Start-ups

„Tech for Good“ auf dem Vormarsch

Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Erfolg zu vereinen, wird immer wichtiger, um globale Herausforderungen zu meistern. Ein Erfolgsfaktor dabei: Der Einsatz von digitalen Technologien. Den wachsenden Einfluss digitaler Technologien für einen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit zeigt ein neuer Report der BMW Foundation.

08.01.2021

„Tech for Good“ auf dem Vormarsch
Dr. Heba Aguib, Chief Executive RESPOND bei der BMW Foundation

Heba Aguib, Chief Executive RESPOND, BMW Foundation Herbert Quandt, spricht in diesem Interview über die Ergebnissen des Reports und den aktuellen Stand der “Tech for Good”-Szene.

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Frau Aguib, als Leiterin des RESPOND Accelerators für nachhaltige Start-ups haben Sie einen guten Einblick in die “Tech for Good”-Szene. Wie sieht diese genau aus und welche Facetten schließt sie mit ein?

Heba Aguib: „Tech for Good“ ist ein Sammelbegriff und schließt sowohl Start-ups als auch Unternehmen, akademische Institute bis hin zu Investoren ein. Was alle diese Akteuren vereint, ist die Idee, mit Technologie die Welt zu verbessern. In den letzten Jahren ist dieses Segment rasant gewachsen. Insbesondere technologische Innovationen für das Klima werden verstärkt nachgefragt. Die Ergebnisse des Reports „Protect. Empower. Transform.“ zeigen zudem zahlreiche weitere Bereiche auf, in denen nachhaltige Entwicklungsziele verfolgt werden. So setzt sich ein Großteil der Projekte in der Europäischen Union zum Beispiel mit digitaler Demokratie (626 Projekte in der EU), Bildung (546 Projekte) oder dem Gesundheits- und Pflegebereich (400 Projekte) auseinander.

Der Report „Protect. Empower. Transform.“ der BMW Foundation attestiert nachhaltigen Start-ups derzeit großen Aufwind. Welche Faktoren sprechen hierfür?

Aguib: Vor allem vier Kräfte treiben derzeit „Tech for Good“ als Bewegung voran:

  1. Ein stärkerer politischer Wille für einen nachhaltigen Wandel der Gesellschaft und Wirtschaft. Das spiegelt sich sowohl in öffentlichen Investitionen als auch in innovationsfördernden neuen Gesetzeslagen und Vorschriften wider.
  2. Eine engere Verbindung und Kooperation zwischen Universitäten und dem privaten Sektor. Akademische Ausgründungen spüren derzeit ebenso Aufwind wie Partnerschaften zwischen Unternehmen und Bildungsstätten.
  3. Eine Verschiebung in der DNA der Unternehmen des 21. Jahrhunderts. Immer mehr Unternehmer erkennen die Dringlichkeit eines nachhaltigen Wandels und definieren sich und ihr Unternehmen über den Zweck und die soziale Wirkung des Geschäftsmodells.
  4. Die ermächtigende Wirkung der Technologie selbst. Von Cloud Computing bis hin zu künstlicher Intelligenz entstehen immer mehr bahnbrechende technologische Möglichkeiten, die zusammen mit der richtigen Idee große nachhaltige Wirkung erzielen können.

Inwiefern können digitale Technologien zu einer nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft führen?

Aguib: Auf den unterschiedlichsten Wegen. Zum Beispiel können digitale Technologien zur Messung und Überwachung von Umweltauswirkungen eingesetzt werden. Ein entscheidender Schritt hin zu einem nachhaltigen Wandel – denn was gemessen wird, kann auch besser gemanagt werden. Das Startup Plan A hat eine Software zur Emissionsreduzierung entwickelt, mit der Unternehmen nicht nur die Emissionen aus dem direkten Energieverbrauch, sondern auch schwieriger zu messende Daten wie Geschäftsreisen und Pendelverkehr ihrer Mitarbeiter erfassen können. Hawa Dawa hingegen generiert fein abgestimmte Daten zur Luftverschmutzung, indem es auf verschiedene Quellen zurückgreift, darunter Satellitenbilder und IoT-Sensoren, um reale, hyperlokale und sogar straßengenaue Luftqualitätsdaten zu den wichtigsten Schadstoffen zu erfassen.

Damit ist allerdings nur ein winziger Teil dessen angesprochen, was möglich ist. Um nur ein weiteres Beispiel zu nennen: Technologie kann auch dabei helfen, Menschen in einer der größten Notlagen – nämlich in Kriegsgebieten – mit der wertvollsten Ressource von allen zu helfen: Zeit. In Kriegsgebieten gibt es kaum Vorwarnungen für bevorstehende Angriffe, sodass die Bevölkerung oftmals den Kriegsparteien hilflos ausgeliefert ist. Hala Systems hat ein mehrkomponentiges Erkennungs- und Warnsystem entwickelt, das mobile Anwendungen, natürliche Sprachverarbeitung, Sensoren und ferngesteuerte Warngeräte einsetzt, um die Zivilbevölkerung frühzeitig vor drohenden Gefahren zu warnen. Ursprünglich in Syrien entwickelt, weitet das Team seine Technologie nun auf Gemeinden auf der ganzen Welt aus.

Welche besonderen Herausforderungen ergeben sich, wenn man Geschäftsmodelle mit Impact entwickeln möchte?

Aguib: Die größte und wohl auch spannendste Herausforderung bei der Entwicklung eines nachhaltigen Geschäftsmodells ist die Definition und Ausarbeitung des nachhaltigen Nutzenversprechens. Denn statt wie üblich einfach nur ein Kundenproblem zu lösen, geht es hierbei darum, gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die Umwelt oder Gesellschaft auszuüben und eventuelle negative Nebeneffekte wie den CO2-Ausstoß oder den Verbrauch von Ressourcen bei der Produktion immer im Blick zu behalten. Immer mehr Startups und Unternehmen meistern diese Herausforderung vorbildlich mit kreativen Geschäftsideen und zeigen damit, dass sich Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit bestens miteinander vereinbaren lassen.

Welche Trends für digitale, nachhaltige Technologien kommen im Jahr 2021 auf uns zu?

Aguib: Sowohl die Innovationskraft einzelner Akteure als auch ihre kluge Vernetzung untereinander werden in Zukunft entscheidend für die nächsten Schritte der digitalen, nachhaltigen Transformation sein. Kollektive Intelligenz ist ein wichtiger Treiber für innovative Teams und Produkte und das wachsende „Tech for Good“-Netzwerk wird hier große Vorteile und Fortschritte bringen.

Gleichzeitig wird der Faktor Mensch bei all dem noch wichtiger werden. Denn letztlich geht es nicht nur um nachhaltige Geschäftsmodelle und Technologien, sondern ebenfalls um das verantwortungsvolle Führen und Zusammenarbeiten in Teams und mit Partnern.

Quelle: UD/cp
 

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