Geldanlage

SRI als Königsweg?

Die aktuelle Zeit ist durchaus post-demokratisch zu nennen. Einer Minderheit innerhalb der Finanzindustrie ist es erlaubt, der Gesellschaft und dem Sozialstaat finanziellen Schaden zuzufügen. Insbesondere die Gruppe der Nachfrager stattet den Finanzsektor und deren gegenwärtig angewandte Methoden durch ihr Kaufverhalten - im aktuell starken Widerspruch zum gesellschaftlichen Streben nach mehr Nachhaltigkeit - mit einer „Licence to operate“ aus. Wir stehen jedoch vor einem neuen Paradigma. Experten sehen im Performancebegriff der Zukunft einen, der neben der Berücksichtigung harter finanzieller Aspekte weitere Aspekte nicht-finanzieller Natur berücksichtigt. So zum Beispiel Joachim H. Böttcher. Seine Beratungsfirma Dr. Böttcher Consulting scoutet für institutionelle Investoren, vor allem Kirchen, Stiftungen und Versicherungen gezielt nach geeigneten Anlagemöglichkeiten.

19.11.2012

Foto: Marion Lenzen
Foto: Marion Lenzen
Bei diesen Methoden der nachhaltigen Geldanlage finden neben ökonomischen Kriterien sogenannte ESG-Faktoren Anwendung, Kriterien guter Unternehmensführung und mindestens neutrale bis positive soziale und ökologische Kriterien. Mit dem Buch „SRI - a Win-win Path for Germany?“ versucht Böttcher, die Konzepte und Methoden von SRI zu demystifizieren und deren gegenwärtigen ökonomischen Einfluss in Deutschland zu untersuchen. Geboten werden auf akademisch fundiertem Niveau Hintergründe über die historischen Wurzeln von SRI, das Dilemma der Definitionsansätze, Methoden und Research-Ansätze. Daneben erfolgt eine Klassifizierung institutioneller und privater SRI Anleger und deren Motive. Das Buch beantwortet zwei Fragen: Inwieweit sind SRI in Deutschland aktuell überhaupt von ökonomischer Relevanz? Und welchen potenziellen Einfluss könnten SRI auf Ökologie, Gesellschaft, Corporate Governance und Ökonomie in Zukunft haben?

Als treibende Kräfte kristallisierten sich die Diskussionen um die Investmentperformance, die Orientierung am SRI Business-Case, die Vermeidung von Risiken und die Förderung ökologischer, sozialer Kriterien und solcher guter Unternehmensführung heraus. Ein Überblick über Barrieren, denen das Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage gegenwärtig hierzulande ausgesetzt ist, rundet das Bild ab.

Es existiert erstens ein Performance-Typ des SRI-Investors. Die Integration von Nachhaltigkeitskriterien dient hierbei als potenzieller Werttreiber zur Erzeugung von Outperformance gegenüber dem Markt. Entsprechend erfolgt ein Exposure auf ESG Mikro- und Makro-Trends. Dieser Diskussion rund um die Investmentperformance erwächst als Barriere, dass SRI entgegen der Ergebnisse zahlreicher renommierter Studien immer noch in der Kritik stehen, im Vergleich zu konventionellen Formen der Geldanlage Performance schädigende Auswirkungen zu haben bzw. höhere Kosten zu verursachen.

Zweitens existiert ein Risiko-Typ des SRI-Investors, der auf die Vermeidung von Risiken abzielt. Dies gilt insbesondere für Kirchen, kirchennahe Investorengruppen und Stiftungen. Hier ergeben sich potenziell aus nicht-nachhaltigem Verhalten der Zielfirmen bzw. auch aus dem Anlageverhalten des Investors mitunter erhebliche Reputationsrisiken. Der kontrovers verlaufenden Diskussion über Risiko im Zusammenhang mit SRI erwächst als Barriere, dass von Befürwortern Effekte der Risikoreduktion, von Skeptikern aufgrund einer Einschränkung des Investment-Universums indes potenzielle Effekte der Risikosteigerung erwartet werden.

Als dritte Gruppe existiert der vom SRI Business Case angetriebene Investor. Die gegenwärtige bzw. beabsichtigte Berücksichtigung von ESG-Kriterien und Strategien von Firmen wird als dynamische Fähigkeit und zukunftsrelevante Kompetenz verstanden. Leider fehlt es in der Finanzindustrie immer noch an relevantem Know-how in Sachen Nachhaltigkeit. Der Fokus liege weiterhin auf finanziellen Investorenzielen. Diese ließen sich ebenso gut und mit weniger Lern- und zeitlichem Beratungsaufwand mit konventionellen Formen der Geldanlage erreichen. Dadurch werde der Zugang zum Kunden nahezu völlig blockiert.

Ferner existiert viertens ein von Pioniergeist angetriebener SRI-Investor, der sich bei seiner Investitionsentscheidung auf innovative Firmen und Start-ups vor allem im Bereich ökologischer Technologien fokussiert. Barriere hier ist, dass der Fokus auf KMUs institutionellen Investoren teils aufsichtsrechtlich teils aufgrund interner Anlagerichtlinien den Zugang zur Asset-Klasse verwehrt.

Schließlich sorgt fünftens die aktuelle Interpretation rechtlicher Vorgaben und die Auslegung treuhänderischer Verpflichtungen für den Verbleib von SRI in der Nische.

Dennoch sind wir davon überzeugt: SRI könnten, unterstützt von der öffentlichen CSR-Debatte, die gegenwärtigen Paradigmen der Geldanlage ablösen. Ihrer Verantwortung als Corporate Citizen bewusste institutionelle Investoren und Privatanleger werden in Zukunft neben einem akzeptablen finanziellen Ertrag eine akzeptierte ESG Zusatzperformance aufweisen müssen. Die traditionellen Durchführungswege der Finanzindustrie bei der Anlage von Geldern werden sich wahrscheinlich verändern. Künftig werden höchst verschiedene individuelle ethisch-moralische und schwach bis stark nachhaltige Konzepte von Zielgruppen gesucht. Sobald der Finanzsektor damit beginne, den SRI Business Case zu akzeptieren, als dessen Advokat aufzutreten und schließlich in dessen Sinne zu agieren, könnten ESG Kriterien getriebene Investment-methoden zum bevorzugten Durchführungsweg der Geldanlage werden - und somit noch mehr ökonomische Relevanz erlangen.


„SRI - a Win-win Path for Germany?“
Tectum Verlag
ISBN 978-3-8288-3040-0
358 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, 44,90 EUR / 49,50 Sfr.

Quelle: UD / pm
 
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