Unternehmenskultur

Die Entstehung von Kooperation

Kooperation spielt in der Evolution eine entscheidende Rolle. Ein Team von Wissenschafter*innen rund um Laura Schmid aus der Chatterjee Gruppe vom Institute of Science and Technology (IST) Austria hat nun ein neues Modell kreiert, das zeigt, wie sich verschiedene Arten von Kooperationsstrategien zwischen Menschen entwickeln. Mit ihrer vereinheitlichten Beschreibung zeigen sie, wie die Erfahrung eines Individuums und der Ruf anderer die Entstehung von Kooperation beeinflussen.

02.06.2021

Die Entstehung von Kooperation

Kooperation als erfolgreiche Strategie hat sich sowohl in der Natur als auch in der menschlichen Gesellschaft entwickelt, aber ihre Evolution zu verstehen, kann enorm schwierig sein. Forscher*innen müssen die Interaktionen zwischen Individuen in mathematische Formeln gießen, um mit Modellen Vorhersagen und Simulationen erstellen zu können.

Im Forschungsfeld der evolutionären Spieltheorie untersuchen sie oft Strategien von Spieler*innen in einem einfachen Spiel bei dem Werte in Form von Zahlenbeträgen ausgetauscht werden. Solche Strategien bestimmen, wie sich Spieler*innen in einer bestimmten Interaktion verhalten. Die Ergebnisse der Wissenschafter*innen widersprechen dem Narrativ, dass nur die Stärksten und Egoistischsten erfolgreich sind. Stattdessen zeigen sie, wie Kooperation eine erfolgreiche und stabile Strategie sein kann.

Laura Schmid
Laura Schmid

Die Forscher*innen, geleitet von Laura Schmid aus der Chatterjee Gruppe am IST Austria, haben ein neues mathematisches Modell geschaffen, das bisher unvereinbare Beschreibungen von Kooperation kombiniert. In ihren Simulationen von vielen Interaktionen zwischen Spieler*innen zeigen sie, wie frühere Erfahrungen mit und die Reputation von potenziellen Partner*innen die Bereitschaft von Spieler*innen zur Kooperation beeinflussen.

Gewaschene Hände und ein guter Ruf

Das zentrale Konzept in der Arbeit der Forscher*innen sind Interaktionen, die auf direkter und indirekter Wechselseitigkeit beruhen. „Eine Interaktion, die auf direkter Wechselseitigkeit beruht, bedeutet einfach ‚Eine Hand wäscht die andere'„, erklärt Laura Schmid. „Sie kommt sowohl Menschen als auch bei verschiedenen Tierarten vor.“

Indirekte Wechselseitigkeit hingegen basiert auf dem Ruf eines Individuums. „Das heißt, wenn ich mich anderen gegenüber gut verhalte, wird man mit mir kooperieren, auch wenn meine Partner*in vorher noch nicht mit mir interagiert hat“, so Schmid weiter. „Das ist bisher nur beim Menschen schlüssig nachgewiesen worden.“

Wenn diese beiden Arten der Wechselseitigkeit zu konkurrierenden Vorschlägen führen, ist es nicht einfach eine Entscheidung zu treffen. Sollen die Spieler*innen mit einer Person kooperieren, die sich anderen gegenüber gut verhält, auch wenn sie sie in der Vergangenheit ungerecht behandelt hat? Die von den Spieler*innen benutzten Strategien beantworten diese Frage.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem neuen vereinheitlichten Modell war, dass die Evolution der Strategien, das Ausmaß der Kooperation, sowie die Vorliebe für eine Art der Wechselseitigkeit von den Umgebungsfaktoren abhängen. Diese umfassen sowohl der Häufigkeit, mit der Spieler*innen interagieren, als auch, ob sie die Wahrheit über den Ruf ihrer Partner*innen kennen.

