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Auch Aufsichtsräte haften bei Nachhaltigkeitsfragen

Wo gearbeitet wird, werden auch Fehler gemacht. Das ist normal. Dann haftet in der Regel die Geschäftsführung. Aber auch Aufsichtsräte stehen in der Verantwortung. Vor allem bei Nachhaltigkeitsthemen trifft die meisten das Haftungsrisiko völlig unvorbereitet.

19.06.2019

Auch Aufsichtsräte haften bei Nachhaltigkeitsfragen

Jeder kennt die Beispiele: Produkte, die Fehler haben, gefährlich sind oder schlicht nicht das leisten, was sie versprechen. Bei solchen Reklamationen haftet das Unternehmen. Das gilt natürlich auch für Umwelt- und Sozialfragen.

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Aufgaben von Geschäftsführung und ihrer Aufsicht

Um das Thema Haftung genau zu verstehen, muss man einen Schritt zurückgehen und erklären, was Unternehmen rechtlich betrachtet sind: Bei einem Unternehmen handelt es sich in der Regel um eine sogenannte „juristische Person“. Als solche hat sie Rechte und Pflichten. Sie hat eigenes Vermögen und kann klagen und auch verklagt werden. Doch Unternehmen können nicht selbst handeln - schon das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 schreibt, dass sie „nur durch Vertreter einen Willen haben und äußern“. 

Die ureigenste Aufgabe von Geschäftsführung und ihrer Aufsicht, sei es Aufsichtsrat oder Gesellschafter, ist es also, diese „juristische Person“ zu vertreten und ihr Vermögen treuhänderisch zu verwalten. Dazu gehört auch das Wissen um und das Erkennen von Risiken. Da praktisch jede Firma auf die Finanzierung durch Fremdkapital angewiesen ist, hängt die Höhe des Zinssatzes vom angenommenen Risiko ab. Und hier spielen immer öfter nachhaltige Kriterien – der Finanzsektor spricht hier von Environmental, Social and Governance (kurz: ESG) Kriterien – eine wichtige Rolle. 

Kai Michael Beckmann ist bei Roever Broenner Susat Mazars für das Thema CSR verantwortlich.
Kai Michael Beckmann ist bei Roever Broenner Susat Mazars für das Thema CSR verantwortlich.

Konzernlageberichte müssen um eine nichtfinanzielle Erklärung ergänzet werden

Kai Michael Beckmann ist Director of Sustainability bei der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Mazars und sagt dazu:„ Konkret bedeutet das: Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen ihren Konzernlagebericht um eine nichtfinanzielle Erklärung ergänzen. In dieser müssen Informationen zu Umwelt- und Sozialaspekten, aber auch zu Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und der Bekämpfung von Bestechung und Korruption offengelegt werden.“

Sprach man vor ein paar Jahren noch davon, dass Unternehmen ESG-Aspekte beachten sollten, so ist Beckmanns Formulierung des „Müssens“ richtig gewählt. Beispiel Hauptversammlungen: Längst sorgen sich nicht mehr nur kritische Aktionäre um Folgen des Klimawandels oder Risiken in den Lieferketten für das Betriebsergebnis, sondern auch konservative Anleger wie etwa Rentenfonds.

Beckmann: „Themen, die vielleicht bisher eher als nebensächlich wahrgenommen wurden, gewinnen zunehmend an Relevanz. So vergeht beinahe kein Aktionärstreffen, ohne dass auch nichtfinanzielle Informationen in den Mittelpunkt rücken.“ Vier Beispiele nennt er für diesbezügliche Fragen von Investoren:

  • Was tut das Unternehmen für sein soziales Engagement?
  • Wie nachhaltig agiert das Unternehmen und wurden die Lieferketten dahingehend geprüft?
  • Wie sieht es mit Frauenquote und Diversity aus?
  • Wie fließen diese Themen in Vergütungsmodelle ein?

Frage ist: Wie kann ein Unternehmen darauf strukturiert antworten? Antwort: Über gängige Methoden der Nachhaltigkeitsberichterstattung und Messung von KPIs; so wie ja auch Unternehmen ihre Wirtschaftsperformance im Geschäftsbericht offenlegen.

Die Verantwortung liegt beim Aufsichtsrat

Nachhaltigkeitsberichte erlauben also einen Blick in das extrafinanzielle Risikomanagement der Unternehmen. Das ist wichtig, um die jeweiligen Refinanzierungskosten (Stichwort Zinssatz) festzulegen. Der Gesetzgeber hat im CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) deshalb eine Vielzahl an Unternehmen in die Pflicht genommen. Neben Banken und Versicherungen sind insbesondere kapitalmarktorientierte Betriebe berichtspflichtig. 

Nachhaltigkeitsberichte sind an sich nicht prüfungspflichtig. Das erspart anders als beim Geschäftsbericht den obligatorischen Gang zum Wirtschaftsprüfer. Allerdings hat das für den Aufsichtsrat auch einen Haken: Sie können sich nicht auf eine qualifizierte Vorprüfung verlassen, wenn sie ihr eigenes Urteil treffen. Somit fällt die Haftung komplett und unbegleitet auf die Aufsichtsräte zurück. Und zu beachten gibt es einiges, wie Prof. Dr. Thorsten Grenz erklärt: „Der Prüfungsgegenstand ist folglich ungewöhnlich breit und vielschichtig. Eine Delegation der Prüfung der CSR-Berichterstattung ist nicht möglich: Die Verantwortung liegt beim Plenum des Aufsichtsrats.“

Weiter sagt er: „Die Befassung mit CSR darf sich nicht beschränken auf die Prüfung des CSR-Berichts. Der Aufsichtsrat sollte sich bereits unterjährig mit dem Thema CSR auseinandersetzen und dabei die CSR-Strategie, die Ziele sowie die angewandten Konzepte und internen Prozesse mit dem Vorstand erörtern. So gewinnt der Aufsichtsrat das nötige tiefe Verständnis, um die Plausibilität und Vollständigkeit beurteilen zu können.“

Fazit

Auf Aufsichtsräte kommen in Zukunft zusätzliche Aufgaben zu. Ein Trost bleibt ihnen aber hierzulande: Anders als in den USA können sie nicht von einzelnen unzufriedenen Anlegern oder Aktivisten verklagt werden. 

Quelle: UmweltDialog
 

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