Lebensmittel

Effiziente Nahrungsmittelproduktion und Lebensmittelverwertung

Die ersten spürbaren Folgen des Klimawandels machen es deutlich: Für den Weg in eine lebenswerte Zukunft ist eine gesellschaftliche und industrielle Neuorientierung nötig. Das gilt insbesondere für die Nahrungsmittelindustrie und die Landwirtschaft.

30.10.2020

Effiziente Nahrungsmittelproduktion und Lebensmittelverwertung

In diesen Branchen fallen pro europäischem Bürger jährlich rund 9 Tonnen CO2-Äquivalente an. Die Belastung und Auslaugung der Böden, die Verringerung der Artenvielfalt, der zunehmende Wasserverbrauch und die ausufernde Nahrungsmittelverschwendung kommen erschwerend hinzu. All diese Probleme werden durch Dürre, Wasserknappheit und steigende Temperaturen noch verschärft. Doch wie könnten realisierbare, nachhaltige Lösungen für die Nahrungsmittelproduktion der Zukunft aussehen?

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Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung

Die Lebensmittelverschwendung ist ein ernst zu nehmendes Problem der modernen Gesellschaft. Rund 1,3 Milliarden Tonnen – also ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel – werden jährlich in der Lebensmittelproduktion oder von den Endverbrauchern entsorgt. In Deutschland fallen jedes Jahr pro Einwohner rund 80 Kilo Lebensmittelabfälle an. Hier sind systemische Umstrukturierungen dringend gefragt: Künstliche Intelligenz könnte einen Teil zur Lösung beitragen. Die Kundennachfrage könnte mithilfe selbstlernender Algorithmen adaptiv ermittelt werden, um die Menge der tatsächlich benötigten Lebensmittel zum richtigen Zeitpunkt anzubieten. Supermarktfilialen könnten auf diese Weise ein differenziertes Sortiment bereitstellen, das der Kundennachfrage entspricht, von hoher Qualität ist und das dazu beiträgt, die Verschwendung von Lebensmitteln zu verringern.

Derweil lässt ein wachsendes gesellschaftliches Bewusstsein viele Ernährungsinitiativen entstehen. So etablieren sich beispielsweise spezielle Supermärkte, die zu vergünstigten Preisen ausschließlich Lebensmittel führen, deren Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bereits überschritten ist – schließlich ist dieses nicht als Verfallsdatum zu verstehen. Verbraucherschützer fordern daher auch eine entsprechende Umbenennung auf den Verpackungen, beispielsweise in: „Mindestens haltbar bis, aber nicht schlecht: ...“. Backwarengeschäfte bieten schon lange Gutes von gestern zum halben Preis an – dass dieses System funktioniert, zeigen nun auch Apps wie „ToGoodtoGo“. Nutzer der App können übriggebliebene Speisen von Restaurants, Kantinen, Hotels, Bäckereien und Supermärkten erwerben, die andernfalls entsorgt werden würden – weil sie bereits gekocht oder aus anderen Gründen nicht für die Weitergabe an die Tafeln geeignet sind. Internet-Plattformen wie „Foodsharing“ ermöglichen wiederum den privaten Tausch von Lebensmitteln: Wer zu viel gekocht oder gekauft hat, kann den Überschuss auf der Plattform anbieten – ausgenommen sind schnell verderbliche Lebensmittel.

Auch Retterboxen, sogenannte „Fair-Teiler“, etablieren sich zunehmend: Überschüssige Lebensmittel können nach einer Ankündigung in der App in den mobilen Stationen abgelegt und von anderen zeitnah abgeholt werden. Und schließlich gibt es noch die traditionelle Nachbarschaftshilfe: Beim „Restekochen“ werden übriggebliebene Lebensmittel zu leckeren Gerichten wie Suppen, Eintöpfen oder Bowls verarbeitet und an Familienmitglieder oder Nachbarn weitergegeben. Auch das Einkochen und andere Methoden des Haltbarmachens von Lebensmitteln erfreuen sich wieder zunehmender Beliebtheit

Tomaten stehen in Holzisten gestapelt.

Umstrukturierungen und Neuorientierungen in der Landwirtschaft

Auch landwirtschaftliche Betriebe greifen das gesellschaftliche Bedürfnis nach effizienter Lebensmittelverwertung auf. Der Direktverkauf über Hofläden oder „Abo-Boxen“ wird von den Kunden gut angenommen. Fleischverarbeitende Betriebe unterstützen zunehmend den gemeinschaftlichen Kauf eines ganzen Tieres durch mehrere Kunden – damit wird sichergestellt, dass das Schlachtvieh von der Keule bis zu den Kutteln komplett verwertet wird.

Auch innovative Projekte wie die solidarische Landwirtschaft werden vermehrt ins Leben gerufen: Wer Mitglied einer Solidarischen Landwirtschaft oder „SoLaWi“ ist, zahlt jährlich einen Betrag an den Landwirt, der auf diese Weise bereits zu Beginn des Jahres über sein Wirtschaftskapital verfügt. So wird eine transparente Kalkulation sowie Unabhängigkeit von der Marktpreislage und staatlichen Subventionen möglich, was den Umstieg auf eine ökologische und nachhaltige Flächenbewirtschaftung erleichtert. Wer in eine „SoLaWi“ investiert, erhält in Relation zum gezahlten Betrag einen Teil des landwirtschaftlichen Ertrags. So gelangen Lebensmittel nachhaltig, saisonal, frisch, effizient, transportarm und überwiegend verpackungsfrei zum Kunden.

Als zukunftsweisender Entwurf könnte sich außerdem die „smarte“ Landwirtschaft bewähren: Schließlich verursachte die landwirtschaftliche Produktion zwischen 2007 und 2016 rund zwei Drittel der weltweiten N2O-Emissionen – das Distickstoffoxid ist rund 300-mal so klimaschädlich ist wie Kohlendioxid. Die Emissionen gehen vor allem auf den Einsatz von stickstoffhaltigen Düngemitteln zurück. Mithilfe künstlicher Intelligenz, Maschinellem Lernen, GPS und Satellitensteuerung ließen sich die landwirtschaftlichen Produktionsprozesse deutlich effizienter, ressourcenschonender und nachhaltiger gestalten. Mit GPS-Schleppern lässt sich beispielsweise jede Fläche gemäß ihrer Eigenschaften bewirtschaften: Fruchtbare und ausgelaugte, sandige und feuchtere Stellen werden dank Satellitensteuerung exakt nach Bedarf gedüngt und bepflanzt – die Maschine fährt dabei autonom. Mittels Sensoren und bildgebender Verfahren ließen sich außerdem Schädlinge auf den Quadratmeter genau lokalisieren und bestimmen.

Würde es flächendeckend eingesetzt werden, könnten mit „Digital Farming“ europaweit rund zehn Prozent der Dieselkraftstoffe eingespart sowie Bodenerosion, Herbizidgebrauch und Nitratrückstände reduziert werden. Die im Laufe des Jahres gesammelten Daten lassen sich mit smarter Software analysieren und mit Blick auf die zukünftige Bewirtschaftung auswerten. Auf diese Weise könnte „Digital Farming“ langfristig zur Optimierung der Nahrungsmittelindustrie beitragen.

Quelle: UD/cp
 

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