Lieferkette

Das Problem mit dem Palmöl

Abholzungen und illegale (Brand-) Rodungen gefährden die Regenwälder weltweit. Häufig geschieht dies, um mehr Ackerflächen für den Anbau von Palmöl schaffen. Dieses Pflanzenöl ist sehr ertragreich und ist in vielen Produkten wie Schokolade oder auch Kosmetika enthalten. Auch Nestlé verwendet Palmöl. Daher will der Konzern den Anbau nachhaltiger machen.

26.09.2019

Das Problem mit dem Palmöl

Die Regenwälder sind weltweit bedroht: Im Amazonas wüten aktuell die schlimmsten Brände seit Jahren – über 83.000 Brandherde wurden dort bereits registriert. Aber auch in Indonesien brennt es: Schon vor Beginn der Trockenzeit standen dort mehr als 42.000 Hektar Regenwald in Flammen. Die Gründe für die Brände sind meistens nicht natürlich: „Es handelt sich nicht um eine Naturkatastrophe, sondern um Brandstiftung“, erklärt NABU Regenwaldexperte Tom Kirschey. Vor allem in Indonesien, einem der größten Produzenten von Palmöl, werden auf diese Art Anbauflächen für die Ölpalme geschaffen.

Problemfall Palmöl

Der Anbau von Palmöl hat verheerende Folgen, wie das Südwind-Institut feststellt. Durch die Zerstörung des Regenwaldes und von Torfmooren werden wichtige Kohlenstoffspeicher zerstört. Außerdem geht Lebensraum für viele Arten wie beispielsweise Orang-Utans verloren. Der großflächige Einsatz von giftigen Pestiziden, insbesondere von Paraquat (in Europa verboten), gefährdet Ökosysteme und Menschen. Für die ergeben sich zudem zahlreiche soziale Probleme. Zwar entstehen durch die Palmöl-Plantagen Arbeitsplätze, die Arbeiter haben aber schlechte Arbeitsbedingungen, bekommen wenig Lohn und sind nicht sozialversichert. Zudem wird häufig die indigene Bevölkerung vertrieben.

Auch in Schokolade steckt häufig Palmöl.
Auch in Schokolade steckt häufig Palmöl.

Trotz der weitreichenden Problematik findet man in etwa der Hälfte der Supermarktprodukte hierzulande Palmöl als Inhaltsstoff, ergab eine Studie des WWF. Das hat seinen Grund: Das Pflanzenöl ist günstig, gut zu verarbeiten und vor allem sehr ertragreich. Pro Hektar Anbaufläche erzeugt die Ölpalme durchschnittlich 3,3 Tonnen Palmöl. Der Ertrag von Sonnenblumenkernen, Kokosnuss und Raps hingegen liegt bei nur etwa 0,7 Tonnen Öl pro Hektar, bei Sojabohnen ist er sogar noch niedriger. „Wenn wir Palmöl durch andere Pflanzenöle wie beispielsweise Sonnenblumenöl oder Rapsöl ersetzen würden, bräuchten wir viel mehr Fläche für den Anbau, um die gleiche Menge Öl zu erhalten. Das wäre ökologisch auch nicht sinnvoll und würde Probleme nur in andere Regionen verlagern“, weiß Gesche Jürgens, Wald-Expertin bei Greenpeace.

Bio-Diesel: Palmöl im Tank

Mehr als die Hälfte des in die EU importierten Palmöls wird für Bio-Diesel verwendet. Dabei ist dieser bis zu dreimal schädlicher fürs Klima als fossile Kraftstoffe. Anfang 2019 entschied die EU-Kommission, Palmöl in Bio-Diesel ab 2023 zu reduzieren. 2030 soll das umstrittene Pflanzenöl gar nicht mehr für Bio-Sprit verwendet werden. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, dauert das zu lange: „Wertvolles Palmöl hat im Autotank nichts zu suchen. Die Bundesregierung muss eine nationale Regelung auf den Weg bringen, die den Sofortausstieg von Palmöl im Diesel einleitet.“

Nestlé: Verantwortungsvolle Palmöllieferketten

Der Anbau der Ölpalme muss also allgemein nachhaltiger gestaltet werden. Daran arbeitet der Lebensmittelhersteller Nestlé, der eigenen Angaben zufolge etwa 420.000 Tonnen Palmöl pro Jahr bezieht. „Wir tolerieren keine Zerstörung von Wäldern und gehen mit unseren Programmen für verantwortungsvollen Einkauf gezielt dagegen vor. Unser Ziel ist es, bis Ende 2020 ausschließlich Palmöl aus verantwortungsvollem Einkauf zu verwenden“, betont der Konzern. Nestlé ist Mitglied beim Roundtable for Sustainable Palmoil (RSPO). Gegründet 2004 vom WWF und Unternehmen aus dem Palmölsektor, stellt er einen freiwilligen Mindeststandard zur nachhaltigen Beschaffung des Pflanzenöls dar. Zu den acht Prinzipien des RSPO gehört beispielsweise das Bekenntnis zu Transparenz, die Verpflichtung Gesetze einzuhalten und auch die Wahrung natürlicher Ressourcen. Allerdings kritisieren viele NGOs den Runden Tisch für Nachhaltiges Palmöl und bezeichnen ihn sogar als „Etikettenschwindel“. „Die Einhaltung der Kriterien wird nicht ausreichend überprüft, Verstöße kaum geahndet“, findet Rettet den Regenwald e.V.: „Mit dem Label wird die Öffentlichkeit getäuscht.“

