CSR-Management

Tchibo: Nachhaltigkeit gemeinsam aus der Nische holen

Was braucht es, um Nachhaltigkeit aus der Nische zu holen und in der Breite durchzusetzen? Reichen freiwillige Verpflichtungen? Wo muss sich die Politik einmischen und welche Rolle spielt dabei die Öffentlichkeit? Darüber diskutierten auf Einladung von Tchibo über 120 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Nichtregierungsorganisationen Anfang November in der Hamburger Speicherstadt.

29.11.2016

Tchibo: Nachhaltigkeit gemeinsam aus der Nische holen
V.l.n.r.: Antje Pieper, Dr. Markus Conrad, Gerd Billen, Dr. Gisela Burckhardt, Joschka Fischer, Katja Suding.

Tchibo ist in Sachen Nachhaltigkeit in den letzten Jahren häufig vorangegangenen und hat einiges bewegen können. Für seine Vorreiterrolle in der Konsumgüterbranche wurde das Unternehmen jetzt sogar als "Deutschlands nachhaltigstes Großunternehmen 2016" ausgezeichnet. Dennoch bleibt noch viel zu tun. Deshalb lud Tchibo anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Tchibo Unternehmensverantwortung Stakeholder aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zur Diskussion darüber ein, wie Nachhaltigkeit im Spannungsfeld von Regulierung und Freiwilligkeit aus der Nische geholt und weiter vorangebracht werden kann.

Kooperationen gewinnen an Bedeutung

Beispiel Textil- und Bekleidungsindustrie: Laut Textilbündnis sind hier weltweit ca. 60 Millionen Menschen beschäftigt – vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Als international tätiges Handelsunternehmen lässt auch Tchibo viele Artikel – von Textilien über Schmuck bis hin zu Küchenwaren – in Fabriken in Bangladesch, Äthiopien oder China herstellen und ist somit mitverantwortlich für die Durchsetzung von sozialen Standards wie faire Löhne oder Versammlungsfreiheit vor Ort. Eine Aufgabe, die Tchibo nicht alleine bewältigen kann, weshalb man zunehmend auf Kooperationen mit anderen Handelsunternehmen, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften setzt.

Um die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten vor Ort dauerhaft zu verbessern, engagiert sich Tchibo bereits in vielen Initiativen und Bündnissen:

So hat Tchibo 2007 gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das Trainingsprogramm "WE" (Worldwide Enhancement of Social Quality) entwickelt, das den Dialog zwischen Managern und Beschäftigten fördert. Im Rahmen des Programms wurden bislang über 320 Textillieferanten geschult. Damit sind 75 Prozent des Non-Food-Sortiments abgedeckt. Bis 2020 will man 80 Prozent der Gebrauchsartikel von WE-Produzenten beziehen.

Darüber hinaus hat Tchibo im Jahr 2012 das Gebäudesicherheits- und Brandschutzabkommen "Accord on Fire" mitentwickelt und ist der Initiative ACT (Action, Collaboration, Transformation) beigetreten, die sich für faire Tarifverhandlungen und existenzsichernde Löhne für alle Beschäftigten in der Textilindustrie einsetzt.

Seit 2014 ist Tchibo auf den Detox-Standard zur Entgiftung der weltweiten Textilproduktion verpflichtet. Tchibo hat angekündigt, noch im Dezember dieses Jahres über die Fortschritte bei der Umsetzung des Greenpeace-Detox-Standards zu berichten.

Zudem hat Tchibo als erstes deutsches Handelsunternehmen Ende September 2016 eine internationale Rahmenvereinbarung mit der Dachgewerkschaft IndustriALL Global Union unterzeichnet. Ziel dieser Vereinbarung ist es, die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern, aus denen Tchibo Waren bezieht, weiter zu verbessern.

Auf nationaler Ebene engagiert sich Tchibo im Bündnis für nachhaltige Textilien, das ebenfalls eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Produktionsländern zum Ziel hat. Ende Oktober erreichte die Multi-Stakeholder-Initiative eine weitere wichtige Stufe auf dem Weg dorthin: So müssen alle Mitglieder bis Ende Januar 2017 eigene Umsetzungsziele, sogenannte Roadmaps, erstellen. Darin sollen die Mitglieder festhalten, was und wie viel sie künftig zu leisten bereit sind. Tchibo plant, im Januar 2017 seine Selbstverpflichtung vorzulegen.

