Soziales

Zwischen Eindruck und Realität: Wie gespalten ist Deutschland wirklich?

Eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland nimmt eine wachsende gesellschaftliche Polarisierung wahr. Laut dem vor kurzem veröffentlichten Wissenschaftsbarometer 2025 haben 77 Prozent der Befragten den Eindruck, dass die Meinungen in der Gesellschaft zunehmend auseinanderdriften. 54 Prozent sprechen gar von zwei unversöhnlichen Lagern. Doch ein genauer Blick in die Daten zeigt: Die tatsächlichen Meinungsunterschiede fallen deutlich geringer aus.

13.11.2025

Zwischen Eindruck und Realität: Wie gespalten ist Deutschland wirklich?

„Die Bevölkerung nimmt eine Polarisierung wahr, obwohl sie sich in zentralen Konfliktfragen recht einig ist“, sagt Dr. Benedikt Fecher, Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog (WiD), der Organisation für Wissenschaftskommunikation in Deutschland, die das Wissenschaftsbarometer jährlich herausgibt. „Insofern sind die Ergebnisse ermutigend, denn sie sprechen gegen eine tiefe gesellschaftliche Spaltung. Zugleich verweisen sie auf ein Kommunikationsproblem: Wir verständigen uns bei Konflikten zu wenig über das Gemeinsame. Von der Wissenschaft erwarten Menschen Orientierung. Sie soll Debatten versachlichen, wenn sie emotionalisiert werden, und intervenieren, wenn Fakten verzerrt dargestellt werden. Dass eine Mehrheit der Bevölkerung dies einfordert, unterstreicht die Schlüsselrolle der Wissenschaftskommunikation in polarisierten Debatten.“

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Diskrepanz zwischen wahrgenommener und messbarer Polarisierung

Anhand von vier gesellschaftlich kontrovers diskutierten Themen – Migration, Klimawandel, gendergerechte Sprache und soziale Ungleichheit – zeigt das Wissenschaftsbarometer: Die Bevölkerung ist weniger stark in unversöhnliche Lager geteilt, als es oft wahrgenommen wird. Zwar gibt es gegensätzliche Positionen, doch eine Mehrheit vertritt bei drei der vier Themen eine ähnliche Position. Dazwischen liegt eine breite Mitte, die sich nicht eindeutig einem der Pole zuordnen lässt, sondern differenzierte Haltungen einnimmt.

„Gesellschaftliche Debatten verlaufen oft vielfältiger, als es der öffentliche Diskurs vermuten lässt“, betont Liliann Fischer, Programmleiterin Insights bei Wissenschaft im Dialog. „Wenn Daten zeigen, dass sich Meinungen zu aktuellen Themen wie Migration nicht in starre Lager aufspalten, ist es auch Aufgabe von Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation, dem Eindruck großer Spaltung entgegenzuwirken. Die Mehrheit (61 Prozent) sieht wissenschaftliche Erkenntnisse als wichtige Grundlage für Diskussionen, und mehr als die Hälfte der Menschen ist bereit, mit Andersdenkenden zu sprechen. Diese Offenheit ist eine wertvolle Ressource, die es von der Wissenschaftskommunikation zu heben gilt.“

Einmischung von Forschenden klar erwünscht

Die Erwartungen an die Wissenschaft in kontrovers geführten Debatten sind hoch: 70 Prozent der Befragten wünschen sich, dass sich Forschende aktiv einbringen, wenn Fakten falsch dargestellt werden. Dass sie sich in stark polarisierten Debatten möglichst neutral verhalten, befürworten 47 Prozent.

Langzeittrends und Vergleiche zu Vorjahren

Das Vertrauen in Wissenschaft bleibt laut Wissenschaftsbarometer 2025 stabil: 54 Prozent der Befragten vertrauen Wissenschaft und Forschung – ein Wert, der sich auf dem Niveau der Vorjahre bewegt. Dabei sind es wie schon in der Vergangenheit vor allem die Jüngeren, die Wissenschaft und Forschung ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringen.

Kaum verändert hat sich das Interesse an Wissenschaft und Forschung. Die Hälfte der Befragten zeigt 2025 großes oder sehr großes Interesse, ein weiteres Drittel gibt ein mittleres Interesse an wissenschaftlichen Themen an.

Ein Rückgang zeigt sich bei der Informiertheit: Nur jeder Vierte gibt an, sich auf dem Laufenden zu fühlen über Neues aus Wissenschaft und Forschung. Im Vorjahr waren es noch 30 Prozent und 2023 knapp 40 Prozent.

Quelle: UD/fo
 

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