Produktion

E-volution: So will VW zurück auf die Überholspur

Elektroautos waren bislang deutlich teurer als Verbrenner. Das liegt an den Batteriekosten und kostenintensiven Produktionsprozessen. Für Letzteres hat Volkwagen jetzt eine Lösung: In Zwickau startete die Produktion des ID.3, der schon ab 30.000 Euro zu haben sein wird. Dafür entwickelten die Wolfsburger eine komplett neue Modellplattform. Denn der Elektroautobau folgt anderen Regeln.

02.12.2019

E-volution:  So will VW zurück auf die Überholspur
Produktionsstart für Elektroautos im Volkswagen-Werk Anting in China

Gewaltig war die Resonanz auf die Nachricht, dass Tesla in Grünheide bei Berlin eine „Gigafactory“ bauen möchte. Ab 2020 soll dort, wo derzeit noch brandenburgischer Wald steht, eine Fabrik für zunächst 3.000, später sogar 8.000 Beschäftigte entstehen. Investitionskosten: angeblich bis zu vier Milliarden Euro. Ausgelegt wird das Werk auf 150.000 Elektroautos pro Jahr, wie RBB berichtet. Das weckt große Erwartungen. 

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Bisher hat Tesla mit erheblichen Problemen in der Produktion zu kämpfen: Zwischen Juli und September 2017 wurden nur 260 Exemplare statt der geplanten 5.000 Dreier-Modelle pro Woche ausgeliefert, berichtete Frank-Thomas Wenzel für die Zeitungen der DuMont-Gruppe. Der Grund für die Lieferschwierigkeiten: Tesla bekam die Produktionsprozesse nicht in den Griff. Schwierigkeiten bereitete u.a. die Fertigung von Sitzbänken, Antrieben, der Karosserie und der Batteriepakete. Man sei in dieser Phase durch die „Produktionshölle“ gegangen, wird Unternehmenschef Elon Musk zitiert.

Tesla Model 3
Tesla Model 3
Der Hölle scheint Tesla mittlerweile entkommen. 2018 jedenfalls wurden laut Statista bereits mehr als 245.000 Exemplare verkauft. Tendenz steigend. Mit den Produktionsverzögerungen hat Tesla seinen Vorsprung in der Elektroautoentwicklung teilweise eingebüßt, den es gegenüber den klassischen Automobilkonzernen besaß. Denn diese wollten mehrheitlich erst um 2020 herum in die Massenproduktion von batteriebetriebenen Fahrzeugen einsteigen.

Der Grund für diese „Zurückhaltung“: Karim Bortal vom Beratungsunternehmen Altran konstatierte noch vor sechs Jahren: „Die Autobauer sind mit Massenproduktion im Hochvoltbereich nicht vertraut.“ Dem stimmt Udo Hornfeck, Chief Technology Officer des Elektronikzulieferers Leoni, zu. Man könne die Installationen für Elektroautos nicht einfach in die vorhandenen Plattformen für Verbrenner einbauen. Allein wegen der längeren Kabelwege sei es nicht sinnvoll, die Leistungselektronik und den Elektromotor an zwei verschiedenen Achsen zu platzieren.

Autokonzerne verfolgen verschiedene Produktionsstrategien

Die Plattformen von Elektroautos beschreibt Hornfeck im Leoni-Blog so: „Charakteristisch sind eine zwischen den Achsen positionierte große Traktionsbatterie sowie eine wachsende räumliche Integration der Antriebskomponenten.“ Mit anderen Worten: Die Elektroautos werden um die Batterie herum gebaut.

Eröffnung Volkswagen-MEB-Werk Zwickau
Eröffnung Volkswagen-MEB-Werk Zwickau

Die großen Automobilhersteller haben unterschiedliche Lösungen für die Stromer-Serienproduktion gefunden: Daimler will laut „Automobil Industrie“ weiterhin Verbrenner, Hybride, Gas- und Elektroautos auf der gleichen Produktionslinie bauen. Ähnliches plane BMW, berichtet golem.de. Jeweils eigene Elektro-Produktionsstätten haben Porsche und Audi errichtet.

Den vermutlich ambitioniertesten Ansatz verfolgt Volkswagen. Bis 2029 will VW 26 Millionen Elektroautos ausliefern. Rund 33 Milliarden Euro sollen laut FAZ in den nächsten Jahren dafür ausgegeben werden. Teslas Deutschland-Pläne haben den Ehrgeiz der Wolfsburger offenbar weiter angestachelt. Kurz nach deren Bekanntgabe wurden die Investitionen in die Elektromobilität noch einmal um rund zehn Prozent aufgestockt.

