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Nachhaltigkeit an der ESCP Berlin

Soziale und ökologische Verantwortung wird nicht nur für Unternehmen und Verbraucher immer wichtiger. Auch an Hochschulen bekommt das Thema Nachhaltigkeit zunehmende Aufmerksamkeit. Wie das bei der ESCP Business School in Berlin aussieht, erklärt ihr Rektor Prof. Dr. Andreas Kaplan.

20.02.2020

Nachhaltigkeit an der ESCP Berlin

Von Julia Pohlers, ESCP Business School Berlin

Julia Pohlers: Was fällt Ihnen ad hoc ein, zum Thema Nachhaltigkeit an der ESCP Berlin? 

Prof. Dr. Andreas Kaplan: Als erstes denke ich an unsere beiden Masterprogramme, den MSc in Sustainability Entrepreneurship & Innovation sowie den MSc in International Sustainability Management. Zweiter wichtiger Punkt ist, dass Nachhaltigkeit neben Digitalisierung und Entrepreneurship eine der drei „key academic areas“ an der ESCP Berlin ist. Des Weiteren veranstalten wir jährlich die „Conference for Sustainable Innovation“ im Allianzforum in unmittelbarer Nähe zum Brandenburger Tor. Während der dreitägigen Konferenz diskutieren Experten, Unternehmen, unsere Studierenden und zivilgesellschaftliche Akteure Lösungen und Ideen für neue Geschäftsmodelle, immer in Bezug zu den SDGs, den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. 

An der ESCP Berlin haben wir seit September 2019 die Initiative „Green Office“ gestartet. Ziel ist, Nachhaltigkeit am Campus auf verschiedenen Ebenen zu integrieren. An dieser Initiative sind vor allem auch Studierende beteiligt. Eine konkrete Green Office-Maßnahme ist beispielsweise, dass wir für Veranstaltungen weitestgehend nur noch Produkte kaufen, die nachhaltig produziert wurden.

Prof. Dr. Andreas Kaplan, Rektor der ESCP Berlin
Prof. Dr. Andreas Kaplan, Rektor der ESCP Berlin

Gibt es für 2020 schon Ideen, die die ESCP Berlin an nachhaltigen Projekten oder Maßnahmen umsetzen möchte? Wenn ja, welche? 

Kaplan: Ja, die gibt es. Zum Beispiel wird es im Master in Management Programm, das letztes Jahr insgesamt 900 Studierende umfasste, einen obligatorischen Kurs bzw. Seminar zum Thema „Sustainable Management“ geben. Dies ist ein Pflichtkurs im Spezialisierungsbereich des Masters in Management. Bisher war dieser Kurs ein Wahlfach, das haben wir geändert. Außerdem schreiben wir an der ESCP Berlin eine weitere Professur für den Bereich Nachhaltigkeit aus. Damit würde dieser Bereich über zehn Prozent der Fakultät des Berliner Campus‘ ausmachen. 

Eine weitere Maßnahme ist die Kooperation mit HOCH-N, ein Projekt welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufen wurde. Momentan arbeiten wir eng mit dem Verbundprojekt zusammen, um einen Nachhaltigkeitsbericht für die ESCP Berlin zu erstellen. Nächster Schritt wäre dann, sich mit anderen Hochschulen zu vernetzen und auszutauschen, die durch HOCH-N ebenfalls evaluiert wurden.

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Thema Bildung für Nachhaltigkeit: Was denken Sie sind Milestones, damit zukünftige Unternehmer und Manager nachhaltiger wirtschaften als die Generationen vor ihnen? Wie kann die ESCP dafür einen Beitrag leisten? 

Kaplan: Nachhaltigkeit ist mittlerweile etwas, was die Studierenden selbst stark einfordern. Oft möchten sie beispielsweise ein Praktikum bei einem nachhaltigen Unternehmen absolvieren. Generell gibt es heute ein viel größeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit als zum Beispiel vor 20 Jahren, als ich studiert habe. Damals hätten nur sehr wenige die Frage gestellt, ob ein Produktionsprozess nachhaltig gestaltet ist oder nicht. 

