UN-Entwicklungsziele

Global Compact soll die UN Entwicklungsziele in Unternehmenssprache übersetzen

Der UN Global Compact ist mit über 15.000 Teilnehmern die weltweit größte Initiative für unternehmerische Verantwortung. In jüngster Zeit stagniert die Initiative jedoch sowohl bei den Teilnehmerzahlen als auch programmatisch. Jetzt hat die Dänin Lise Kingo als neue Direktorin das Ruder übernommen und soll den Global Compact strategisch neu ausrichten. Dr. Elmer Lenzen, Herausgeber der Global Compact Jahrbücher, sprach darüber mit ihr in einem ihrer ersten Interviews in ihrer neuen Funktion.

27.10.2015

Global Compact soll die UN Entwicklungsziele in Unternehmenssprache übersetzen zoom

UmweltDialog: Georg Kell hat von 2000 bis 2015 als erster Chef des UN Global Compact erreicht, dass die Initiative innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen bekannt und anerkannt wurde. Das ist salopp gesagt die Georg-Kell-Story. Wie wird in Zukunft die Lise-Kingo-Story aussehen?

Lise Kingo: Es kommt nicht darauf an, dass es die Lise-Kingo-Story wird. Wichtig ist vielmehr, auf was sich der Global Compact in seiner nächsten Phase konzentriert. Das werden definitiv die neuen Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen sein. Sie sind ein wesentliches Instrumentenset, um den Global Compact auf ein höheres Niveau zu heben.

Heißt das, dass die SDGs die bisherigen Regeln des Global Compact ersetzen?

Kingo: Nein, man sollte die SDGs als einen Zusatz zu den bestehenden 10 Prinzipien ansehen. Jedes Unternehmen, das die zehn Prinzipien unterschreibt, sollte daher auch die SDGs im Hinterkopf haben. Die SDGs machen den Unternehmen klar, was die zentralen Fragen der Zukunft sind, wohin sich die globale Entwicklung bewegt, und was Stakeholder, allen voran die Politik, erwarten. Die Weltgemeinschaft ist sich einig, dass diese Ziele weltweit Priorität haben. Die Wirtschaft weiß jetzt, was erwartet wird. Das kann sie als Plattform für Innovation und neues Wachstum nutzen.

Seit wann eignen sich Entwicklungsziele als Geschäftsmodell?

Kingo: Sie könnten mit den SDGs Risiken im Portfolio in Chancen umwandeln. Viele Unternehmen bewegen sich in sehr kompetitiven Märkten. Ich nenne es das „Red Ocean“-Szenario, weil hier wirklich gekämpft wird. Sie versuchen, sich mit Innovationen hervorzutun. Die SDGs bieten eine Möglichkeit, um die Welt und die Märkte auf eine andere Art zu sehen und einen Weg hin zu einer entspannteren „Blue Ocean“-Situation zu finden. Die Herausforderung besteht darin, wie man die SDGs mit dem jeweiligen Geschäftsfeld in Verbindung bringt und es in das Geschäftsmodell einbaut.

Sind die SDGs denn wirklich so klar und eindeutig, dass Unternehmen sie als Handlungsleitfaden nutzen können?

Kingo: Wir helfen bei Fragen und Unklarheiten. Wir haben gerade erst eine Reihe neuer Initiativen gestartet, die den Unternehmen Orientierung geben, um sich durch die SDGs zu navigieren. Ein Instrument ist der „SDG Compass“, den wir gemeinsam mit GRI und dem WBCSD entwickelt haben. Das ist ein sehr klarer Führer, wie Unternehmen loslegen können. Außerdem haben wir den „Poverty Footprint“ gemeinsam u.a. mit Oxfam gestartet. Damit können Unternehmen einfach überprüfen, ob sie einen Armutsfußabdruck erzeugen und wie sie diesen dann ggfs. reduzieren können.

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Die Aufgabe des Global Compact ist es also, Unternehmen die SDGs zu erklären?

Kingo: Der UN Global Compact ist Teil des UN-Systems und die SGDs kommen aus dem UN-System. Wir haben daher eine besondere Verpflichtung, bei der Umsetzung mitzuwirken. Ich sehe als Aufgabe des Global Compact jetzt in der Tat, diese Ziele in eine Unternehmenssprache zu übersetzen und mit guten Beispielen aufzuzeigen, wie andere Unternehmen sich dies bereits zunutze machen.

Wie wollen Sie das erreichen?

Kingo: Die SDGs wurden innerhalb des UN-Systems entwickelt. Sie sind also zunächst politisch formuliert. Das muss jetzt in eine Unternehmenssprache übersetzt werden. Dafür brauchen wir eine klare Kommunikation und gutes Storytelling in Praxisbeispielen. Dafür brauchen wir frische Gesichter und frische Geschichten, um auch junge Leute zu erreichen. Diese Übersetzungsleistung ist eine große Herausforderung, und sie ist die Hauptaufgabe des Global Compact für die kommenden Jahre.

Warum sollte sich ein Unternehmen auf zusätzliche Pflichten freuen?

Kingo: Wir müssen uns stets ins Gedächtnis rufen, dass viele Unternehmen heutzutage gerne verantwortungsbewusst handeln. Sie möchten einen Unterschied machen und sehen Wirtschaft als eine Kraft für Gutes. Dennoch muss in allem, was sie tun, auch ein funktionierendes Geschäftsmodell sein. Das ist schließlich, was ihre Stake- und Shareholder von ihnen erwarten. Deshalb hoffe ich, dass die neuen SDGs beides liefern: interessante neue Geschäftsmöglichkeiten und zugleich dazu beizutragen, die Welt etwas besser zu machen.

Derzeit beschäftigen die Menschen andere Themen wie Kriege, Konflikte und vor allem die Flüchtlingskrise. Wie wollen Sie da Aufmerksamkeit für Nachhaltigkeitsfragen gewinnen?

Kingo: Wir müssen Nachhaltigkeit zum Mainstream machen. Wir sind zum Beispiel sehr stolz auf den gemeinsamen Aufruf des Global Compact und des UN Flüchtlingshilfswerks, den viele, viele Unternehmen unterschrieben haben. Der Global Compact kann zum Beispiel dabei helfen, Armut als eine der Fluchtursachen anzusprechen. Wir bieten Unternehmen Instrumente, um ihre wirtschaftliche Tätigkeit zur Minderung dieser Armut auszurichten.

Über Lise Kingo

Lise Kingo ist seit September 2015 Executive Director des UN Global Compact. Zuvor arbeitete Kingo beim dänischen Pharmakonzern NovoNordisk.

Quelle: UmweltDialog
 

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