Mobilität & Logistik

Warentransport: das können Lkw auch autonom

Selbstfahrende Lkw? Das könnte in Zukunft Realität werden und die Logistik-Branche umkrempeln, denn die Technologie hat großes Potenzial: Sie gilt als effizient, wirtschaftlich und nachhaltig. MAN erprobt die Automatisierung von Lkw bereits in einigen Pilotprojekten. Eines davon hat der Nutzfahrzeughersteller nun erfolgreich beendet.

25.10.2021

Warentransport: das können Lkw auch autonom
Selbstständig rangiert der Prototypen-Lkw im Projekt „Hamburg TruckPilot“ rückwärts am CTA-Blocklager ein.

Wie kann die nachhaltige Transportlogistik der Zukunft aussehen? Diese Frage beschäftigt Politik, Forschung und die Industrie schon seit einiger Zeit. Ein wichtiger Eckpfeiler dabei sind neue Antriebstechnologien wie der Elektromotor und alternative Kraftstoffe. Projekte und Ansätze, die diese Alternativen auch in Nutzfahrzeugen einsetzen, gibt es mittlerweile einige, wie UmweltDialog bereits berichtete. Ein anderer Aspekt ist eine intelligente und vernetzte Mobilität. Besonders die Automatisierung im Güterverkehr gilt als vielversprechend, denn autonom fahrende Lkw bringen zahlreiche Vorteile mit sich. So berichtet das Online-Magazin „Zukunft Mobilität“, dass automatisierte Nutzfahrzeuge die Verkehrssicherheit erhöhen und die Transportqualität „aufgrund besserer Vernetzung und Verfügbarkeit von (Echtzeit-)Zustandsdaten der Fracht“ verbessern können. Außerdem sei der Gütertransport so wirtschaftlicher.

Auch der Umweltaspekt spielt eine Rolle. Laut einer Studie des Fraunhofer ISI ermöglichen autonome Fahrzeuge effizientere Fahrweisen, eine optimierte Route und damit einen flüssigeren Verkehr. Das führt zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Feldtests in Europa haben die Effizienzpotenziale der Technologie bereits gezeigt, erläutert Dr. Michael Krail, Projektleiter beim Fraunhofer ISI: „Kraftstoffeinsparungen bis zu 17 Prozent bei schweren Lkw gegenüber nicht automatisierten Fahrzeugen scheinen daher nicht nur theoretisch möglich zu sein.“ Letztlich können autonom fahrende Lkw auch eine Lösung für den zunehmenden Fahrermangel sein, zeigt eine Untersuchung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Dafür muss die Technologie allerdings spätestens in zehn Jahren verlässlich einsatzbereit sein und sich eng an den Anforderungen der Nutzer orientieren“, meint DLR-Forscher Dr. Stephan Müller.

Die fünf Stufen der Automatisierung

In Stufe 2 können Fahrzeuge autonom einparken.
In Stufe 2 können Fahrzeuge autonom einparken.

Für die Automatisierung von Fahrzeugen unterscheidet man fünf Stufen, wie der ADAC erklärt. In Stufe 1, dem assistierten Fahren, unterstützen lediglich einzelne Systeme Fahrerin und Fahrer. Dazu gehören zum Beispiel der Tempomat oder der Spurhalteassistent. Beim teilassistierten Fahren (Stufe 2) übernimmt das Fahrzeug einige Aufgaben zeitweise selbst, wie beim automatischen Einparken. In der dritten Stufe (hochautomatisiertes Fahren) sind Fahrzeuge in der Lage, vieles ohne menschlichen Eingriff für einen begrenzten Zeitraum selbst zu übernehmen. Solche Fahrzeuge können dann je nach Verkehrssituation autonom überholen, beschleunigen oder bremsen. Fahrerin und Fahrer dürfen ihre Aufmerksamkeit vom Verkehr abwenden, müssen das Lenkrad unter Umständen aber wieder übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren der Stufe 4 übernimmt das Auto alle Aufgaben auf bestimmten Strecken (z.B. Autobahnen) selbstständig, ohne dass der Mensch eingreifen muss. Die Fahrzeuginsassen sind von der Haftung bei Schäden oder Verkehrsschäden vollständig befreit. Stufe 5 stellt das autonome Fahren dar, bei dem die Fahrzeuge alle Aufgaben auch in komplexen Situationen und auf allen Strecken komplett selbst bewältigen. Fahrerin oder Fahrer sind hier nicht mehr nötig.

Anzeige

Autonome Lkw am Containerterminal in Hamburg

Derzeit sehen wir noch keine selbstfahrenden Lkw auf den deutschen Straßen, doch in abgegrenzten Bereichen werden autonome Nutzfahrzeuge bereits vielfach getestet. Erst kürzlich beendete MAN erfolgreich ein solches Pilotprojekt an einem Containerterminal am Hamburger Hafen. Dort startete der Nutzfahrzeughersteller 2018 gemeinsam mit der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und der Spedition Jakob Weets das Automatisierungsprojekt „Hamburg TruckPilot“. Ziel war es „realitätsnah die genauen Anforderungen für den kundenspezifischen Einsatz sowie die Integration autonom fahrender Lkw in die automatisierten Umschlagprozesse am Containerterminal Altenwerder zu analysieren und zu validieren“, heißt es im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht von MAN.

