Plastik & Müll

Mit KI Müll vermeiden

Kann man mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) die Müllberge reduzieren? Das Start-up „WasteAnt“ will so die Abfallwirtschaft modernisieren.

25.05.2022

Mit KI Müll vermeiden

Robust und verlässlich müssen die Systeme sein, mit allerlei Widrigkeiten fertig werden wie mit schlechter Sicht. „Zwischen der Unterwasserrobotik und den Anforderungen der Abfallwirtschaft gibt es viele Gemeinsamkeiten“, meint Dr. Szymon Krupinski. Nicht länger für die Erforschung der Tiefsee, sondern für die Steigerung der Recyclingquote setzen Krupinski, Arturo Gomez Chavez und Dr. Christian Müller ihre Expertise ein. Die Wissenschaftler, die eine gemeinsame Geschichte an der Bremer Jacobs University verbindet, wollen mit ihrem Start-up „WasteAnt“ die Abfallwirtschaft modernisieren und zur Müllvermeidung beitragen.

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Durchschnittlich 476 Kilogramm Haushaltsabfälle produzierte jede Person im Jahr 2020 in Deutschland. Sie werden verbrannt, recycelt oder deponiert. Was genau in den Verbrennungs-und Sortieranlagen ankommt, die Qualität und Zusammensetzung des Abfalls, ist in der Regel vorab nicht bekannt. Biomüll landet im Verpackungsabfall, Elektroschrott im Restmüll. Die Fehlstoffe müssen aufwändig aussortiert werden, in Müllverwertungsanlagen führen sie nicht selten zu teuren Beschädigungen und Stillstand.

Lediglich stichprobenhaft wird die Qualität des Abfalls überprüft. In der Regel geschieht dies manuell, die Daten werden noch auf Papier festgehalten. WasteAnt (zu deutsch: Abfallameise) automatisiert und digitalisiert diesen Prozess. „Unser System erfasst und bewertet die Abfallqualität. Wir überprüfen den Abfallstrom auf Störstoffe und bringen so mehr Transparenz in das System und erhöhen die Recyclingquote“, sagt Christian Müller. Möglich wird dies durch ein ausgeklügeltes System an Sensoren, Kameras und künstlicher Intelligenz, also einer selbst lernenden Software. „Wir sehen eine Anlage wie einen Roboter: Die Sensoren sind die Augen, die Software das Gehirn.“

Zusammengefunden hat das Team an der Jacobs University Bremen. Dort hat WasteAnt auch seinen Sitz. Sie konzentrierten ihre Forschung und Studien auf die Bereiche Robotik und Ingenieurwesen. Christan Müller promovierte an der Jacobs University in Smart Systems, Arturo Gomez Chavez steht kurz vor Abschluss seiner Promotion in Cognitive Systems and Processes an der Jacobs University. Und Szymon Krupinski hatte 2005 an der Jacobs University seinen Abschluss in Elektro-Engineering und Computerwissenschaft gemacht. Zehn Jahre später kehrte er als Wissenschaftler und Hochschullehrer zurück, weil ihn die Forschung reizte. 

Die drei verband ihr Interesse an Unterwasserrobotik sowie an ökologischen Fragen, und sie wollten etwas Eigenes auf die Beine stellen. „Wir haben uns gefragt: Wo können wir unser Wissen in Robotik und Automatisierung nachhaltig anwenden mit einer positiven Wirkung für die Gesellschaft?“, erinnert sich Krupinski. „Wir sind sehr schnell auf die Abfallindustrie gekommen, weil in ihr künstliche Intelligenz noch kaum eine Rolle spielt“, ergänzt Gomez Chavez.

2019 schaffte das Trio es ins Finale der Startup Competition der Jacobs University. Wenig später gewannen sie den „Bremen Project Pitch“ des regionalen Ver- und Entsorgers swb in der Kategorie „Recycling“. Im vergangenen Jahr kam der Durchbruch: Seit Juni 2021 wird WasteAnt mit dem EXIST-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima gefördert, das Existenzgründungen mit einem wissenschaftlichen Hintergrund unterstützt.

Bei swb läuft seit geraumer Zeit ihr Prototyp. Um diesen installieren zu können, gehörten gelegentliche Besuche im Müllbunker der Müllverbrennungsanlage dazu. Geschützt mit Overall und Gesichtsmaske galt es Daten zu generieren aus denen die KI lernen kann. Inzwischen konnten sie ihr System bei zwei weiteren Kunden testen. „Wir bekommen sehr viel positives Feedback“, meint Krupinski.

Im November vergangen Jahres gründeten das Trio die WasteAnt GmbH, mittlerweile konzentrieren sie sich nahezu Vollzeit auf ihr Start-up. Mit Maximilian Storp ist ein Experte für die Geschäfts- und Strategieentwicklung zum Team hinzugekommen, weitere Teammitglieder sollen folgen. Derzeit verhandeln sie mit Finanzinvestoren und neuen Kunden. „Ende des Jahres wollen wir ein standardisiertes Produkt anbieten und verkaufen“, sagt Gomez Chavez. Aber es geht ihnen nicht nur um Wachstum. So denken sie auch darüber nach, regionale Abfälle auf einer Karte zu visualisieren, damit Entsorger Vorhersagen treffen, besser planen und mehr recyceln können. 

Wie sich ihr Verhältnis zum Müll seit der Gründung von WastAnt geändert hat? „Auf der persönlichen Ebene wird man sensibler im Umgang mit den eigenen Abfällen“, meint Christian Müller. „Und je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigt haben, desto mehr wurde uns bewusst: Abfälle sind eine wichtige Ressource.“

Quelle: UD/fo
 

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