Der Regenwald spiegelt sich im Amazonas.
Palme mit grünen Früchten aus denen Palmöl gewonnen wird

Auch Nestlé gingen die Anforderungen des RSPO nicht weit genug. Darum setzte sich der Konzern dafür ein, die Kriterien des Runden Tisches zu erweitern. Mit Erfolg: Ende 2018 integrierte der RSPO unter anderem den Schutz von Torfmooren und Waldgebieten mit hohem CO2-Speicherwert in seine Anforderungen. Die verschärften Kriterien entsprechen weitestgehend auch den Richtlinien der „Responsible Sourcing Guideline“ (RSG), die Nestlé bereits 2010 gemeinsam mit der NGO „Earthworm Foundation“ (EWF, früher „The Forest Trust“) entwickelt und in seiner Einkaufspolitik festgeschrieben hatte: „Wir erwarten zusätzlich von unseren Lieferanten Transparenz bis zur Ölmühle bzw. Plantage, sodass wir die Einhaltung unserer Anforderungen durch Partnerorganisationen überprüfen lassen können“, informiert der Lebensmittelhersteller. Bei der Palmöllieferkette für den deutschen Markt besteht bereits hundertprozentige Transparenz, für den globalen Markt soll dies bis 2020 umgesetzt sein. Bis 2023 will Nestlé außerdem all seine Palmöllieferungen durch eine RSPO Segregated-Zertifizierung abdecken.

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„Starling“: Überwachung per Satellit

Zur Überprüfung der Plantagen setzt der Konzern auch auf modernste Technik. Das System „Starling“ überwacht per Satellit ganzjährig den Zustand der Wälder im Anbaugebiet der Palmölplantagen. Die Airbus-Satelliten SPOT 6 und SPOT 7 scannen rund um die Uhr zuvor festgelegte Bereiche. Eine Software vergleicht dann die Aufnahmen fast in Echtzeit. Weil die Bilder sehr detailliert sind, lassen sich die Übergänge zwischen Wald, Plantagen und anderen Gebieten gut unterscheiden. Verschieben sich diese Übergänge, beispielsweise durch illegale Rodungen, reagiert das System sofort und schlägt Alarm. Entwickelt wurde „Starling“ von EWF, Airbus und dem Kartierungsspezialisten StarVision. Nestlé ist der erste Lebensmittelhersteller, der das System einsetzt. Zum Start 2018 überwachte „Starling“ zunächst nur die Region Perak in Malaysia. Mittlerweile wird die komplette Palmöllieferkette des Konzerns durch die Satellitenüberwachung abgedeckt – unabhängig vom Zertifizierungsstatus der Plantagen. Für Nestlé ist dies ein weiterer Schritt im Kampf gegen die Abholzung. Eine gute Sache, findet auch Bastien Sachet, CEO von der EWF: „2010 haben wir unsere ‚No Deforestation‘-Reise mit Nestlé begonnen. Damals gab es keine Instrumente, mit denen die Lieferketten effektiv überwacht werden konnten. Eine Lösung musste her – und mit ‚Starling‘ haben wir sie gefunden.“

Bayer: Nachhaltiger Sojaanbau

Der Anbau von Soja ist ähnlich problematisch wie beim Palmöl. Weltweit werden für Soja Wälder gerodet und Savannenflächen umgewandelt, vor allem in Brasilien, den USA und auch Argentinien. Den größten Teil der Sojabohnen verzehren wir indirekt über unseren Fleischkonsum: Knapp 80 Prozent landen nämlich als Futtermittel in Tiertrögen, informiert der WWF.

Bayer macht sich daher für den nachhaltigen Anbau von Soja stark. Seit 2015 kooperiert die Sparte Crop Science mit dem „Round Table on Responsible Soy“ (RTRS). Das Ziel: brasilianische Sojaproduzenten bei der Zertifizierung nach den RTRS-Standards zu unterstützen. Außerdem startete der Konzern die Initiative „Certification Training for Red Dorados“. Diese zielt darauf ab, argentinische Landwirte zu einer nachhaltigen Sojaproduktion zu motivieren. Im Fokus stehen dabei die Standards des RTRS und des ASC (Certified Sustainable Agriculture) von AAPRESID (Argentinische Vereinigung nicht-pflügender Landwirte). „Die Zusammenarbeit ist entscheidend, um einen Mehrwert für Landwirte und Verbraucher zu schaffen und die Umwelt zu schützen. Wir freuen uns, mit so herausragenden Partnern wie RTRS und AAPRESID zusammenzuarbeiten“, kommentiert Dr. Stefan Heinke, Senior Sustainable Development Manager bei Bayer die Kooperation.

Quelle: UmweltDialog
 

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