Heute streben besonders die Studierenden aus den beiden Sustainability-Programmen einen Job im Bereich Nachhaltigkeit an. Das ist jedoch nicht so einfach, da entsprechende Jobs in den Unternehmen gerade erst entstehen. Deswegen versuchen wir den Studierenden zu erklären, dass sie ihr Wissen im Bereich Nachhaltigkeit auch in anderen Positionen einbringen können, zum Beispiel eine erstrangige Stelle im Bereich Marketing und Finanzen. Vielleicht können sie hier sogar mehr bewegen, als in einer Position, die ausschließlich auf das Thema Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.

Gleichzeitig versuchen wir Studierenden aus anderen Studiengängen zu verdeutlichen, dass ein „klassischer“ Karriereweg im Investmentbanking oder im Consulting nicht immer das Non plus Ultra sein muss und auch andere Karrierepfade, wie im Nachhaltigkeitsbereich, durchaus attraktiv und erfüllend sein können. Was wir unseren Studierenden vermitteln ist, dass Unternehmen gewinnorientiert aber zugleich nachhaltig wirtschaften sollten und dies auch möglich ist. Meiner Meinung nach ist das ein sinnvoller und zukunftsträchtiger Ansatz, den es zu vermitteln gilt.

In einer Aula lauschen Studenten dem Dozenten.

Thema Forschung: Sehen Sie bestimmte Themenbereiche von Nachhaltigkeit, die Ihres Erachtens noch mehr in die Forschungspraxis der ESCP Berlin (z.B. durch Drittmittel oder über Doktorarbeiten) integriert werden sollten? 

Kaplan: Ja, da gibt es unterschiedliche Thematiken. Zum einen gibt es noch nicht so viel zu den Zusammenhängen zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Da beides zu unseren „key academic areas“ gehört, ist dies natürlich wichtig. Zum anderen wäre es gerade für eine europäische Hochschule interessant mehr auf die kulturell bedingten Unterschiede zu schauen, aufgrund derer nachhaltige Projekte vergleichsweise gut oder schlecht umgesetzt werden. Beispielsweise funktioniert in Deutschland das Pfandsystem ausgezeichnet. In Frankreich wäre das meiner Meinung nach eher undenkbar. Hier müssten Anreize geschaffen werden, damit das System funktioniert. 

Ein weiterer Punkt sind Dienstreisen mit dem Flugzeug. Skype oder ähnliches könnte noch mehr genutzt werden. Auch bei Reisen zu wissenschaftlichen Konferenzen, die oft in den USA stattfinden, sollte umgedacht werden. Was die neue Professur angeht, so bin ich sehr gespannt, welche Forschungsbereiche zukünftig abgedeckt werden.

Der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU) hat gerade ein Gutachten herausgebracht zum Thema „unsere gemeinsame digitale Zukunft“. Darin befasst sich der Beirat mit Zusammenhängen zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Zusammenhänge? 

Kaplan: In diesem Zusammenhang finde ich Aspekte sozialer Nachhaltigkeit besonders wichtig. Mit der Digitalisierung gehen sozio-ökonomische Veränderungen einher. Viele Menschen werden ihren Beruf aufgrund von Automatisierung und dem Fortschritt in der KI nicht mehr ausüben können. Alternativen müssen geschaffen werden. Wir müssen alle auf die Reise mitnehmen und uns Gedanken machen, wie ein Arbeitsmarkt entstehen kann, der allen Menschen nachhaltig eine berufliche Perspektive bietet.

Einen weiteren Zusammenhang sehe ich besonders beim Thema Energieverbrauch, also einen Aspekt ökologischer Nachhaltigkeit. Hier gibt es Vor- aber auch Nachteile der Digitalisierung. Mit Digitalisierung und dem Einsatz Künstlicher Intelligenz steigt der Stromverbrauch, da hierfür große Server benötigt werden. An dieser Stelle könnte es noch mehr Überlegungen geben, wie diesem Problem Rechnung getragen werden kann. Andere Entwicklungen wirken sich jedoch deutlich positiv aus: Zum Beispiel kann ein digitales Heizsystem energieeffizienter sein und trägt somit zu einem nachhaltigeren Energieverbrauch bei.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UD
 

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