klaus Engel, Professor Ulrich Lehner, Henkel, und Peter Hausmann, IG BCE, über die Vision 2050, also darüber, wie im Jahr 2050 neun Milliarden Menschen gut und im Einklang mit den begrenzten Ressourcen der Erde leben können. Ich hatte das Vergnügen mit Yvo de Boer, bis vor kurzem Chef des Sekretariats der UN-Klimarahmenkonvention, gemeinsam mit Dr. Günther Bachmann, Rat für Nachhaltige Entwicklung, über Klimaschutz und Klimawandel zu sprechen.

Können Sie konkreter werden, was ist dabei heraus gekommen?

Blauth: Der Tag war geprägt von vielen spannenden und kontroversen Diskussionen. Für die Evonik-Führungskräfte stand am zweiten Tag intensive Arbeit auf dem Programm: Sie beschäftigten sich mit Fragen wie neue, nachhaltige Geschäftsmodelle aussehen könnten oder wie Nachhaltigkeit messbar sein könnte. Herausgekommen sind dabei konkrete Projekte, die wir bis zum Jahresende weiter treiben werden.

Wo steht Evonik denn heute beim Thema Nachhaltigkeit?

Blauth: Wir haben Produkte im Portfolio, die helfen Ressourcen zu sparen, die die Nutzung erneuerbarer Energien möglich machen, die auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden, die zur Verbes¬serung der Ernährung beitragen und der Gesundheit dienen. Und wir investieren in zukunftsfähige Projekte, die wirtschaftlichen Erfolg versprechen, aber zugleich auch Mensch und Umwelt nutzen. Beispiele dafür sind der geplante Bau eines neuen Anlagenkom¬plexes für die Aminosäure DL-Methionin in Singapur sowie die geplante Er-weiterung der Produktionskapazitäten für gefällte Kieselsäuren in Asien und Europa um 25 Prozent bis 2014. Methionin trägt dazu bei, den wachsenden Bedarf an Fleisch und Eiern zu decken. Gleichzeitig wird durch den Einsatz der Aminosäure die Umwelt geschont und CO2 eingespart. Unsere gefällten Kieselsäuren, die kombiniert mit neuen Silanen von Evonik dem Kautschuk in Autoreifen beigemischt werden, sorgen für deutliche Umweltvorteile: So spart ein Fahrer mit solchen Hightech-Pneus durchschnittlich acht Prozent Sprit ein und senkt die CO2-Emissionen in gleicher Höhe.

Aber Verantwortung ist in Unternehmen doch mehr, als mit nachhaltigen Produkten Geld zu verdienen?

Blauth: Ja, selbstverständlich. Aus meiner Perspektive ist es sehr wichtig, dass wir unsere Mitarbeiter zu verantwortlichem Handeln befähigen - und das fängt bei uns schon in der Ausbildung an. Aus meiner Sicht können wir nämlich gar nicht früh genug damit beginnen, unseren Mitarbeitern zu vermitteln, was unternehmerische Verantwortung bedeutet. Als einer der ersten deutschen Konzerne haben wir mit Corporate Responsibility das Thema in die Ausbildung integriert. Im vergangenen Jahr haben wir ein Pilotprojekt mit fünf Teilprojekten dazu durchgeführt. Die Ergebnisse präsentierten die Nachwuchskräfte im Herbst. Und ich war beeindruckt von der Ernsthaftigkeit und der Kreativität, mit der sie das Thema Verantwortung in diesem Rahmen umgesetzt haben. Derzeit läuft der bundesweite Roll-out.  

Das Thema Frauenquote wird jetzt überall diskutiert. Wie sieht es dazu bei Evonik aus?

Blauth: Wir verfolgen hier einen breiteren Ansatz und setzen eher auf Diversity. Darunter verstehen wir nicht nur, mehr Frauen ins Unternehmen zu holen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern und ihnen attraktive Karrieremöglichkeiten zu bieten. Unsere Ansprüche gehen weiter: Auch verschiedene Fachrichtungen in der Ausbildung, Erfahrung in mehreren Organisationseinheiten und Funktionsbereichen sowie altersgemischte Teams sind uns beim Thema Diversity gleichermaßen wichtig.

Sie haben nun erläutert, wie Sie im Unternehmen Verantwortung, vor allem Ihren Mitarbeitern gegenüber wahrnehmen. Wie sieht das aber jenseits der Werksgrenzen aus? Zum Beispiel bei Ihren Lieferanten?

Blauth: Unsere Verantwortung macht nicht an unseren Werkstoren halt. Da ist beispielsweise das große Thema der Lieferkette zu nennen. In der Lieferkette setzen wir klare Standards: Nicht um Lieferanten auszugrenzen, sondern um sie mitzunehmen. Denn als großer Abnehmer wirken wir darauf hin, dass die zehn Prinzipien des UN Global Compact und die Standards der internationalen Arbeitsorganisation in unserem Einflussbereich beachtet und erfüllt werden. Audits, um dies zumindest in Stichproben zu überprüfen, gehen wir jetzt an. Natürlich hat dies auch eng mit der Überprüfung unserer Beschaffungsstrategie zu tun: Aus welchen Ländern beziehen wir unsere Rohstoffe? Wie sicher sind die Quellen? Und das heißt nicht nur in Bezug auf die Erfüllung ethischer Standards, sondern auch hinsichtlich der langfristigen Verfügbarkeit und Liefersicherheit.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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