Darstellung der direkten und indirekten Wechselseitigkeit. Direkte Wechselseitigkeit: Zuerst hilft Blau Rot. Im nächsten Evolutionsschritt der Simulation merkt sich Rot das und hilft nun Blau. Indirekte Wechselseitigkeit: Zuerst hilft Blau Violett und Rot beobachtet das. Im nächsten Evolutionsschritt weiß Rot um den guten Ruf von Blau und hilft nun auch ihr.
Darstellung der direkten und indirekten Wechselseitigkeit. Direkte Wechselseitigkeit: Zuerst hilft Blau Rot. Im nächsten Evolutionsschritt der Simulation merkt sich Rot das und hilft nun Blau. Indirekte Wechselseitigkeit: Zuerst hilft Blau Violett und Rot beobachtet das. Im nächsten Evolutionsschritt weiß Rot um den guten Ruf von Blau und hilft nun auch ihr.

Stabilisierte Kooperation

Dieses Modell kann Forscher*innen helfen, die grundlegenden Dynamiken der Entwicklung und Stabilität von kooperative Strategien zu verstehen. „Mit erst kürzlich entwickelten mathematischen Werkzeugen haben wir untersucht, welche Strategien der direkten oder indirekten Wechselseitigkeit zu einem Nash-Gleichgewicht führen“, erklärt Schmid. „Sobald die sich entwickelnde Population von Spieler*innen in unserer Simulation solche Strategien annimmt, hat keine Spieler*in mehr einen Anreiz, davon abzuweichen.“

Diese Ergebnisse könnten helfen zu erklären, wie die Entwicklung von Kooperation in frühen menschlichen Gesellschaften durch auf Erfahrung und Reputation basierende soziale Normen beeinflusst wurde. Eine andere Anwendung wäre die Modellierung von Bewertungssystemen in Online-Shops, die sowohl auf der persönlichen Erfahrung von Käufer*innen als auch auf dem Ruf der Verkäufer*innen basieren.

Anzeige

Verschiedenen Gebieten wie Spieltheorie und evolutionären Modellierung zu verbinden, ist für Laura Schmid schon seit längerer Zeit ein Thema. Aufgewachsen in Wien, studierte sie zunächst Physik an der TU Wien sowie Klavier an der Musik- und Kunstuniversität der Stadt Wien, bevor sie sich der Chatterjee Gruppe am IST Austria für ihren PhD anschloss. Nach ihrem Abschluss im Laufe dieses Jahres plant sie, ihre Forschungskarriere im Ausland fortzusetzen.

In ihrer zukünftigen Arbeit möchte Laura Schmid untersuchen, wie viele Spieler*innen in einer Gruppe eine Strategie, die auf indirekter Wechselseitigkeit beruht, verwenden müssen, damit sie erfolgreich ist. Damit wird sie den Effekt der Verbreitung von sozialen Normen innerhalb einer Gesellschaft untersuchen können.

Zur Originalpublikation gelangen Sie hier.

IST Austria

Das Institute of Science and Technology (IST Austria) in Klosterneuburg ist ein Forschungsinstitut mit eigenem Promotionsrecht. Das 2009 eröffnete Institut widmet sich der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik. Das Institut beschäftigt ProfessorInnen nach einem Tenure-Track-Modell und Post-DoktorandInnen sowie PhD-StudentInnen in einer internationalen Graduate School. Neben dem Bekenntnis zum Prinzip der Grundlagenforschung, die rein durch wissenschaftliche Neugier getrieben wird, hält das Institut die Rechte an allen resultierenden Entdeckungen und fördert deren Verwertung. Der erste Präsident ist Thomas Henzinger, ein renommierter Computerwissenschafter und vormals Professor an der University of California in Berkeley, USA, sowie der EPFL in Lausanne. www.ist.ac.at

Quelle: UD/pm
 

Related Posts

Newsletter

Unsere Verantwortung/Mitgliedschaften

Logo
Serverlabel
The Global Compact
Englisch
Gold Community
Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
Caring for Climate

© macondo publishing GmbH
  Alle Rechte vorbehalten.

 
Lasche