Nach der Vorbereitungs- und der Testphase sowie stetigen technischen Anpassungen und Entwicklungen erfolgte im Mai 2021 schließlich ein zweitägiger Praxistest im Terminal Altenwerder: Der Test-Lkw gab selbstständig Gas, fuhr autonom das Blocklager an, rangierte rückwärts in die zugewiesene Fahrspur und lud die Container ab. Danach ging es ¬– wieder autonom – zurück zum Check-Gate. Die Prozedur überwachte ein MAN-Sicherheitsfahrer, der kein einziges Mal eingreifen musste. „Hamburg TruckPilot ist ein wichtiger technologischer Meilenstein auf dem Weg zur Hub-to-Hub-Automatisierung“, kommentierte Sebastian Völl, Projektleiter Automatisiertes Fahren bei MAN Truck & Bus, den erfolgreichen Praxistest.

Projekt ANITA in Ulm

Auf dem Container-Depot von DB Intermodal Services und dem DUSS-Terminal in Ulm ist derweil die erste Etappe des Projekts ANITA (Autonome Innovation im Terminalablauf) abgeschlossen. Hier entwickeln die Projektpartner, zu denen auch MAN gehört, Lösungen für vollautomatisierte Logistikprozesse mit dem autonomen Lkw als zentralem Bestandteil. Zunächst analysierte die Hochschule Fresenius die Verhaltensweisen von Menschen und Maschinen auf dem Terminal. Im nächsten Schritt werden nun die Ergebnisse in digitale Regelwerke und Prozesse überführt und in einen modular aufgebauten Schaltplan für autonome Prozesse umgesetzt.

„Um autonome Lkw in der Logistik einzusetzen, ist es schon bei der Entwicklung wichtig, typische Einsatzanforderungen zu kennen und notwendige Schnittstellen frühzeitig zu berücksichtigen“, weiß Andreas Zimmermann, Leiter Vorentwicklung Electronics bei MAN Truck & Bus. „Deshalb setzen wir bei unseren Projekten zum autonomen Fahren konsequent auf den konkreten Praxisbezug und die Expertise aus Logistik und Wissenschaft. Die Grundlagenarbeit der Hochschule Fresenius hat für uns daher große Bedeutung.“ Sobald die Entwicklungs- und die Implementierungsphase beendet sind, erfolgen Testfahrten mit einem autonom fahrenden Lkw im realen Betriebsablauf. Die Ergebnisse sollen schließlich auch in eine generelle Roadmap für ein Terminal 4.0 einfließen.

 

Gibt es bald nur noch autonome Nutzfahrzeuge?

Bis die autonomen Lkw auch auf Deutschlands Straßen fahren, dauert es wohl noch etwas. Im Jahr 2030 werden gerade einmal etwa zehn Prozent der leichten Nutzfahrzeuge und rund 20 Prozent der schweren Nutzfahrzeuge autonom sein, zitiert die WirtschaftsWoche eine Studie der Boston Consulting Group. Für das Jahr 2050 erwartet das Fraunhofer ISI schließlich einen deutlich höheren Marktanteil: Dann könnten schon 90 Prozent der schweren Lkw und die Hälfte der Reisebusse selbstständig unterwegs sein. Noch fehlen allerdings entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen für den großflächigen Einsatz autonomer Fahrzeuge im normalen Straßenverkehr. Zwar verabschiedete die Bundesregierung Mitte 2021 dafür ein neues Gesetz. Dieses erlaubt den Einsatz autonomer Fahrsysteme der Automatisierungsstufe 4 aber zunächst nur in festgelegten Betriebsbereichen, wie beispielsweise im Hub2Hub-Verkehr zwischen Verteilerzentren, oder auch Shuttle-Verkehre von A nach B.

MAN CR-Bericht 2020: nachhaltige Transportlösungen von morgen

Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht für das Berichtsjahr 2020 informiert MAN über die Fortschritte und Innovationen des Unternehmens für zukünftige, nachhaltigere Transportlösungen. So ergänzte MAN das Portfolio an Elektrofahrzeugen um den Verteiler-Lkw eTGM, der mittlerweile in Kleinserie produziert wird. Für den öffentlichen Nahverkehr wiederum startete im Oktober 2020 die Serienproduktion des vollelektrischen MAN Lion’s City E. Außerdem forscht das Unternehmen an Wasserstofflösungen und setzt zunehmend auf intelligente Mobilität und Fahrzeugvernetzung.

Auch an den eigenen Produktionsstandorten hat sich einiges getan. Dort sanken zum Beispiel die CO2-Emissionen – vermutlich auch coronabedingt – um 15,4 Prozent auf knapp unter 222 000 Tonnen CO2. Da das Unternehmen seine CO2-Reduktionsziele bereits im Jahr davor übererfüllt hatte, erarbeitete MAN im Berichtsjahr neue Klimaziele. Bis 2025 will der Nutzfahrzeughersteller seine Emissionen im Vergleich zu 2015 halbieren, bis 2030 soll die Produktion sogar komplett klimaneutral sein. Erreichen will MAN das unter anderem durch Grünstrom. Mindestens 85 Prozent des Strombedarfs sollen bis 2025 durch Ökostrom gedeckt werden. Die Standorte Salzgitter, Starachowice, Krakau und Steyr beziehen schon jetzt „grünen“ Strom.

Mehr zu den Fortschritten von MAN erfahren Sie im Nachhaltigkeitsbericht 2020.

Quelle: UmweltDialog
 

Related Posts

Newsletter

Unsere Verantwortung/Mitgliedschaften

Logo
Serverlabel
The Global Compact
Englisch
Gold Community
Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
Caring for Climate

© macondo publishing GmbH
  Alle Rechte vorbehalten.

 
Lasche