 
 
Joschka Fischer, Bundesaußenminister a.D.
Joschka Fischer, Bundesaußenminister a.D.

Gisela Burckhardt von FEMNET / Kampagne für Saubere Kleidung, die Tchibo bereits seit mehreren Jahren kritisch begleitet, stellte in der Diskussion fest: "Obwohl Tchibo sich viel früher auf den Weg gemacht hat als viele andere Unternehmen und dabei viele richtige Schritte gegangen ist, sind die Arbeitsbedingungen beispielsweise für die Näherinnen – global betrachtet – nicht besser geworden." Sie fordert deshalb verbindliche gesetzliche Regeln und zusätzliche freiwillige Vereinbarungen der Wirtschaft.

Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer bezeichnet freiwillige Selbstverpflichtungen ebenfalls als wichtiges Instrument und mahnt an: "Es bedarf jedoch aufmerksamer Kontrolle, damit freiwillige Verpflichtungen umgesetzt werden."

 
 
Dr. Markus Conrad, Geschäftsführer Tchibo.
Dr. Markus Conrad, Geschäftsführer Tchibo.

Auch bei Tchibo ist man davon überzeugt, dass eine Kombination aus Selbstverpflichtungen und Gesetzen notwendig ist, um Verbesserungen für die Beschäftigten zu erreichen. Dr. Markus Conrad, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Tchibo, erläuterte: "Ein fairer Wettbewerb braucht klare Spielregeln. Damit wir zu signifikanten Verbesserungen für die Beschäftigten in den globalen Lieferketten kommen, müssen Unternehmen zu mehr Transparenz verpflichtet und Mindeststandards festgelegt werden, notfalls auch mit klaren Verboten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden."

Nationale Alleingänge seien dabei – insbesondere mit Blick auf die fortschreitende Globalisierung – allerdings nicht zielführend, ergänzte Joachim Lohrie, Direktor Unternehmensverantwortung bei Tchibo. Fischer gab jedoch zu bedenken, "dass eine internationale Regulierung unendlich lange dauert und meistens nur den kleinsten gemeinsamen Nenner erreicht. Wohingegen nationale Politik, etwa die deutsche Politik, schneller etwas erreichen kann, gerade wenn es mit und innerhalb der Branche schon Kompromisslinien gibt." So solle man die Mühe nicht scheuen, internationale Regularien anzustreben, aber auch nicht warten, bis es einen fernen Tages so weit sei.

Dr. Gisela Burckhardt von FEMNET / Kampagne für Saubere Kleidung.
Dr. Gisela Burckhardt von FEMNET / Kampagne für Saubere Kleidung.

Welche Rolle spielen Verbraucher?

Auch Verbrauchern käme eine Schlüsselrolle zu, so die Vorsitzende der FDP Hamburg, Katja Suding. Deren Ansprüche seien im Hinblick auf die Produktionsbedingungen in den vergangenen Jahren merklich gestiegen. Das bekämen auch Unternehmen wie Tchibo zu spüren. Die Campaignerin Burckhardt wiederum warnte davor, die Verantwortung allein dem Verbraucher zu überlassen und betonte, ihr Einfluss sei relativ gering.

In Impulsvorträgen, Podiumsdiskussionen und den anschließenden Fishbowl-Workshops gelangten die Veranstaltungsteilnehmer schließlich zu der Übereinstimmung, dass es einer Mischung aus beidem – freiwilligen Initiativen und verbindlichen staatlichen Regeln – bedarf. Dr. Markus Conrad resümierte: "Um in der Breite etwas zu bewegen, sind intelligente Verbindungen von freiwilliger Selbstverpflichtung und internationaler Regulierung sicherlich am besten." Und Joschka Fischer ermutigte Tchibo auf seinem Weg in Richtung einer zu 100 Prozent nachhaltigen Geschäftstätigkeit: "Gehen Sie Ihren Weg weiter. Aber mit etwas mehr Lärm!"

Mehr zum Thema erfahren Sie auch in der Nachhaltigkeitsbilanz 2015 von Tchibo.

Quelle: UmweltDialog
 

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