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Geldtransfer nach Afrika fair gestalten

EXIST-Gründerstipendium für innovative Nutzung von Kryptowährungen: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Startup „re:new“ an der Universität Hohenheim. Das FinTech-Startup unterstützt Migranten mit Blockchain-Technologie. Eine Smartphone-App soll einen sicheren, bequemen und schnellen Geldtransfer nach Nigeria ermöglichen.

07.02.2019

Geldtransfer nach Afrika fair gestalten

Finanzielle Unterstützung in Afrika leisten nicht nur Entwicklungshilfegeber oder internationale Investoren. Der mit Abstand größte Finanzstrom geht von afrikanisch-stämmigen Migranten aus, die in Industrienationen leben. 2017 überwiesen sie einen Rekordbetrag von 69 Milliarden Euro an Angehörige oder Bekannte in ihren Herkunftsländern. Die extrem hohen Gebühren, die durchschnittlich bei 8,7 Prozent der Transfersumme liegen, stellen für die Migranten dabei jedoch ein gravierendes Problem dar. Die UN fordern mehr Transparenz und Wettbewerb, um die Kosten für Überweisungen in Entwicklungs- und Schwellenländer auf unter drei Prozent zu senken. 

Ein IT-affines Gründer-Team an der Universität Hohenheim in Stuttgart will diese Herausforderung jetzt mit Hilfe einer neuartigen Nutzung von Kryptowährungen in Angriff nehmen. 2019 will das junge Startup „re.new“ dazu eine Smartphone-App auf den Markt bringen, die einen sicheren, bequemen und schnellen Geldtransfer nach Nigeria ermöglicht – zu fairen Konditionen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert die ambitionierten FinTech-Entrepreneure zwölf Monate lang mit einem EXIST-Gründerstipendium.

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Kennengelernt haben sich die beiden Hohenheimer Jung-Unternehmer Ernest Eze und Julian Schulz als Werkstudenten. Im Vorstandsbüro eines Unternehmens, das maßgeschneiderte IT-Lösungen für den Finanzbereich vermittelt, haben sie täglich die neusten digitalen Entwicklungen und Trends der Branche vor Augen. Dabei kommt Ernest Eze ins Nachdenken. „Ich kam als Kind mit meinen Eltern aus Nigeria nach Deutschland. Seitdem unterstützen meine Eltern meine dort lebenden Verwandten finanziell. Genauso lange ärgern sie sich über die horrenden Gebühren, die bei den Überweisungen nach Nigeria anfallen und über den unvermeidlichen Gang zu einer Geldtransfer-Geschäftsstelle. Ein weiteres Problem ist die lange Überweisungsdauer. In Notfällen, z.B. wenn es darum geht, eine Vorauszahlung für eine dringend benötigte medizinische Behandlung zu leisten, kann das wirklich kritisch sein“, berichtet Eze.

Wachsender Markt – wenig Wettbewerb

In Gesprächen mit dem Hohenheimer Masterstudenten Julian Schulz keimt schließlich eine Geschäftsidee. Denn Recherchen ergeben: Das Problem von Ernest Ezes Familie hat eine weit größere Dimension als zunächst vermutet. Migranten, die in Industrienationen leben, überwiesen 2017 laut Weltbank weltweit über 600 Milliarden Euro in ihre Herkunftsländer, um Angehörige oder Bekannte zu unterstützen, so viel wie nie zuvor. Auf Afrika entfielen davon rund 69 Milliarden Euro. Tendenz weiter steigend. Der Betrag übertrifft sowohl Entwicklungshilfezahlungen als auch ausländische Investitionen bei Weitem und hat für die Volkswirtschaft vieler afrikanischer Länder eine entscheidende Bedeutung.

