Energiewende

Für die Klimawende brauchen wir die Energiewende

Die Zeit, die Klimakrise zu bekämpfen, ist jetzt, sagt David Radermacher, Vice President Sustainability & Climate bei E.ON. Im Interview mit UmweltDialog spricht er über die Ergebnisse der UN-Klimakonferenz und darüber, wie E.ON die Energiewende voranbringen will.

24.01.2022

David Radermacher, Vice President Sustainability & Climate bei E.ON
David Radermacher, Vice President Sustainability & Climate bei E.ON

Zum Auftakt des E.ON Capital Markets Day im November 2021 sagten Sie: Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit und wir sind die letzte Generation, die die Krise lösen kann. E.ON sei dabei Europas Partner Nummer eins für einen nachhaltigen Wandel. Können Sie das näher erläutern?

David Radermacher: Als E.ON sind wir aktiver Teil der Gesellschaft und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung. Ohne E.ON sind die Energiewende in Europa und der Weg zum ersten klimaneutralen Kontinent einfach unmöglich. Es ist also unser gesellschaftliches Mandat und damit unsere Geschäftsgrundlage, Vorreiter für Klimaschutz und Versorgungssicherheit zu sein. Das heißt, wir helfen unseren Kunden, klimaneutral zu werden, ihre eigene Energiewende umzusetzen. Das betrifft Städte, Unternehmen und Privathaushalte. Über 70 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen stammen aus der Nutzung von Energie. Hier haben wir einen immensen Hebel, den wir mit unseren Kundenlösungen bedienen. Gleichzeitig ist unser Energienetz die Grundlage, die Plattform für die Energiewende und die Dekarbonisierung Europas – das ist der Kern der Nachhaltigkeit.

Sie sagten außerdem, E.ON hat keine Nachhaltigkeitsstrategie, die Strategie ist an sich schon nachhaltig. Was meinen Sie damit?

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Radermacher: Wir haben – im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen – den Vorteil, dass wir unser Geschäftsmodell aufgrund der nachhaltigen Transformation nicht komplett neu erfinden müssen. Unser Geschäft ist im Kern nachhaltig. Da liegt es nahe, dass Nachhaltigkeit in allem drinsteckt, was wir tun. Nachhaltigkeit ist immanenter Bestandteil unserer Strategie, aber auch unseres Denkens und Handelns, weil heute keiner mehr an dem Thema vorbeikommt. Daher haben wir gesagt, dass wir keine dezidierte Nachhaltigkeitsstrategie neben der Unternehmensstrategie mehr brauchen.

Ende 2021 war die Klimakonferenz in Glasgow, auch COP26 genannt. Bereits im Vorfeld forderte E.ON unter anderem, von der Zieldebatte in den Umsetzungsmodus zu schalten. Hat die COP26 hierfür die richtigen Weichen gestellt?

Radermacher: Hier ziehe ich ein gemischtes Fazit. Was in der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet blieb, ist die Tatsache, dass in Glasgow die Rahmenwerke des Pariser Klimaabkommens endgültig verabschiedet wurden. Das war ein wichtiger Schritt. Darüber hinaus finde ich, dass die COP26 sehr deutliche Botschaften in alle Richtungen gesendet hat. Allen ist klar, dass wir vor gewaltigen Herausforderungen stehen, die nicht ohne große Anstrengungen und finanzielle Mittel gestemmt werden können. Die Umsetzung liegt jetzt bei den Staaten und der Wirtschaft. Nach meiner Einschätzung haben die wesentlichen Player (zum Beispiel USA und Deutschland) verstanden, was zu tun ist, aber es ist auch richtig, dass die zugesagten Maßnahmen noch nicht ausreichen.

Es wurde zum Beispiel der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen und dass fossile Projekte im Ausland bald nicht mehr finanziell unterstützt werden. Wie zufrieden sind Sie damit?