Was bei Tesla das Model 3 ist, soll der ID.3 für VW werden. Der neue Kompaktwagen soll nach Käfer und Golf der dritte Markstein in der Unternehmenshistorie werden und Volkswagen zum führenden Stromer-Hersteller machen. Die Serienproduktion startete Anfang November 2019 im Werk Zwickau, das bis 2021 für insgesamt 1,2 Milliarden Euro zur reinen Elektroautofabrik umgebaut wird. Erste Modelle sollen dann ab 2020 auf den Straßen rollen. Geplant ist in Zwickau eine Jahresproduktion von 330.000 Elektroautos – verteilt auf sechs Modelle verschiedener VW-Marken.

Der ID.3 - Aufbruch in eine neue Ära
Der ID.3 - Aufbruch in eine neue Ära

Standardisierte, skalierbare Prozesse für alle Konzernmarken

Mit dem ID.3 kommt nun der erste Volkswagen aus dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) auf den Markt. Der MEB bildet künftig die standardisierte, skalierbare Basis für die Elektroautoentwicklungen aller Konzernmarken, erläuterte Ralf Pfitzner, Global Head of Sustainability der Volkswagen AG, kürzlich im Interview mit UmweltDialog. Die Batterie werde jeweils auf dem Wagenboden platziert und könne weitgehend beliebig angepasst werden – große, leistungsstarke Stromspeicher für Langstreckenfahrzeuge, kleine Batterien für City-Flitzer. Die Karosserie werde dann darauf aufgebaut. „Die Achsen sind weit nach außen versetzt und sorgen für kurze Überhänge. Es gibt keinen Verbrennungsmotor, der Platz einnimmt. Ein Kardantunnel: unnötig. Der Antrieb besteht aus einem in die Hinterachse integrierten E-Motor samt Leistungselektronik und Getriebe, im Vorderwagen befinden sich die Zusatzaggregate“, beschreibt Volkswagen selbst das MEB-Prinzip. Der MEB beschleunigt die Fahrzeugentwicklung: Allein in den nächsten drei Jahren planen die Volkswagenmarken laut spiegel.de 33 neue Modelle auf MEB-Basis.

Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden
Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden

Wie in Zwickau rüstet Volkswagen auch weitere Produktionsstandorte für die Produktion verschiedener ID-Modelle aus dem MEB um. In Hannover soll der der neue VW-Bus hergestellt werden, berichtet faz.net. Sein Name: ID.Buzz. Emden wiederum soll ab 2022 die Produktion des elektrischen Stadt-SUVs ID.Next beherbergen. Auch die Porsche-Heimat Zuffenhausen sowie die Gläserne Manufaktur Dresden, in der bis zum Sommer 2020 nich der E-Golf produziert wird, werden MEB-Produktionsstandorte. Im Ausland sind MEB-Werke in Chattanooga in den USA sowie im tschechischen Mlada Bolesav geplant.

Eine herausragende Rolle in den VW-Elektroplanungen spielt China, wo der Konzern laut Süddeutscher Zeitung derzeit noch jedes Jahr 4,2 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkauft. Im Reich der Mitte soll bis 2028 die Hälfte aller Elektroautos verkauft werden, prognostizierte laut Handelsblatt VW-Vorstandsvorsitzender Dr. Herbert Diess zur Eröffnung des neuen Werkes in Anting, das zunächst eine Jahresproduktionskapazität von 300.000 Fahrzeugen haben soll. Ein weiteres chinesisches Elektrowerk entsteht in Foshan.

Auch externe Anbieter nutzen den MEB

Volkwagen versteht den MEB als offenes Konzept und öffnet seinen Baukasten auch für andere Anbieter. Erster „fremder“ Nutzer ist der Elektroautohersteller e.GO Mobile AG. Dieser soll Elektromobile für den Stadtverkehr entwickeln, die die Modellpalette von Volkswagen ergänzen.

Elektroauto e.GO Life

e.GO-Gründer Günther Schuh ist ein „alter Hase“ der Stromer-Branche. Mit seinem Kollegen Achim Kampker von der Technischen Hochschule Aachen entwickelte er ab 2010 den „StreetScooter“, einen kostengünstigen, schnell zu produzierenden Elektrotransporter. Er wurde zum großen Erfolg, auch, weil die Deutsche Post als Partner gewonnen wurde. 2017 setzte sie bereits 4.000 StreetScooter ein. 

Die schnelle Entwicklungszeit erklärt Achim Kampker gegenüber der FAZ mit einer grundsätzlich anderen Herangehensweise. Statt wie VW eine Lösung für ein Auto zu suchen, das sich überall verkaufen lässt, orientierten sich die Aachener strikt an den Wünschen der späteren Anwender. Manche Produkteigenschaften wurden stark gewichtet, andere nicht. Deswegen hat der StreetScooter jetzt einen baukastenartigen Aufbau aus leicht austauschbaren Teilen, eine kratzfeste Kunststoffkarosserie und speziell verstärkte Türscharniere. Dafür ist die reibungslose Funktion nach langem Frost nicht garantiert. Auch die Reichweite ist mit 100 bis 200 Kilometern gering, entspricht aber der Tagesleistung eines Paketboten.

Quelle: UmweltDialog
 

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