Umwelt

PIK-Bericht: Erde überschreitet sieben von neun Belastungsgrenzen

Laut einem aktuellen Bericht des Planetary Boundaries Science Lab am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sind inzwischen sieben der neun planetaren Belastungsgrenzen überschritten – eine mehr als noch im Vorjahr.

26.09.2025

PIK-Bericht: Erde überschreitet sieben von neun Belastungsgrenzen

„Mehr als drei Viertel der lebenswichtigen Erdsystem-Funktionen befinden sich nicht mehr im sicheren Bereich. Die Menschheit verlässt ihren sicheren Handlungsraum und erhöht so das Risiko, den Planeten zu destabilisieren“, sagt Johan Rockström, PIK-Direktor und Co-Autor des Berichts. Zu den überschrittenen Grenzen zählen Klimawandel, die Integrität der Biosphäre, Landnutzungsänderungen, der Süßwasserkreislauf, biogeochemische Kreisläufe, der Eintrag menschengemachter Substanzen sowie – neu seit 2025 – die Ozeanversauerung. Nach Einschätzung des Forschungsteams entwickeln sich alle sieben in eine besorgniserregende Richtung.

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Ozeane im Fokus: Siebte planetare Grenze überschritten

Der Planetary Health Check 2025 markiert einen kritischen Wendepunkt: Zum ersten Mal gilt auch die planetare Grenze der Ozeanversauerung als überschritten. Verantwortlich ist vor allem die anhaltende Nutzung fossiler Energieträger, verschärft durch Abholzung und veränderte Landnutzung. Damit verlieren die Weltmeere zunehmend ihre stabilisierende Funktion im globalen Erdsystem. Die Folgen sind bereits sichtbar: Kaltwasserkorallen, tropische Riffe und arktische Lebensräume geraten unter massiven Druck. Seit Beginn der Industrialisierung ist der pH-Wert der Meeresoberfläche um rund 0,1 Einheiten gefallen – ein Anstieg der Versauerung um 30 bis 40 Prozent. Besonders empfindlich reagieren winzige Meeresschnecken wie Flügelschnecken, deren Schalen bereits deutliche Schäden zeigen. Da sie eine zentrale Nahrungsquelle für Fische und Wale sind, bedroht ihr Rückgang ganze Nahrungsketten – mit spürbaren Konsequenzen für Fischerei und Ernährungssicherheit des Menschen.

„Die Entwicklung geht eindeutig in die falsche Richtung. Die Ozeane versauern, Sauerstoffwerte sinken, und marine Hitzewellen nehmen zu. Damit wächst der Druck auf ein System, das für stabile Lebensbedingungen auf unserem Planeten unverzichtbar ist“, erklärt Levke Caesar, Co-Leiterin des Planetary Boundaries Science Lab und Leitautorin des Berichts. „Die zunehmende Versauerung geht vor allem auf Emissionen aus fossilen Brennstoffen zurück und wirkt sich zusammen mit Erwärmung und Sauerstoffrückgang auf Küstenökosysteme wie auch auf den offenen Ozean aus. Damit verbunden sind weitreichende Folgen für Ernährungssicherheit, Klimastabilität und menschliches Wohlergehen.“

„Die Ozeane sind das Lebenserhaltungssystem unseres Planeten”, erklärt Sylvia Earle, Ozeanografin und Mitglied der Initiative „Planetary Guardians“. „Ohne gesunde Meere gibt es keinen gesunden Planeten. Seit Milliarden Jahren stabilisieren sie die Erde: Sie produzieren Sauerstoff, prägen das Klima und tragen die Vielfalt des Lebens. Heute ist die Versauerung ein unübersehbares Warnsignal, dass die Stabilität unserer Erde in Gefahr ist. Ignorieren wir es, riskieren wir, das Fundament unserer Lebenswelt zum Einsturz zu bringen. Schützen wir die Ozeane, schützen wir uns selbst.“

 
 

Planetare Grenzen verdeutlichen Risiken und Handlungsdruck zum Schutz der Erde

Die neun planetaren Grenzen beschreiben die zentralen Prozesse, die das Erdsystem im Gleichgewicht halten. Sie bilden ein eng verflochtenes Netzwerk, dessen Stabilität Voraussetzung dafür ist, dass die Menschheit in Sicherheit leben kann und natürliche Ökosysteme widerstandsfähig bleiben. Forschende überwachen diese Grenzen anhand ausgewählter Indikatoren – vergleichbar mit den Vitalwerten in einem Gesundheitscheck. Die jüngsten Befunde zeigen eine anhaltende Verschlechterung des globalen Zustands. Damit wächst das Risiko irreversibler Veränderungen, bis hin zum Überschreiten von Kipppunkten, die das Erdsystem dauerhaft destabilisieren könnten.

Boris Sakschewski, Co-Leiter des Planetary Boundaries Science Lab und Co-Autor des Berichts, ergänzt: „Die Verbindungen zwischen den planetaren Grenzen zeigen, wie die Belastungen des Erdsystems Menschen überall auf der Welt betreffen können, aber auch, wie wir Lösungen finden können. Klar ist, dass sich menschliches Wohlergehen, wirtschaftliche Entwicklung und stabile Gesellschaften nur mit einem ganzheitlichen Ansatz sichern lassen, bei dem die Zusammenarbeit über alle Sektoren hinweg oberste Priorität hat.“

Politische Maßnahmen und internationale Kooperation zeigen Wirkung

Von den neun planetaren Grenzen befinden sich nur zwei noch im sicheren Bereich: die Belastung durch Aerosole in der Atmosphäre und der Zustand der Ozonschicht. Jahrzehntelanges gemeinsames Handeln – etwa durch das Montreal-Protokoll oder strengere Vorschriften im internationalen Schiffsverkehr – verdeutlicht, dass politische Entscheidungen messbare Verbesserungen bewirken können. Während die globale Luftverschmutzung insgesamt rückläufig ist, bleiben Regionen in Süd- und Ostasien sowie Teilen Afrikas und Lateinamerikas weiterhin stark von Feinstaub betroffen. Die Ozonschicht hingegen hat sich nach den massiven Schäden der vergangenen Jahrzehnte weitgehend regeneriert.

„Der neue planetare Gesundheitscheck zeigt: Der Zustand unseres Planeten verschlechtert sich massiv. Doch diese Entwicklung ist nicht unausweichlich“, resümiert PIK-Direktor Rockström. „Beispiele wie der Rückgang der Luftverschmutzung durch Aerosole und die Erholung der Ozonschicht zeigen, dass wir die globale Entwicklung umsteuern können. Auch wenn die Diagnose ernst ist, besteht weiterhin die Chance diese Entwicklung umzukehren. Scheitern ist kein zwangsläufiger Ausgang, es liegt an uns, es zu verhindern.“

Quelle: UD/fo
 

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