Radermacher: Unter dem Strich bin ich zufrieden, denn man muss realistische Erwartungen haben. Ich bin überzeugt, dass die COP26 klare Botschaften an Politik und Wirtschaft formuliert hat, die es jetzt umzusetzen gilt. Bei der Klimakonferenz gilt das Gebot der Einstimmigkeit und die Herausforderungen im globalen Süden und in Entwicklungsländern sind sehr unterschiedlich. Man muss sich vor Augen führen, dass beispielsweise in Indien gerade Millionen von Menschen erstmals überhaupt Zugang zu elektrischer Energie bekommen.

Auch hierzulande wird die Energiewende vorangetrieben. Was steht gerade an?

Radermacher: Die nächste Dekade steht im Zeichen der massiven Beschleunigung der Energiewende. Diese Beschleunigung ist natürlich eine riesige Herausforderung, die aber vor allem Chancen für uns bietet. Künftig werden die Veränderungen im Energiesystem und im Anschluss neuer Komponenten – Elektromobilität, Wärmepumpen, Photovoltaik – deutlich stärker auch in der Mittel- und Niederspannung zu spüren sein, wodurch die Komplexität des Gesamtsystems deutlich steigt. Gut ausgebaute und verfügbare Energienetze sind das zentrale Nervensystem für die Energiewende.

Erde Globus Internet Vernetzung Digital Globalisierung

In unserem Interview im Mai vorigen Jahres sprachen wir außerdem darüber, dass die Digitalisierung hier eine große Rolle spielt. Können Sie das noch einmal näher erläutern?

Radermacher: Die Digitalisierung der Energieinfrastruktur bedeutet, die Verteilnetze durch den Einsatz intelligenter Technologien smarter zu steuern. Die Digitalisierung der Netze ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Mithilfe der Digitalisierung der Energienetze sind wir in der Lage, die zunehmende Komplexität zu bewältigen, die Auslastung unserer Netze zu optimieren und den Netzausbau auf ein Minimum zu begrenzen und unsere Effizienz zu steigern.

Wie handhabt E.ON das?

Radermacher: Wir optimieren schon heute die Auslastung unserer Netze unter anderem durch den Einsatz von intelligenten Betriebsmitteln, künstlicher Intelligenz sowie digitaler Kommunikationstechnologie. Damit gestalten wir den Umbau des Energiesystems so effizient wie möglich. Wir werden künftig unter anderem in unserem Netzbetrieb die gesammelten Daten nutzbar machen – über eine einheitliche digitale Plattform.

Wir werden unsere Netze über alle Spannungsebenen hinweg beobachten und steuerbar machen, um damit die Auslastung unserer Verteilnetze zu optimieren und den höchsten Versorgungssicherheits-Standard zu gewährleisten.

Auch Wasserstoff gilt als vielversprechende Technologie für emissionsfreie Energie. Hier ist man aber noch am Anfang. Was macht E.ON in der Richtung?

Radermacher: Auch beim Thema Wasserstoff engagieren wir uns natürlich. So ist zum Beispiel Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende unseres größten Regionalversorgers Westenergie AG, auch Vorsitzende des deutschen Wasserstoffrats. Hier haben wir eine gewichtige Stimme. Aber wir werden auch konkret. Wir planen zum Beispiel im Rahmen eines europäischen Kooperationsprojekts den Aufbau eines Verteilnetzes und entsprechender Infrastruktur für Wasserstoff und Ammoniak im Ruhrgebiet. Mit dem Projekt „H2.Ruhr“ soll kommunalen, mittelständischen und Industrieunternehmen in der Region perspektivisch der Zugang zu CO2-freiem Wasserstoff und grünem Ammoniak ermöglicht werden.

Wo liegen derzeit die Herausforderungen?

Radermacher: Schwierigkeiten sehen wir vor allem noch in den derzeit relativ hohen Kosten und der geringen Effizienz bei der Wasserstoffproduktion. Hier vertrauen wir aber darauf, dass die Skalierung des Marktes entgegenwirkt, ähnlich wie bei Photovoltaik.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UmweltDialog
 

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