„Das Problem: Wenige große Konzerne wie Western Union oder Money Gramm nehmen in dem sogenannten Remittance Markt eine Quasi-Monopolstellung ein und geben anfallende Kosten direkt an Kunden weiter“, erklärt Julian Schulz. „Derzeit liegen die Gebühren für einen Geldtransfer nach Afrika durchschnittlich bei 8,7 Prozent – das ist enorm und hat international bereits viel Kritik auf sich gezogen. Die Vereinten Nationen definieren eine Gebühr von unter drei Prozent der Transaktionssumme als nachhaltig.“

Marktlücke: Online-Lösungen

Obwohl Deutschland zu den größten Sendeländern gehöre, gebe es bislang keinen ansässigen Dienstleister, der sich dieser Herausforderung annimmt. Außerdem werde der Wettbewerb ausschließlich durch Anbieter von klassischen Offline-Lösungen bestimmt, so Schulz: „Online-Lösungen wie z.B. Paypal können in der Regel nicht genutzt werden, da ihr Fokus nicht im Bereich der Rücküberweisungen nach Afrika liegt. In diese Marklücke wollen wir vorstoßen.“

Die unternehmerische Vision nimmt bei einem Social Entrepreneurship Weekend in Stuttgart schließlich konkrete Formen an. Hier lernen die beiden Hohenheimer Entrepreneure einen Blockchain-Spezialisten aus Berlin kennen. Martin Lowinski ist sofort Feuer und Flamme für das Projekt und hat bereits erste Ideen für die technische Umsetzung. Das Gründer-Team von re.new ist somit komplett.

Ziel: Faire Gebühren für Überweisungen nach Nigeria

Für 2019 haben sich die drei ambitionierten Entrepreneure viel vorgenommen. Mitte des Jahres wollen sie eine Smartphone-App auf den Markt bringen, die Geldtransfer nach Afrika auf völlig neuartige Weise ermöglicht: Ohne Zeitverzögerung, ohne Gang zu einer Geschäftsstelle und vor allem ohne überteuerte Gebühren. „Zunächst liegt unser Fokus ausschließlich auf Überweisungen nach Nigeria. Nach erfolgreichem Auftakt wollen wir das Angebot in Zukunft dann aber sukzessive auch auf andere Staaten ausweiten“, erläutert Schulz.

Möglich werden die günstigen Gebühren durch eine intelligente und dynamische Verknüpfung verschiedener Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether oder Stellar. Schulz betont: „Blockchains ermöglichen es, transnationalen Geldtransfer sicher durchzuführen, ohne dabei auf Banken als teure Vermittlungsinstitutionen zurückgreifen zu müssen. Die Nutzer gehen dabei kein Risiko ein: Denn Kursschwankungen der Kryptowährungen spielen bei diesen Transaktionen quasi keine Rolle.“ Bisherige Schwachstellen des Zahlungsverkehrs mit Kryptowährungen will das FinTech-Startup unter anderem durch einen neuartigen Algorithmus beheben.

Komplexe Technologie – einfache Handhabung

Bisher werden Kryptowährungen vor allem von einer kleinen digitalen Avantgarde als Überweisungsmedium benutzt. Mit der einfach zu bedienenden, nutzerfreundlichen App will das Stuttgarter Startup die Technologie nun auch für einen breiteren Nutzerkreis zugänglich machen. „Der Sender gibt einen Euro-Betrag ein und der Empfänger bekommt den Betrag in der Landeswährung auf seinem Bankkonto gutgeschrieben. Das war’s. Von der komplexen Technologie im Hintergrund und der Transaktion mittels verschiedener Kryptowährungen bekommen die Nutzer der App nichts mit“, sagt Schulz.

EXIST-Gründerstipendium für innovative Geschäftsidee

Mit ihrer Vision und ihrem ausgefeilten Businessplan überzeugten die drei Gründer Ende 2018 auch beim EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das Ministerium fördert mit diesem Stipendium technologieorientierte oder wissensbasierte Gründungsvorhaben aus dem Hochschulumfeld, die signifikante Alleinstellungsmerkmale und gute wirtschaftliche Erfolgsaussichten aufweisen.

Quelle: UD/fo
 

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